Rz. 1

 

Zum Thema

Höher/Mergner "Mitwirkungspflichten des Geschädigten im Personenschaden" r+s 2012, 1.

 

Rz. 2

 

§ 254 BGB – Mitverschulden

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) 1Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern.

2Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

§ 278 BGB – Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte

1Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.

2Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

 

Rz. 3

Nach § 254 BGB sind die jeweiligen Verursachungsbeiträge zu Schadeneintritt und Schadenhöhe gegeneinander abzuwägen. § 254 BGB lässt dabei auch zu, einen der Beteiligten (auch den Verletzten) allein mit dem Schaden zu belasten.[1]

 

Rz. 4

§ 254 BGB enthält zwar im Ansatz den Grundgedanken, dass sich der Ersatzberechtigte so zu verhalten hat, wie sich ein in gleicher Lage befindlicher vernünftiger Geschädigter verhalten würde, wenn kein Haftpflichtiger vorhanden wäre.[2] Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt vom Geschädigten allerdings nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich ausnahmslos in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte;[3] immerhin kann dem letzten Aspekt aber Bedeutung für die Beurteilung der Frage zukommen, ob der Geschädigte den Aufwand in vernünftigen Grenzen gehalten hat.[4]

 

Rz. 5

Ein Verstoß gegen die Schadengeringhaltungsverpflichtung ist anzunehmen, wenn der Geschädigte Maßnahmen unterlässt, die nach allgemeiner Lebenserfahrung ein ordentlicher und verständiger Mensch ergreifen würde, um den Schaden abzuwenden oder zu verringern.[5] § 254 II 1 BGB verlangt – als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB[6] – vom Geschädigten, im Rahmen des von einem vernünftigen und sorgfältigen Menschen zu Erwartenden, dazu beizutragen, dass der Schaden nicht unnötig groß wird.[7]

 

Rz. 6

Der Verstoß gegen die Schadengeringhaltungsverpflichtung führt dazu, dass die fiktiverzielbaren Einkünfte dem Geschädigten anspruchsmindernd auf Erwerbsschaden (und andere kongruente Schadenpositionen, gegebenenfalls damit auch Haushaltsführung) angerechnet werden.[8] Die Rechtsprechung[9] zum Unterhaltsschaden, wonach einem Hinterbliebenen, der es unterlässt, einer ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit nachzugehen, die erzielbaren (fiktiven) Einkünfte auf den Schaden anzurechnen sind, lässt sich ohne weiteres auf den Verdienstausfallschaden übertragen (siehe auch § 4 Rn 302). Eine quotale Anspruchskürzung ist trotz § 287 ZPO nicht möglich.[10]

[1] OLG Dresden v. 25.8.1997 – 17 U 57/97 – VersR 1999, 765 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 19.5.1998 – VI ZR 317/97 –).
[2] OLG Celle v. 10.2.1958 – 5 U 146/57 – VersR 1958, 344.
[3] BGH v. 15.2.2005 – VI ZR 70/04 – BGHReport 2005, 698 = BGHZ 162, 161 = DAR 2005, 266 (Anm. Poppe) = MDR 2005, 748 = NJW 2005, 1108 (Anm. Huber NJW 2007, 1625) = NJW-Spezial 2005, 160 = NZV 2005, 243 (Anm. Heß; Anm. Freyberger NZV 2005, 231) = r+s 2005, 172 (Anm. Lemcke) = SP 2005, 126, 162 = SVR 2005, 228 (Anm. Huber) = VerkMitt 2005, 81 = VersR 2005, 663 (Anm. Schiemann VersR 2006, 160) = VRS 108, 326 = zfs 2005, 382 (Anm. Diehl) m.w.N.
[4] BGH v. 15.2.2005 – VI ZR 70/04 – BGHReport 2005, 698 = BGHZ 162, 161 = DAR 2005, 266 (Anm. Poppe) = MDR 2005, 748 = NJW 2005, 1108 (Anm. Huber NJW 2007, 1625) = NJW-Spezial 2005, 160 = NZV 2005, 243 (Anm. Heß; Anm. Freyberger NZV 2005, 231) = r+s 2005, 172 (Anm. Lemcke) = SP 2005, 126, 162 = SVR 2005, 228 (Anm. Huber) = VerkMitt 2005, 81 = VersR 2005, 663 (Anm. Schiemann VersR 2006, 160) = VRS 108, 326 = zfs 2005, 382 (Anm. Diehl); BGH v. 2.3.1982 – VI ZR 35/80 – VersR 1982, 548; BGH v. 20.6.1972 – VI ZR 61/71 – DB 1972, 1767 = NJW 1972, 1800 = VersR 1972, 1024.
[5] BGH v. 5.10.1965 – VI ZR 90/64 – VersR 1965, 1173; OLG Düsseldorf v. 21.2.2006 – I-24 U 22/05 – VersR 2007, 244; OLG Dresden v. 25.8.1997 – 17 U 57/97 – VersR 1999, 765 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 19.5.1998 – VI ZR 317/97 –).
[6] BGH v. 26.9.2006 – VI ZR 124/05 – BGHReport 2007, 11 = DAR 2007, 141 = FamRZ 2007, 35 = MDR 2007, 337 = NJW 2007, 64 = NJW-Spezial 2007, 17 = NZV 2007, 29 = r+s 2007, 39 = SP 2007, 8 = VersR 2007, 76 = zfs 2007, 83.
[7] Höher/Mergner "Mitwirkungspflichten des Geschädigten im Personenschaden" r+s 2012, 1 m.w.H.
[8] Höher/Mergner "Mitwirkungspflichten des Gesch...

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