Rz. 131

Die Einzahlung auf ein gemeinsames Konto von Eheleuten kann als Schenkung oder auch als Vermögensübertragung als Ausfluss der ehelichen Lebensgemeinschaft zu werten sein und als freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Schenkungsteuer auslösen.[134]

 

Rz. 132

Bei einem gemeinsamen Konto sind Ehegatten grundsätzlich Gesamtgläubiger nach § 428 BGB mit der Folge, dass sie nach § 430 BGB im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Während noch bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft (sog. "intakte Ehe") der Kontoinhaber scheidet in der Regel eine Ausgleichspflicht aus, weil sich aus ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarungen, Zweck und Handhabung des Kontos oder Vorschriften über die eheliche Lebensgemeinschaft ergibt, dass i.S.v. § 430 BGB "ein anderes bestimmt ist".[135] Eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 430 BGB kann jedoch naheliegen, wenn feststeht, dass deutlich unterschiedlich hohe Summen von den einzelnen Kontoberechtigten stammen.

 

Rz. 133

Fehlen schriftliche oder mündliche Vereinbarungen der Eheleute über das Innenverhältnis, ist dieses vornehmlich aus dem Verhalten der Eheleute zu erschließen. Maßgeblich ist, wie die Eheleute das gemeinsame Konto tatsächlich handhabten, und hier insbesondere, wie sie die Mittel verwendet haben, die sie nicht für die laufende Lebensführung benötigt hatten.[136] Konnte bzw. kann auch derjenige Ehegatte, der keine Einzahlungen auf das Oder-Konto geleistet hat, auf die von dem anderen Ehegatten geleisteten Mittel zur Bildung eigenen Vermögens zugreifen, kann dies dafür sprechen, dass es bei der gesetzlichen Ausgleichsregel des § 430 BGB bleiben sollte, und jeder Ehegatte über den danach auf ihn entfallenden Teil des Kontoguthabens tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann.

 

Rz. 134

Je häufiger der nicht einzahlende Ehegatte auf das Guthaben des Oder-Kontos zugreift, um eigenes Vermögen zu schaffen, umso stärker spricht sein Verhalten dafür, dass er wie der einzahlende Ehegatte zu gleichen Teilen Berechtigter ist. Verwendet der nicht einzahlende Ehegatte dagegen nur im Einzelfall einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens, kann das darauf hindeuten, dass sich die Zuwendung des einzahlenden Ehegatten an den anderen Ehegatten auf diesen Betrag beschränkt und nicht einen hälftigen Anteil am gesamten Guthaben auf dem Oder-Konto betrifft. Die Verwendung von Erträgen, die aus dem Guthaben auf dem Oder-Konto erzielt werden, ist für sich allein genommen jedoch kein Indiz für die Berechtigung des nicht einzahlenden Ehegatten an dem Kapital. Für die Entscheidung der Frage, ob der nicht einzahlende Ehegatte über den auf ihn entfallenden Anteil an dem Guthaben auf dem Oder-Konto im Innenverhältnis zu dem anderen Ehegatten frei verfügen kann, ist letztlich die Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles maßgebend.

 

Rz. 135

Lässt sich trotz Mitwirkung des zur Schenkungsteuer herangezogenen Ehegatten nicht aufklären, ob ein von der Auslegungsregel des § 430 BGB abweichendes Innenverhältnis zwischen den Eheleuten in Bezug auf ein Gemeinschaftskonto vorliegt, weil die Eheleute hierzu weder eine schriftliche noch eine mündliche Vereinbarung getroffen haben, und sich aus der Handhabung des Kontos entweder keine oder sowohl Anhaltspunkte für als auch gegen eine Alleinberechtigung eines Ehegatten ergeben, sind die Grundsätze zur Feststellungslast anzuwenden.

 

Rz. 136

Resultiert das Guthaben auf einem gemeinsamen Konto aus einer Steuererstattung, können die Grundsätze über die Aufteilung eines Steuerguthabens zwischen gemeinsam veranlagten Ehegatten zu einer abweichenden Bestimmung führen. Fliesst eine Steuererstattung auf ein Oder-Konto, und bestehen Anhaltspunkte für erheblich differierende Steuerzahlungen der Ehegatten, ist die Vermutung der hälftigen Berechtigung der Kontoinhaber so stark erschüttert, dass ein Steuererstattungsguthaben im Innenverhältnis nicht hälftig sondern grundsätzlich unter entsprechender Heranziehung des § 270 AO auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagung aufzuteilen ist. Der Ehegatte, der hälftigen Ausgleich geltend macht, hat dann zumindest ansatzweise vorzutragen, wie die Verteilung im Innenverhältnis nach Maßgabe fiktiver getrennter Veranlagung zu erfolgen hätte, da hinsichtlich von Steuererstattungsansprüchen keine Gesamtgläubigerschaft gemeinsam veranlagter Ehegatten besteht.[137]

 

Rz. 137

Wird die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto der Eheleute als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten der Schenkungsteuer unterworfen, trägt das Finanzamt die Feststellungslast für diejenigen Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlich sind, also auch dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zu dem einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann und damit durch die Zuwendung des hälftigen Guthabens bereichert ist, sowie dass die Zuwendu...

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