Rz. 18

Das Recht der Rentenversicherung ist in SGB VI geregelt. Einige wenige Vorschriften daraus müssen im Zusammenhang mit der Personenschadensregulierung Berücksichtigung finden. In erster Linie werden Renten geleistet.

 

Rz. 19

Darüber hinaus sind die Rentenversicherungsträger in erster Linie für den sog. Beitragsregress nach § 119 SGB X zuständig. Sobald der geschädigte Mandant Mitglied der Deutschen Rentenversicherung ist, führt diese einen Beitragsregress durch. Das bedeutet, dass der Mandant rentenrechtlich so behandelt wird, als habe der Unfall nicht stattgefunden. In Quotenfällen wird das Beitragskonto entsprechend der Haftungsquote aufgefüllt.

 

Rz. 20

In den Fällen des Beitragsregresses sind einige wichtige Besonderheiten zu beachten:

Bei Unfällen von Schülern und Personen, die nicht Mitglied der Deutschen Rentenversicherung sind, muss entweder der Rentenschaden reguliert werden oder abgewartet werden, ob ein Rentenversicherungsverhältnis begründet wird. Die Deutsche Rentenversicherung regressiert bis zum Unfallzeitpunkt zurück die Rentenversicherungsbeiträge, sofern und sobald ein Sozialversicherungsverhältnis besteht (BGH NJW 2012, 3639).

 

Praxistipp

Hat der Mandant einen Unfall vor Eintritt ins Erwerbsleben erlitten und noch keinen Beitrag in die Deutsche Rentenversicherung gezahlt, muss er unbedingt darüber belehrt werden, dass der Rentenversicherungsträger auf den Unfall hingewiesen werden muss. Es muss deutlich gemacht werden, dass der Mandant den Rentenversicherungsträger auffordern muss, den Beitragsregress durchzuführen.

Wird der Rentenversicherungsträger zu Beginn des Versicherungsverhältnisses nicht über den Unfall informiert, geht der Anspruch auf Auffüllung des Rentenkontos auf ihn über in dem Zustand, wie er beim Geschädigten ist. Das bedeutet, dass beim Rentenversicherungsträger der Anspruch auf den Beitragsregress spätestens taggenau nach drei Jahren verjährt und zwar unabhängig von der Kenntnis des Regresssachbearbeiters, sofern die Verjährung beim Geschädigten begonnen hatte zu laufen. Auf die Kenntnis des Regresssachbearbeiters kommt es nur für den Beginn der Verjährung, nicht aber für deren Lauf oder das Ende an. Nach der Verjährung fällt der Anspruch auch nicht etwa auf den Geschädigten zurück. Er hat eine echte Rentenlücke.

 

Rz. 21

Ein Beitragsregress verjährt nach normalen Regelungen. Besteht schon ein Rentenversicherungsverhältnis, so beginnt die Verjährung beim Rentenversicherungsträger mit der Kenntnis des zuständigen Regresssachbearbeiters zu laufen (BGH zfs 2012, 440).

 

Rz. 22

Bei der derzeitigen Regulierung von Fällen, in denen der Mandant erwerbsunfähig geworden ist, gibt es eine Besonderheit, die unbedingt beachtet werden muss. Gemäß § 77 SGB VI gibt es für die Rente seit neuerer Zeit einen sog. Zugangsfaktor. Der Zugangsfaktor bewirkt, dass bei der Erwerbsminderungsrente wegen Erwerbsunfähigkeit die Rente nicht voll bezahlt, sondern gekürzt wird. Parallel dazu füllt der Rentenversicherungsträger das Beitragskonto auf. Allerdings wird dann, wenn der Mandant Altersruhegeld erhält, der Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI nicht mehr abgeändert.

 

Hinweis

Das bedeutet, dass dann, wenn zunächst eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen wird, bei Übergang in die Altersrente eine tatsächliche Rentenverkürzung vorliegt.

 

Rz. 23

Derzeit sind mehrere Verfahren bei ordentlichen bzw. Sozialgerichten anhängig. Diese betreffen die Frage, wie der anfallende Schaden auszugleichen ist. In einer ersten Entscheidung hat der BGH darauf hingewiesen, dass die Frage, ob eine Kürzung der Altersrente wegen des Bezugs der Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2a SGB VI auch dann gerechtfertigt ist, wenn in einem Haftpflichtschadenfall der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer den regressierenden Rentenversicherungsträger durch Erstattung der jeweiligen Rentenzahlung und Zahlung der entgangenen Pflichtbeiträge wirtschaftlich so stellt, als sei der Versicherer bis zum Erreichen der Regelaltersrente erwerbstätig gewesen, eine sozialversicherungsrechtliche Vorfrage ist. Das heißt mit anderen Worten, dass für die Frage, ob es bei der Rentenverkürzung tatsächlich bleibt oder nicht, die Sozialgerichte ausschließlich zuständig sind (BGH r+s 2017, 166).

In derselben Entscheidung hat der BGH die weitere Rechtsfrage entschieden, ob der Haftpflichtversicherer durch die Bedienung des Regresses nach § 119 SGB X seine Verpflichtung erfüllt hat und der Beitragsregress durch diese Erfüllung erloschen ist. Der BGH meint, dass keine Erfüllung eingetreten ist. Es besteht kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, es sei denn, die Sozialgerichte entscheiden dies. Sollte tatsächlich das sozialgerichtliche Verfahren zu dem Ergebnis kommen, dass es bei der Rentenkürzung bleibt, besteht nach wie vor ein Anspruch des Geschädigten auf Ausgleich des Rentenschadens (BGH a.a.O.).

 

Praxistipp

In allen Fällen, in denen ein Geschädigter eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, ist unbedingt dieser Rentenschaden zu regulieren bzw. die...

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