Rz. 139

Die Benennung eines Zeugen erfolgt zunächst durch die Angabe des vollständigen Vor- und Nachnamens. Darüber hinaus ist die ladungsfähige Anschrift des Zeugen anzugeben.

 

Rz. 140

Als ladungsfähige Anschrift ist grundsätzlich die Privatanschrift des Zeugen anzugeben. Die Anschrift des Arbeitgebers genügt nur in Einzelfällen.[74]

 

Rz. 141

 

Hinweis

Es muss beachtet werden, dass die häufig anzutreffende Formulierung "zu laden über den Kläger oder den Beklagten", bei Familien-, Haushalts- oder Betriebsangehörigen zum Teil nicht als ordnungsgemäßer Beweisantritt aufgefasst wird.[75] Insoweit empfiehlt es sich deshalb, die Adressdaten wiederholend zu bezeichnen.

 

Rz. 142

Auch die Angabe eines Postfaches genügt als ladungsfähige Anschrift grundsätzlich nicht.[76]

 

Rz. 143

 

Hinweis

Wenngleich man dies im Hinblick auf das geänderte Zustellungsrecht insbesondere auf § 180 ZPO anders sehen kann, d.h. das Postfach als "Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung" ansehen könnte, sind entsprechende Nachweise hierzu in der Rechtsprechung nicht zu finden.

 

Rz. 144

Gibt der Bevollmächtigte die Anschrift des Zeugen nicht oder unrichtig an, so führt dies allerdings nicht zur Zurückweisung des Beweisantrittes. Vielmehr muss das Gericht in diesem Fall nach § 356 ZPO vorgehen, d.h. dem Beweisführer durch Beschluss, der zuzustellen ist, eine Frist bestimmen, die ladungsfähige Anschrift mitzuteilen.[77]

 

Rz. 145

 

Tipp

Der Beweisgegner kann bei dem Gericht anregen,[78] dass nach § 356 ZPO vorgegangen wird, um den Prozessgegner zu zwingen, den Prozess zu fördern und die Schwierigkeiten der Ermittlung des Zeugen zu offenbaren. So können etwa die Chancen für eine günstige vergleichsweise Regelung abgeschätzt werden, wenn erkannt wird, dass der Prozessgegner den Zeugen voraussichtlich nicht wird ermitteln können.

 

Rz. 146

Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann dann das Gericht das Beweismittel gem. § 356 ZPO zurückweisen, was nach § 531 Abs. 1 ZPO zur Folge hat, dass dieses Beweismittel auch in der Berufungsinstanz nicht mehr zur Verfügung steht.

 

Rz. 147

 

Tipp

Die ladungsfähige Anschrift des Zeugen kann allerdings noch nach Fristablauf mitgeteilt werden, wenn dadurch das Verfahren nicht verzögert wird.

 

Rz. 148

 

Beispiel

Das Gericht hat dem beweisbelasteten Kläger mit einem am 15. Mai zugestellten Beschluss aufgegeben, die ladungsfähige Anschrift eines Zeugen binnen zwei Wochen ab Zugang des Beschlusses mitzuteilen. Zugleich hat es Termin zur abschließenden mündlichen Verhandlung auf den 20. Oktober bestimmt.

Dem Mandanten gelingt es erst Ende Juni, die ladungsfähige Anschrift des Zeugen zu ermitteln. Auch in diesem Fall kann die ladungsfähige Anschrift dem Gericht noch mitgeteilt werden, da der Zeuge auch noch Ende Juni/Anfang Juli zu einem Termin im Oktober des Jahres geladen werden kann. Auch dem Gegner bleibt in diesem Fall noch ausreichend Zeit, Gegenbeweis anzutreten, sodass etwa Urkunden oder Akten zu der anberaumten mündlichen Verhandlung beigezogen bzw. Zeugen beigeladen werden können.

 

Rz. 149

Weder das Gericht noch der Beweisgegner ist grundsätzlich verpflichtet, dem Beweisführer bei der Ermittlung der ladungsfähigen Anschrift Hilfestellungen zu gewähren oder diese gar von sich aus zu veranlassen.

 

Rz. 150

 

Hinweis

Steht der Zeuge jedoch in der Sphäre des Beweisgegners und ist diesem die ladungsfähige Anschrift bekannt, so kann dieser verpflichtet sein, die ladungsfähige Anschrift zu offenbaren. Anderenfalls kann das Gericht die unterlassene Bekanntgabe der ladungsfähigen Anschrift im Rahmen seiner Beweiswürdigung berücksichtigen.[79] Insbesondere kann die unterlassene Bekanntgabe als Beweisvereitelung berücksichtigt werden.[80]

 

Rz. 151

Ist die Partei nicht in der Lage, den Namen und die Anschrift des Zeugen in der vorbezeichneten Form zu benennen, weil dieser noch nicht ermittelt werden konnte, so bleibt es der Partei unbenommen, diesen zunächst als Zeugen "N.N." zu bezeichnen.[81]

 

Rz. 152

 

Hinweis

Erforderlich ist allerdings, dass das Hindernis, den Zeugen zu benennen, noch behoben werden kann. Ist dies nicht möglich, so ist der Beweisantritt in dieser Form unzulässig und bleibt unbeachtlich.

 

Rz. 153

Erforderlich ist es dann aber, dass dem Gericht im Einzelnen mitgeteilt wird,[82] aus welchen Gründen die Partei gehindert ist, den Namen und die ladungsfähige Anschrift des Zeugen zu bezeichnen und dass dies nicht auf einem Verschulden oder einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Es ist mithin im Einzelnen darzustellen, warum der Zeuge nicht benannt werden kann und welche Maßnahmen ergriffen worden sind, um diesen zu ermitteln. Nur unter diesen Voraussetzungen vermeidet die Partei, dass sie mit ihrem Vortrag und ihrem Beweisangebot nach § 296 ZPO präkludiert wird.[83]

 

Rz. 154

 

Tipp

Dem Beweisgegner bleibt es in diesem Falle allerdings unbenommen, darzulegen, dass die weitere Verzögerung des Rechtsstreites für ihn eine unzumutbare Härte bedeutet, und anzuregen,[84] dass das Gericht dem Beweisführer nach § 356 ZPO eine Frist zur Benennung des Zeugen und zur...

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