Rz. 66

Muss der Mandant befürchten, dass er seinen Prozess alleine deshalb verliert, weil er mangels hinreichender Beweismittel voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seinen Tatsachenvortrag und damit seinen Anspruch zu beweisen, sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, den Anspruch durch das Führen von Vergleichsgesprächen zumindest teilweise durchzusetzen.[30]

 

Rz. 67

Dabei muss berücksichtigt werden, dass für die Führung von Vergleichsgesprächen nicht allein die Beurteilung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der Beweislast und der zur Verfügung stehenden Beweismittel entscheidend ist. So stehen für die Mandanten wie für den Gegner neben rechtlichen Fragestellungen immer auch wirtschaftliche und persönliche Fragestellungen im Vordergrund. Es können daher trotz einer risikoreich zu beurteilenden Rechtsposition des Mandanten erfolgreiche Vergleichsgespräche geführt werden, wenn die Parteien das gemeinsame Ziel einer weiteren gemeinsamen Zusammenarbeit haben. Das Gleiche gilt, wenn besondere persönliche Verhältnisse etwa familiärer Art vorliegen oder besondere örtliche Verbindungen wie etwa die Nachbarschaft von Grundstücksbesitzern oder Wohnungseigentümern vorliegen. Erst recht gilt dies im Rahmen von Streitigkeiten über einzelne Aspekte von Dauerschuldverhältnissen, wenn das Dauerschuldverhältnis fortgesetzt werden soll.

 

Rz. 68

Für Vergleichsgespräche ist dabei vom Bevollmächtigten zu klären, ob es über den konkreten Streitgegenstand hinaus weitere klärungsbedürftige Aspekte gibt, die in die Vergleichsgespräche eingeführt werden können, sodass ein beiderseitiges Interesse am erfolgreichen Abschluss von Vergleichsgesprächen initiiert werden kann.

 

Rz. 69

Erachten Mandant und Bevollmächtigter das Prozessrisiko für zu groß und bieten sich keine Anhaltspunkte für die Aufnahme von Vergleichsgesprächen, muss erwogen werden, wie die Streitigkeit möglichst kostengünstig erledigt werden kann. So kommt aufseiten des anspruchstellenden Mandanten der Verzicht auf den Anspruch, die Klagerücknahme oder – nach mündlicher Verhandlung der Klageverzicht in Betracht. Auf der Passivseite ist die außergerichtliche Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs oder im gerichtlichen Verfahren das Anerkenntnis, die Erfüllung mit nachfolgender Erklärung der Erledigung der Hauptsache als in der Regel kostengünstigste Variante oder der Erlass eines Versäumnisurteils anzuraten,[31] auf dessen Grundlage auch ein Vollstreckungsvergleich geschlossen werden kann.

[30] Vgl. hierzu auch Goebel, Mangelnde Erfolgsaussichten: So führen Sie Vergleichsverhandlungen für den Beklagten, PA 2005, 109 sowie oben § 6 Rdn 1 ff.
[31] S. hierzu die Ausführungen in § 6 Rdn 1 ff.

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