Rz. 21

Wird einem Arbeitnehmer wegen der Verletzungen gekündigt, kann das Nicht-Erheben einer Kündigungsschutzklage eine Verletzung der dem Verletzten auch im Verhältnis zum Schadenersatzpflichtigen treffenden Obliegenheiten darstellen und zur Minderung oder gar zum Ausschluss von Ersatzansprüchen wegen Verdienstausfall führen.[36]

 

Rz. 22

Die Kündigungsschutzklage muss auch erhoben werden, wenn die Beschäftigung auf einem (anderweitigen) leidensgerechten Arbeitsplatz möglich ist.

 

Rz. 23

Die Kündigungsschutzklage muss mit dem Ziel der Arbeitsplatzerhaltung erhoben werden. Erhebt der Geschädigte Kündigungsschutzklage, schließt er dann aber einen Abfindungsvergleich mit dem Arbeitgeber, der zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, liegt hierin regelmäßig ein Verstoß gegen die Schadengeringhaltungsverpflichtung.[37] Das gilt vor allem, wenn besondere Kündigungsschutzgründe (z.B. wegen Schwerbehinderung) vorliegen. Schließt ein Geschädigter trotz aussichtsreicher, auf Weiterbeschäftigung gerichteter, Kündigungsschutzklage einen Abfindungsvergleich, stellt dieses ein so starkes Mitverschulden (§ 254 I BGB) dar, dass ein Anspruch wegen Verdienstausfalls entfällt.[38]

 

Rz. 24

Das Arbeitsverhältnis endet nicht automatisch mit dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze (vgl. § 41 SGB VI); auch die Gewährung von vorgezogenen Renten (Rente wegen teilweiser oder völliger Aufhebung der Erwerbsfähigkeit, Verletztenrente) beendet – vorbehaltlich tarifvertraglicher Regelungen (u.a. BAT)[39] – nicht das Beschäftigungsverhältnis.[40]

 

Rz. 25

Hat allerdings ein Bescheid des RVT, in dem die Erwerbsunfähigkeit eines Arbeitnehmers festgestellt wird, zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis endet, kann der Verletzte gerade bei einer befristeten Rentengewährung verpflichtet sein darauf zu achten, seinen Arbeitsplatz für die Zeit nach Ablauf der Befristung zu sichern. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Will sich der Arbeitnehmer gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wehren, muss er allerdings nicht die 3-Wochenfrist des § 1 V BeschäftigungsförderungsG beachten.[41]

[36] Höher/Mergner "Mitwirkungspflichten des Geschädigten im Personenschaden" r+s 2012, 1 (zu III.3).
[37] Höher/Mergner "Mitwirkungspflichten des Geschädigten im Personenschaden" r+s 2012, 1 (zu III.3) unter Hinweis auf BGH v. 13.7.2004 – VI ZR 315/03 – r+s 2007, 303 (Anm. Jahnke r+s 2007, 271) (Nichtannahmebeschluss zum Urteil des OLG Oldenburg v. 1.10.2003 – 5 U 77/03 –) und OLG Hamm BeckRS 2007, 01126.
[38] BGH v. 13.7.2004 – VI ZR 315/03 – r+s 2007, 303 (Anm. Jahnke r+s 2007, 271); OLG Frankfurt v. 22.2.2010 – 16 U 146/08 – SP 2010, 220 = VRR 2010, 122 (Die Kündigung war unwirksam, der Kläger konnte sich darauf berufen. Der Kläger hat aber gleichwohl der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zugestimmt und einen Abfindungsvergleich geschlossen. Der Verdienstausfallschaden wäre also vermieden worden, wenn er auf einer Weiterbeschäftigung bestanden hätte. Der Umstand, dass er eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zugestimmt hat, stellt ein so starkes Mitverschulden des Klägers nach § 254 I BGB dar, dass ein Anspruch nicht besteht.).
[39] Siehe zum Thema: EuGH v. 12.10.2010 – C-45/09 – DB 2010, 2339 = jurisPR-ArbR 47/2010 Anm. 1 (Anm. ­Roetteken) = NJW 2010, 3736, 3767 = NZA 2010, 1167 (Der EuGH hält die in den Mitgliedstaaten üblichen und weit verbreiteten Altersgrenzenregelungen ungeachtet der sich aus Art. 6 I RL 2000/78/EG ergebenden Anforderungen grundsätzlich aufrecht); BAG v. 21.9.2011 – 7 AZR 134/10 – NZA 2012, 271 (Altersgrenze im Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot); BAG v. 20.2.2002 – 7 AZR 748/00 – BAGE 100, 292 = BB 2002, 1494 (nur Ls.) = DB 2002, 1665 = MDR 2002, 1013 = NZA 2002, 789 (Eine mit Piloten eines gewerbsmäßig eingesetzten Großflugzeuges 1990 vereinbarte und 1996 bestätigte Altersgrenze von 60. Lebensjahr ist nicht zu beanstanden); LAG Hamm v. 17.1.2013 – 8 Sa 1945/10 – jurisPR-ArbR 15/2013 Anm. 2 (Anm. Kossens); BVerwG v. 26.1.2011 – 8 C 45/09 – NJW-Spezial 2011, 396 (BVerfG hat Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, Beschl. v. 13.7.2011 – 1 BvR 1472/11) (Höchstaltersgrenze für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige).
[40] Küttner-Kreitner, Nr. 7 Rn 1, Nr. 354 Rn 1 f. Siehe auch BAG v. 23.2.2000 – 7 AZR 906/98 – BAGE 94, 7 = BB 2000, 1473 = DB 2000, 2076 = MDR 2000, 1079 = NZA 2000, 821 (Arbeitsverhältnis eines Angestellten endet nicht nach § 59 I Unterabs. 1 BAT mit Ablauf des Monats, in dem ihm ein Bescheid eines RVT über die Feststellung einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente zugeht, wenn der Angestellte den Rentenantrag bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist des § 84 SGG auf die Gewährung einer Zeitrente nach § 102 SGB VI beschränkt).
[41] BAG v. 23.2.2000 – 7 AZR 906/98 – BAGE 94, 7 = BB 2000, 1473 = DB 2000, 2076 = MDR 2000, 1079 = NZA 2000, 821 (Die Frist muss zwar eingehalten werden, wenn ein Arbeitnehmer di...

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