Rz. 10

Für gesetzlich Krankenversicherte gibt es in der Schadensregulierung einige Besonderheiten. Grundsätzlich verweist die Rechtsprechung den geschädigten Kassenpatienten auf kassenärztliche Leistungen. Allerdings kann die Schadensersatzpflicht auch eine privatärztliche Behandlung für den geschädigten Kassenpatienten umfassen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls feststeht, dass das Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung nur unzureichende Möglichkeiten der Schadensbeseitigung bietet oder die Inanspruchnahme der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise dem Geschädigten nicht zumutbar ist (BGH zfs 2005, 15). Im Grundsatz geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Kassenpatient ärztlich "rundum" versorgt ist. Dies ist in der Praxis häufig nicht der Fall.

 

Praxistipp

Bei einer privatärztlichen Versorgung bzw. bei einem privatärztlichen Hilfsmittel sollte immer eine (kassen-)ärztliche Verordnung vorgelegt und beim Versicherer verlangt werden. Es empfiehlt sich unbedingt, die Kostenübernahme vor Inanspruchnahme der Leistungen zu beantragen und abzuklären.

 

Rz. 11

Eine Besonderheit der kassenärztlichen Versorgung ist, dass der Versicherte üblicherweise keine Geld-, sondern Sachleistungen erhält. Daneben können gesetzlich Krankenversicherte von der Krankenkasse auch Kostenerstattung erhalten. Allerdings müssen sie ihre Krankenkasse vor der Leistung in Kenntnis setzen (§ 13 Abs. 2 S. 2 SGB V).

Dann, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig als Sachleistung erbringen konnte oder die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, sind diese von der Krankenkasse in der Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs. 3 SGB V).

 

Praxistipp

Grundsätzlich sollte zuerst die Sachleistung der Krankenkasse beansprucht werden.

 

Rz. 12

Eine neue Vorschrift im SGB V hilft Kassenpatienten ungemein. Die Krankenkasse hat danach über einen Antrag zügig, spätestens bis Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn der Medizinische Dienst (MDK) eingeschaltet werden muss, hat eine Entscheidung innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu erfolgen, wobei der Kassenpatient unbedingt innerhalb der ersten drei Wochen über die Einschaltung des MDK zu informieren ist (§ 13 Abs. 3a SGB V).

Zu beachten ist, dass § 13 Abs. 3a SGB V nicht für Rehabilitationsmaßnahmen gilt.

Bei allen anderen Maßnahmen ist dann, wenn es sich grundsätzlich um eine Leistung der Krankenkasse handelt, nach Ablauf von drei Wochen davon auszugehen, dass der Antrag genehmigt ist.

 

Rz. 13

Nachdem einige Sozialgerichte vorab angenommen hatten, dass auch in diesen Fällen ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist, hat dies die Rechtsprechung zwischenzeitlich abgelehnt. Ein nicht beschiedener Antrag kann nicht mit einem Widerspruch angefochten werden.

 

Rz. 14

Im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung ist immer zu beachten, dass es hier einen Heil- und Hilfsmittelkatalog gibt. Nur bestimmte Leistungen, die vom gemeinsamen Bundesausschuss als Krankenkassenleistungen vorgesehen sind, können erstattet werden. In der Regulierungspraxis bereitet es immer Schwierigkeiten, vom Haftpflichtversicherer darüber hinausgehende Leistungen zu erhalten.

 

Praxistipp

In der Schadensregulierung darf nicht auf die kassenärztlichen Leistungen verwiesen werden, sondern es muss der Grundsatz der gesetzlichen Unfallversicherung analog gelten. Danach hat der Schädiger nach Eintritt von Unfällen die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Geschädigten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen (analog § 1 Nr. 2 SGB VII). Dieses Argument fruchtet gelegentlich bei Haftpflichtversicherern.

 

Praxistipp

Wenn eine Behandlung erfolgversprechend ist und es dem Mandanten danach voraussichtlich besser geht, liegt eine Win-Win-Situation vor. Der Haftpflichtversicherer wird unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten Maßnahmen bezahlen, die ihm am Ende Kosten ersparen. Über solche Dinge sollte immer mit dem Versicherer gesprochen werden.

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