Rz. 27

 

Hinweis

Zur gesetzlichen Unfallversicherung und den entsprechenden Tatbeständen im Regress siehe oben § 3 Rdn 2 ff. Die Ausführungen an dieser Stelle beschäftigen sich ausschließlich mit dem Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

Rz. 28

Bei Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es keinen Heil- und Hilfsmittelkatalog wie im Rahmen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung. Vielmehr ist es Aufgabe der Unfallversicherung, nach Maßgabe der Vorschriften des SGB VII nach Eintritt von Unfällen die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit des Verletzten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen. Dabei ist das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten (§ 1 Nr. 2 SGB VII). Das heißt, dass die gesetzliche Unfallversicherung weite Teile des materiellen Schadens abdeckt.

 

Praxistipp

Handelt es sich bei einem Unfall des Mandanten (zu den Voraussetzungen siehe oben § 3 Rdn 2) möglicherweise um einen Arbeits- oder Wegeunfall, sollte unbedingt die gesetzliche Unfallversicherung informiert und geklärt werden, ob ein solcher Unfall vorliegt.

 

Rz. 29

Ist die gesetzliche Unfallversicherung eintrittspflichtig, verläuft die Regulierung in völlig anderen Bahnen als bei gesetzlich oder privat Krankenversicherten. Die gesetzliche Unfallversicherung ist zu einer Vielzahl von anderen Leistungen verpflichtet. Sie übernimmt zunächst die komplette Heilbehandlung. Es wird kein Kranken-, sondern Verletztengeld (in gleicher Höhe wie Krankengeld) bezahlt. In der Praxis ist es wichtig zu wissen, dass das Verletztengeld von der zuständigen Krankenversicherung im Auftrag der gesetzlichen Unfallversicherung ausbezahlt wird.

 

Praxistipp

Wenn Sie Ihren Mandanten nach dem Verletztengeld fragen, fragen Sie nach einem Bescheid der Krankenversicherung. Die Krankenversicherungen erstellen die Bescheide über das Verletztengeld und am Ende wird die Höhe des Verletztengeldes bescheinigt durch die Krankenversicherung.

 

Rz. 30

Darüber hinaus ist die gesetzliche Unfallversicherung an keinen Leistungskatalog gebunden. Es ist zu berücksichtigen, dass es sowohl für die Ausstattung mit Kraftfahrzeugen als auch für geeigneten Wohnraum etc. entsprechende Verordnungen gibt.

 

Praxistipp

Benötigt der Mandant Versorgung mit einem Kraftfahrzeug oder mit behindertengerechtem Wohnraum, ist hier auf die Kfz-Hilfeverordnung oder die Wohnungshilfeverordnung zurückzugreifen. Dort finden sich die entsprechenden wichtigen Vorschriften, welche von der gesetzlichen Unfallversicherung zu berücksichtigen sind.

 

Rz. 31

Neben diesen Versorgungen mit erforderlichen Heilbehandlungen, Reha-Maßnahmen und Hilfsmitteln zahlen die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen auch eine Verletztenrente. Verbleibt ein Dauerschaden mit einer MdE von 20 % oder mehr, wird entsprechend eine BG-Rente gezahlt.

 

Praxistipp

Die Höhe der BG-Rente bemisst sich nach dem Jahresarbeitsverdienst im Jahr vor dem Unfall.

Bei der Höhe des Jahresarbeitsverdienstes ist zu berücksichtigen, dass es einen Mindestjahresarbeitsverdienst und einen Höchstjahresarbeitsverdienst gibt.

 

Praxistipp

Bei der Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes sind alle Beschäftigungen und alle Arbeiten, für die ein Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht, einzuberechnen. Das heißt, dass auch Nebenjobs, die unfallversichert sind, mit anzugeben sind und entsprechend die Rente der Unfallversicherung neu zu berechnen bzw. mit zu berechnen ist.

Hinsichtlich der Rente der Berufsgenossenschaft gilt, dass diese grundsätzlich lebenslang bezahlt wird. Sie bemisst sich nach der MdE am allgemeinen Arbeitsmarkt, nicht etwa nach der MdE im konkreten Beruf. Hintergrund ist, dass besonders unfallträchtige Berufe nicht über Gebühr belastet werden sollen. Jemand, der in einem gefahrgeneigten Beruf einen Unfall erleidet, wird diesen konkreten Beruf eher nicht mehr ausüben können als einen anderen Beruf. Daher bemisst sich die MdE nach dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

 

Rz. 32

Eine weitere wichtige Vorschrift bei der Berechnung der BG-Rente ist § 90 SGB VII. Danach sind die Renten bei jungen Menschen (unter 30 Jahren) regelmäßig neu festzusetzen.

 

Praxistipp

Bei Mandanten unter 30 Jahren sollten diese darauf hingewiesen werden, selbst die gesetzliche Unfallversicherung regelmäßig daran zu erinnern, ihre Rente gemäß § 90 SGB VII anzupassen. (Das ist nicht Gegenstand des zivilrechtlichen Mandats und deshalb vom Mandanten selbst vorzunehmen.)

 

Rz. 33

Zu beachten ist, dass die Rente der gesetzlichen Unfallversicherung mit dem Erwerbsschaden kongruent ist. Das bedeutet, dass der Verdienstausfallschaden auf die Unfallkasse übergeht, soweit eine Rente bezahlt wird. Darüber hinaus ist es so, dass auch die Anteile am Haushaltsführungsschaden, die den Erwerbsschaden betreffen (Versorgung des Haushalts für zusammenlebende Familienangehörige), auf die gesetzliche Unfallversicherung übergehen.

 

Praxistipp

Ein Haushaltsführungsschaden sollte berechnet werden, bevor die entsprechenden Anspruchsübergänge vom Versicherer festgestellt werden. Übersieht de...

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