Rz. 27

Das Gericht muss von Amts wegen über den Versorgungsausgleich entscheiden.

 

Praxistipp:

Die Folgesache Versorgungsausgleich wird daher bei der Einleitung des Scheidungsverfahrens automatisch mit eingeleitet, ohne dass es eines Antrags bedarf.[19]

Für den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs trotz kurzer Ehe nach § 3 Abs. 3 VersAusglG gilt die Frist des § 3 Abs. 3 VersAusglG nicht.[20] Dieser Antrag unterliegt auch nicht dem Anwaltszwang.[21]

 

Rz. 28

Das Gericht setzt die Ehezeit mit und teilt diese den Beteiligten mit.

Ehezeit ist nach § 3 Abs. 1 VersAusglG der Zeitraum

vom ersten Tag des Monates, in dem die Ehe geschlossen worden ist bis zum
letzten Tag des Monates, der der Zustellung des Scheidungsantrages vorausgeht.

Auch ein längeres Ruhen des Scheidungsverfahrens berührt den Stichtag für den Versorgungsausgleich nicht.[22]

 

Rz. 29

Das Verfahren zum Versorgungsausgleich ist von Amts wegen durchzuführen (Amtsermittlungsgrundsatz). Dennoch muss beim Versorgungsausgleich nicht nur das Gericht, sondern auch der Verfahrensbevollmächtige des Ehegatten die Übersicht behalten:

welche Unterlagen der betreffende Ehegatte einreichen muss,
welche Unterlagen bereits eingegangen sind,
welche Anrechte bei welchen Versorgungsträgern bestehen,
welche Auskünfte angefordert worden sind,
welche Auskünfte bereits eingegangen sind,
welche Beträge an Anrechten sich daraus ergeben,
wie diese auszugleichen sind und
ob ggf. eine Vereinbarung getroffen werden soll.
 

Rz. 30

 

Praxistipp:

Die möglichen gerichtlichen Entscheidungen im Versorgungsausgleich werden in der Lebenslage "Zustellung des Scheidungsbeschlusses" dargestellt; siehe § 13 Rdn 1 ff.

Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch Vereinbarung der Eheleute siehe Rdn 54.

I. Auskunftspflichten

 

Rz. 31

§ 220 FamFG normiert die verfahrensrechtlichen Auskunftspflichten. Das Familiengericht kann danach über Grund und Höhe der auszugleichenden Anrechte Auskünfte anfordern, und zwar

von den beteiligten Ehepartnern,
von den Versorgungsträgern und
von sonstigen Stellen, die Auskünfte geben können.
 

Rz. 32

 

Praxistipp:

Die Auskunftspflicht besteht auch für den Ehegatten, der sich dem Scheidungsantrag widersetzt.

 

Rz. 33

BGH v. 30.9.2020 – XII ZB 438/18[23]

Zitat

1. Nach § 220 Abs. 1 FamFG kann das Gericht über Grund und Höhe der Versorgungsanrechte Auskünfte von den Ehegatten einholen.

2. Diese Auskunftspflicht knüpft allein an die Einleitung des Versorgungsausgleichsverfahrens an und besteht deshalb grundsätzlich auch dann, wenn zwischen den Beteiligten streitig ist, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Ehescheidung vorliegen und der im Verbund gestellte Scheidungsantrag deshalb Aussicht auf Erfolg hat.

3. Bereits aus der amtlichen Überschrift des § 220 FamFG ("verfahrensrechtliche Auskunftspflicht") ergibt sich eindeutig, dass die Auskunftspflicht von Ehegatten, Hinterbliebenen, Versorgungsträgern oder sonstigen Stellen grundsätzlich schon durch die Existenz eines Verfahrens über den Versorgungsausgleich ausgelöst werden soll.

4. Auch dem Wortlaut des § 220 FamFG lassen sich insoweit keine einschränkenden Voraussetzungen entnehmen.

 

Rz. 34

 

Praxistipp:

Das Gericht setzt den Beteiligten eine Auflage, das Formular V10 (Fragenbogen) auszufüllen und binnen einer Frist zurückzuschicken. Ohne zurückgereichten Fragebogen kann das Gericht das Verfahren nicht weiter betreiben!
Der Fragebogen wird üblicherweise auch den Verfahrensgegner zur Kontrolle geschickt.
Sind die benötigten Unterlagen vollständig eingegangen, können die Auskunftsersuchen an die Versorgungsträger verschickt werden.
Informieren Sie Ihren Mandanten daher gleich zu Beginn des Verfahrens, dass es Rückfragen des Versorgungsträgers geben kann, die er umgehen beantworten soll! Andernfalls gerät das ganze Verfahren ist Stocken!
[23] BGH FamRZ 2021, 100.

II. Vorzulegende Unterlagen

 

Rz. 35

Das Familiengericht benötigt von beiden Eheleuten umfassende Informationen über die während der Ehe erworbenen Anrechte Altersversorgung. Diese Informationen müssen auf bestimmten Formularen erteilt werden, die ggf. in einer entsprechenden Auflage des Familiengerichts im Einzelnen bezeichnet werden:

1. Formular V10

 

Rz. 36

Hierbei handelt es sich um einen Fragebogen, in den jeder Ehepartner detailliert seine Versorgungsanrechte mit Versicherungsnummer und Träger der Versorgung einzutragen hat. Der Formularbogen muss unterschrieben und – ggf. über den bevollmächtigten Anwalt – beim Familiengericht eingereicht werden.

 

Rz. 37

 

Achtung!

Es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass alle Anrechte ins Formular eingetragen werden.

2. Kontenklärungsantrag bei Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung

 

Rz. 38

Der Kontenklärungsantrag ist ein Antrag an den zuständigen Versorgungsträger, das Rentenkonto des Ehegatten zu klären und praktisch fiktiv einen Rentenbescheid zu erstellen, in dem die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften b...

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