Rz. 81

Schon bei der Frage, wer im Wege der Klage in Anspruch genommen werden soll, ist die Beweissituation zu berücksichtigen. Das Gleiche gilt bei der Überlegung, ob und gegen wen Widerklage erhoben werden könnte.

 

Rz. 82

Ist eine Person als Beklagter Prozesspartei, so kann er nicht zugleich Zeuge sein. Er kann allein als Partei nach §§ 447, 448 ZPO vernommen werden. § 447 erlaubt eine Vernehmung des Beweisführers jedoch nur auf Antrag einer Partei, wenn die andere Partei zustimmt.[36]

 

Rz. 83

Nach § 448 ZPO kommt die Anhörung einer Partei von Amts wegen nur in Betracht, wenn bereits eine Beweisaufnahme des erkennenden Gerichts stattgefunden hat und das Gericht der Parteivernehmung bedarf, um restliche Zweifel an seiner Überzeugung auszuräumen. Die Praxis zeigt, dass es auch hieran regelmäßig fehlt.

 

Rz. 84

Dem Gericht bleibt daher bei einer Partei nur die Möglichkeit, diese nach § 141 ZPO zur weiteren Sachverhaltsaufklärung anzuhören. Das Gebot der Waffengleichheit verpflichtet in diesem Fall das Gericht aber, beide Parteien anzuhören. Zwar ist es dem Gericht danach nicht verwehrt, einer Partei zu glauben. Die Praxis zeigt demgegenüber aber, dass eher Beweislastentscheidungen getroffen werden.

 

Rz. 85

Ausgehend von dieser Grundsituation muss der Rechtsanwalt bei der Fertigung der Klage darauf achten, dass er mögliche Zeugen der Gegenseite mit verklagt, wenn dies möglich ist. Denkbare Fallkonstellationen sind dabei:

Es wird nicht nur der zahlungskräftige Gesamtschuldner, sondern es werden alle Gesamtschuldner verklagt.
Auch wenn nur ein Ehegatte einen Vertrag geschlossen hat, wird der andere Ehegatte auf der Grundlage von § 1357 BGB mit in Anspruch genommen.

Bei einem Anspruch gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird nicht nur diese, sondern werden daneben auch alle Gesellschafter verklagt.

 

Hinweis

Dies hat im Übrigen auch besondere Vorteile in der Zwangsvollstreckung, da insoweit auch die Vollstreckung in das Privatvermögen der Gesellschafter möglich ist.

In einer Verkehrsunfallsache ist nicht nur der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeuges auf der Grundlage des Direktanspruchs zu verklagen, sondern daneben auch der Fahrer und der Halter. Nach der zum 1.8.2002 in Kraft getretenen Schadensersatzrechtsnovelle kommt auch die Klage gegen den Halter des Anhängers in Betracht, insbesondere dann, wenn dieser als Unfallzeuge in Betracht kommt.

 

Hinweis

Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Gegner den eigenen Fahrer durch die Erhebung einer Widerklage ausschalten kann.

In Einzelfällen kann es allerdings auch ratsam sein, gerade auf die Einbeziehung eines "Anspruchsgegners" in die Klage zu verzichten, nämlich immer dann, wenn hier von einer für den Mandanten günstigen Aussage auszugehen ist.

 

Beispiel

Bei dem Unfallgegner handelt es sich um einen Bekannten des Mandanten, der am Unfallort auch seine Alleinschuld am Unfallereignis zugibt. Um diesem ein Bußgeldverfahren zu ersparen und wegen der vermeintlich eindeutigen Lage, wird auf die Hinzuziehung der Polizei verzichtet. In der Schadensregulierung wendet der Haftpflichtversicherer nun trotz des Schuldanerkenntnisses ein Mitverschulden, jedenfalls aber die Mitverursachung aufgrund der vom Kfz ausgehenden Betriebsgefahr ein, sodass der Mandant zumindest den Unabwendbarkeitsnachweis nach § 17 Abs. 3 StVG führen müsste.

Hier kann es sinnvoll sein, auf eine Einbeziehung des Bekannten des Mandanten als Fahrer und Halter in die Klage zu verzichten und diesen stattdessen als Zeugen für das Unfallereignis und seine Alleinschuld zu benennen.

 

Hinweis

Beachtet werden muss allerdings, dass die Haftpflichtversicherungen nach ihren internen Bearbeitungsrichtlinien eine solche Vorgehensweise häufig als Indiz für ein fingiertes Unfallereignis heranziehen und mit entsprechenden Einwänden im Prozess gerechnet werden muss.

[36] Vgl. hierzu nachfolgend Rdn 642.

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