Rz. 47

Von einer Containersignatur spricht man, wenn eine einzige Nachricht, die mehrere Anhänge hat, mit einer einzigen Signatur signiert wird. Bei der Containersignatur werden somit nicht alle im Anhang befindlichen Dokumente einzeln signiert. Man spricht bei ihr auch von der sog. "enveloping Signatur" oder "Umschlagsignatur". Sie ist an der Dateiendung .p7m erkennbar.

 

Rz. 48

Bacher hat die Containersignatur anschaulich beschrieben:

Zitat

"Eine solche Containersignatur entspricht in der Papierwelt einer Unterschrift auf der Rückseite eines verschlossenen Briefumschlags, der ein oder mehrere Dokumente enthält."[26]

 

Rz. 49

Mit § 4 Abs. 2 ERVV hat der Gesetzgeber zum 1.1.2018 die zuvor nach der Rechtsprechung für zulässig erklärte Containersignatur[27] für die wirksame Übermittlung von elektronischen Dokumenten an das Gericht abgeschafft. Die Abschaffung wurde damit begründet, dass eine Überprüfung der Authentizität und Integrität der elektronischen Dokumente im weiteren Verfahren regelmäßig nicht mehr möglich ist, da nach Trennung der elektronischen Dokumente die Containersignatur nicht mehr überprüft werden kann.[28] Da in der Praxis dieses Verbot von einigen übersehen wurde, kam es auch nach dem 1.1.2018 noch zu Rechtsprechung über die sich bereits aus § 4 Abs. 2 ERVV ergebende Unzulässigkeit der Containersignatur.[29] Da im beA-System die Anbringung einer Containersignatur nicht mehr möglich ist – der entsprechende Button "Nachrichtenentwurf signieren" wurde im Laufe des Jahres 2018 entfernt –, können Leser, die ausschließlich im beA-System selbst qualifiziert elektronisch signieren, die nachfolgenden Rdn 50–70 überspringen. Allen anderen, die mit anderen zulässigen Drittprodukten als dem beA arbeiten und/oder extern signieren, sind diese Randnummern zur Lektüre zu empfehlen. Sie befassen sich u.a. mit der zum Thema Containersignatur ergangenen Rechtsprechung einschließlich der verfassungsrechtlichen Bedenken des generellen Verbots aus § 4 Abs. 2 ERVV.

 

Rz. 50

 

Hinweis

Das Verbot der Containersignatur gilt jedoch nicht in bestimmten Verfahren vor dem BGH/BPatG, da hier die ERVV und damit § 4 Abs. 2 ERVV nicht gilt. Relevant ist vielmehr die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/­BPatGERVV),[30] die für folgende Verfahren zur Anwendung kommt:

Verfahren vor dem BGH in:

Revisionsstrafsachen; jedoch nur für die Einreichung elektronischer Dokumente durch den Generalbundesanwalt beim BGH, Verfahren nach dem Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, Markengesetz, Halbleiterschutzgesetz, Designgesetz sowie

Verfahren vor dem BPatG in:

Verfahren nach dem Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, Markengesetz, Halbleiterschutzgesetz u Designgesetz.

Zwar verweist § 125a ZPO für die Einreichung elektronischer Schriftsätze beim BPatG und BGH auf die Vorschriften der ZPO, die ERVV, die gem. § 130a Abs. 2 ZPO in ZPO-Verfahren jedoch zu Anwendung kommt, sie gilt in solchen Verfahren aber nicht, da es eine eigene Verordnung gibt, die BGH/BPatGERVV. Der BGH bestätigte daher, dass die in einem Nichtigkeitsverfahren von einem Patentanwalt eingereichte Berufung und Berufungsbegründung trotz Anbringung einer Containersignatur wirksam waren!

Zitat

"a) Eine qualifizierte Signatur, die sich auf den gesamten Inhalt einer über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach eingereichten Nachricht einschließlich der darin enthaltenen Dateien bezieht, genügt den Anforderungen des § 2 Abs. 2a Nr. 1 BGH/BPatGERVV."

b) § 4 Abs. 2 ERVV ist im Anwendungsbereich der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) nicht anwendbar.“[31]

 

Rz. 51

Das OLG Brandenburg legt § 4 ERVV teleologisch so aus, dass die Containersignatur nur verboten ist, solange Gerichte nicht mit elektronischen Akten arbeiten, sondern noch mit Papierakten.[32]

Vorsicht! Zum einen weiß man naturgemäß nicht, ob andere OLGs ebenso großzügig entscheiden, zum anderen wird man im Zweifel nicht wissen, wann Gerichte auf die E-Akte umstellen. Solche anwaltsfreundliche Rechtsprechung ist daher grundsätzlich zu begrüßen, dauerhaft darauf verlassen sollte man sich aber nicht. Wichtig ist vielmehr, alle gesetzlichen Vorgaben und damit auch das Verbot der Containersignatur zu beachten! So hat das OLG Frankfurt a.M. (auch unter Bezug auf die Entscheidung des OLG Brandenburg) die Auffassung vertreten, dass bei unklarer Rechtslage ein Anwalt immer den sichersten Weg zu gehen hat.

Zitat

"Die Verwendung einer Container-Signatur bei Übermittlung elektronischer Dokumente an das EGVP erfüllt seit 1.1.2018 nicht die Anforderungen an §§ 130 Abs. 3 Alt. 1 ZPO, 4 Abs. 2 ERVV. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nur dann gewährt werden, wenn die formunwirksame Rechtsmittelschrift so rechtzeitig bei Gericht eingeht, dass der Formmangel in angemessener Zeit bemerkt und der Rechtsmittelführer bei Bearbeitung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist ...

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