Rz. 37

Vermögen kann auch im Wege der sog. "Güterstandsschaukel" übertragen werden: Der bestehende Güterstand wird aufgehoben, und es wird ein anderer Güterstand errichtet. Etwa im Güterstand der Gütertrennung lebende Eheleute können – auch mit erbschaft- bzw. schenkungsteuerlicher Wirkung – rückwirkend auf den Tag der Eheschließung Zugewinngemeinschaft vereinbaren.[36] Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen hat diese Rechtsprechung mit Erlass v. 25.9.2006[37] bestätigt; dem ist auch das Finanzministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 7.12.2006[38] gefolgt: Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder soll R 12 Abs. 2 S. 3 ErbStR in gleichgelagerten Fällen insoweit nicht mehr angewandt werden.[39] Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO kann darin nicht gesehen werden, nachdem das Gesetz den Ehegatten bewusst den Übergang von einem Güterstand zum anderen und die Rückkehr zur Zugewinngemeinschaft ermöglicht hat.[40]

 

Rz. 38

Offen ist, ob eine sog. "umgekehrte" Güterstandsschaukel (rückwirkende Vereinbarung des gesetzlichen Güterstandes für die Vergangenheit und Vereinbarung der anschließenden Gütertrennung mit Gewährung des entsprechenden Zugewinnausgleichs) sowie die "doppelte" Güterstandsschaukel (rückwirkende Vereinbarung des gesetzlichen Güterstandes für die Vergangenheit und Vereinbarung der anschließenden Gütertrennung mit Gewährung des entsprechenden Zugewinnausgleichs und anschließende erneute Vereinbarung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft) als Missbrauch von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) anzusehen sind.[41]

 

Rz. 39

 

Beispiel

Eheleute M und F wollen nach 20-jähriger Ehe den Zugewinn bereits während bestehender Ehe ausgleichen. Sie heben daher den gesetzlichen Güterstand auf und gleichen den errechneten Zugewinn durch Zahlung von 2 Mio. EUR von M an F aus. Etwa ein Jahr später vereinbaren sie erneut den Güterstand der Zugewinngemeinschaft und bestimmen für den Zeitpunkt des beiderseitigen Anfangsvermögens den Tag der vorangegangenen Beendigung des gesetzlichen Güterstandes.

Die Zahlung von M an F erfolgte mit Rechtsgrund (mit der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes ist der Zugewinnausgleichsanspruchs der F entstanden) und damit objektiv nicht unentgeltlich. Die erneute Vereinbarung des gesetzlichen Güterstandes löst ebenfalls keine Schenkungsteuer aus, auch wenn und soweit die Ehegatten vom gesetzlichen Ausgleichsmodell abweichende Vereinbarungen für die zukünftige Ermittlung des Zugewinns (Einbeziehung eines Zeitraums vor der Vereinbarung des gesetzlichen Güterstandes) treffen.

 

Rz. 40

Zitat

Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 7.12.2006 – 3-S 3804/7

Bezug: Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 14. Juni 2006, 4 K 7107/02 Erb (EFG 2006 S. 1447)

In dem dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 14.6.2006 zugrunde liegenden Fall hatten die Ehegatten rückwirkend zum Beginn der Ehe die Änderung des Güterstandes von der Gütertrennung zur Zugewinngemeinschaft vereinbart. Die Ehefrau machte nach dem Tod des Erblassers gegenüber dessen Erben den güterrechtlichen Zugewinnausgleich geltend. Das Finanzamt sah in der nach § 1378 Abs. 3 BGB von Gesetzes wegen entstehenden Ausgleichsforderung insoweit eine Schenkung auf den Todesfall i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG, als diese auf den Zeitraum zwischen Beginn der Ehe und dem Zeitpunkt der Vereinbarung über die Änderung des Güterstandes entfällt.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass keine Schenkung auf den Todesfall vorliege, da die zivilrechtlich zulässige rückwirkende Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft auch erbschaft-steuerlich anzuerkennen sei. Entgegen R 12 Abs. 2 S. 3 ErbStR handele es sich beim güterrechtlichen Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 2 BGB, sofern dem überlebenden Ehegatten die Ausgleichsforderung durch die rückwirkende Vereinbarung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft auf den Zeitpunkt des Beginns der Ehe verschafft wurde, nicht um eine steuerpflichtige erhöhte güterrechtliche Ausgleichsforderung.

In der Urteilsbegründung verweist das Finanzgericht insbesondere auf das Urteil des BFH vom 12.7.2005 (BStBl 2005 II 843). Der BFH hat mit dieser Entscheidung die Berücksichtigung der bürgerlich-rechtlichen Gestaltungsfreiheit beim ehelichen Güterrecht im Erbschaftsteuerrecht anerkannt. Nach Ansicht des BFH ist die Grenze der Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn einem Ehepartner außerhalb der zivilrechtlichen Vorschriften eine überhöhte Ausgleichsforderung verschafft wird, die über den Rahmen einer güterrechtlichen Vereinbarung hinausgeht. Das Finanzgericht sah in der rückwirkenden Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft zum Beginn der Ehe keine Überschreitung dieser Grenze.

Das Finanzamt hat gegen das Urteil keine Revision eingelegt. Das Urteil des Finanzgerichts ist vor dem Hintergrund des BFH-Urteils vom 12.7.2005 zutreffend. Die Grundsätze der Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf sind daher abweichend von R 12 Abs. 2 S. 3 ErbStR im Einvernehmen mit den ob...

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