Rz. 439
Das Gericht hat gem. § 411 Abs. 1 ZPO dem Sachverständigen mit der Anordnung der Beweisaufnahme für die schriftliche Begutachtung eine Frist zu setzen.
Rz. 440
Die Frist muss durch den Bevollmächtigten notiert werden und angemessene Zeit nach dem Fristablauf in einer Sachstandsanfrage münden.[249]
Rz. 441
Kommt der Sachverständige nicht in angemessener Zeit oder einer seitens des Gerichts gesetzten Frist dem Auftrag zur Gutachtenerstellung nach, so kann das Gericht dem Sachverständigen nach § 411 Abs. 2 S. 2 ZPO von Amts wegen aber auch auf Anregung einer Partei[250] eine Nachfrist setzen.
Rz. 442
Versäumt der Sachverständige auch die für die Erstattung des Gutachtens gesetzte Nachfrist, so kann das Gericht gegen ihn nach § 411 Abs. 2 S. 1 ZPO ein Ordnungsgeld festsetzen, wenn dies zuvor bei der Nachfristsetzung angedroht wurde.[251] Dies wird das Gericht regelmäßig erst auf Veranlassung einer Partei unternehmen.[252]
Rz. 443
Wird das Gutachten auch auf Festsetzung des Ordnungsgeldes hin nicht erstattet, so kann ein solches jeweils nach einer erneuten Fristsetzung nach § 411 Abs. 2 S. 3 ZPO nochmals festgesetzt werden.[253]
Rz. 444
Hinweis
Die Festsetzung eines dritten Ordnungsgeldes gegen den Sachverständigen ist nach der Regelung der §§ 409 Abs. 1 S. 3, 411 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht zulässig (§ 411 Abs. 2 S. 3 ZPO: "noch einmal"). Auch der strafähnliche Charakter des Ordnungsgeldes als Sanktion für den Verstoß des Sachverständigen gegen eine prozessuale Ordnungsvorschrift spricht für eine einschränkende Auslegung (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB).[254]
Rz. 445
Nach der zweiten Festsetzung des Ordnungsgeldes wird das Gericht dem bisher beauftragten Gutachter entschädigungslos (§ 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 JVEG) den Auftrag des Gutachtens durch Änderung des Beweisbeschlusses nach § 360 ZPO zu entziehen und einen neuen Gutachter zu beauftragen haben.[255] Da sich der neue Gutachter wieder einarbeiten, insbesondere selbst einen Ortstermin oder ein Explorationsgespräch durchführen muss, bringt dies Zeitverzögerungen mit sich. Zudem gibt es Fachgebiete, bei denen die Anzahl der Sachverständigen gering ist.
Rz. 446
Der Sachverständige kann gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO einlegen.[256] Zum Teil[257] wird sogar schon angenommen, dass der Sachverständige sich gegen die Nachfristsetzung unter Androhung eines Ordnungsgeldes mit der sofortigen Beschwerde zur Wehr setzen kann.
Rz. 447
Der Sachverständige kann dabei geltend machen, dass
▪ | er zur Erstattung des Gutachtens nicht verpflichtet ist; |
▪ | eine ordnungsgemäße Fristsetzung oder Nachfristsetzung nicht vorliegt; |
▪ | er die bisher unterbliebene Erstellung und Vorlage des Gutachtens nicht zu vertreten hat. |
Rz. 448
Hinweis
Eine weitere Pflicht des Sachverständigen liegt darin, dass er gem. § 407a Abs. 1 ZPO zu prüfen und anzuzeigen hat, ob er die von dem Gericht gesetzte Frist einzuhalten imstande ist.
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