Rz. 39

Beim Vorteilsausgleich schlagen insbesondere die Fahrtkostenersparnisse zu Buche. Berücksichtigt werden muss dabei auch, dass in nicht wenigen Fällen ein Arbeitnehmer mangels ausreichender Verkehrsverbindung mit dem öffentlichen Personennahverkehr auf sein Fahrzeug vollständig angewiesen ist. In diesem Fall sind nicht nur die Mehrkosten (vor allem Benzin und Öl) – wie bei den Heilbehandlungskosten[39] – anzusetzen, sondern es sind alle mit der Fahrzeughaltung verbundenen (auch festen) Kosten einschließlich der Abschreibung und Rücklage einzubeziehen.[40] Bei älteren Fahrzeugen ist der erhöhte Reparatur- und Ersatzbedarf zu berücksichtigen. Im Einzelfall (vor allem, wenn nur ein Fahrzeug in der Familie vorhanden ist) kann es gerechtfertigt erscheinen, die festen Kosten anteilig entsprechend der privaten und beruflichen Nutzung (km-Leistung) zu verteilen.

 

Rz. 40

Die steuerlichen Möglichkeiten (Werbungskosten jenseits der Arbeitnehmerpauschale (§ 9a Nr. 1 EStG; bis 31.12.2001 2.000 DM, ab 1.1.2002 1.044 EUR, ab 1.1.2004 920 EUR, ab 1.1.2011 1.000 EUR) sind zu berücksichtigen (Beispiel 4.3 siehe § 4 Rn 317).

 

Rz. 41

Die Aufwendungen für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind bislang steuerlich als Werbungskosten abzugsfähig (§ 9 I Nr. 4 EStG). Die Finanzverwaltung gewährt zur Abgeltung der Aufwendungen eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale:

Bis 2000 konnten 0,70 DM/km angesetzt werden, anschließend bis 2003 war die steuerliche Entfernungspauschale gestaffelt (für die ersten 10 km 0,36 EUR je Entfernungskilometer, für jeden weiteren km dann je 0,40 EUR/km), ab 2004 war die Entfernungspauschale auf 0,30 EUR/km ohne Staffelung gesenkt.
Seit 1.1.2007 stellen Aufwendungen für Fahrten von und zur Arbeitsstätte keine Werbungskosten mehr dar (§ 9 II 1 EStG);[41] nach § 9 II 2 EStG gilt erst ab dem 21. Entfernungskilometer eine Entfernungspauschale von 0,30 EUR/km.
Ab 24.4.2009[42] wurde die Entfernungspauschale ab dem 1. Kilometer wieder eingefügt (§ 9 I Nr. 4 EStG n.F.).
 

Rz. 42

Bei längerer Arbeitsunfähigkeit empfiehlt sich folgende Berechnung der Fahrtkosten

 
  tägliche Fahrtstrecke[43] * Arbeitstage pro Jahr[44] * Kostensatz pro km  
  365  
 

Rz. 43

Diese Formel ergibt die Durchschnittsersparnis pro Kalendertag und kann daher mit der Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage multipliziert werden.

 

Rz. 44

Ähnlich (Berechnung aufs Jahr, Rückrechnung auf den Kalendertag) sollte verfahren werden, wenn andere berufliche Aufwendungen entfallen.

[39] Im Rahmen der Heilbehandlung sind Fahrtkosten nur mit ihrem Mehraufwand für Benzin und Öl, nicht aber darüber hinaus anteilig mit den sonstigen festen Kosten der Fahrzeughaltung (z.B. Steuern und Versicherung) zu berücksichtigen: OLG Braunschweig v. 27.7.1990 – 2 U 22/90 – r+s 1990, 303 = r+s 1991, 199 (0,08 EUR/km); OLG Celle v. 30.1.1975 – 5 U 62/74 – DAR 1975, 269 = VersR 1976, 297 (nur Ls.); OLG Hamm v. 13.1.1992 – 13 U 118/91 – r+s 1993, 20 (0,15 EUR/km abzgl. Steuervorteil ["außergewöhnliche Belastung"] des Geschädigten bzw. dessen Eltern); OLG Oldenburg v. 13.6.1988 – 9 U 30/88 – r+s 1988, 85 (0,15 EUR/km); LG Koblenz v. 17.9.2001 – 5 O 264/97 – SP 2002, 91 (0,20 EUR/km).
[40] Beispielsweise veröffentlicht der ADAC in regelmäßigen Abständen Kostentabellen (siehe dazu http://­www.adac.de/_mmm/pdf/autokosten_grundlagen_47084.pdf; ferner www.adac.de/infotestrat/autodatenbank/­autokosten/autokosten-vergleich/default.aspx).
[41] Der BFH (Vorlagebeschluss v. 10.1.2008 – VI R 17/07 – BB 2008, 246 = BFHE 219, 358 = DAR 2008, 351 [nur Ls.] = DB 2008, 206 = DStR 2008, 188 = NJW 2008, 608 = NZA 2008, 632 und Vorlagebeschluss v. 10.1.2008 – VI R 7/07) hat dem BVerfG (– 2 BvL 1/08 und 2/08) die Frage vorgelegt, ob § 9 II 1 EStG i.d.F. des StÄndG 2007 insoweit mit dem GG vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Arbeitnehmers für seine Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte keine Werbungskosten sind und keine weiteren einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen ansonsten die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern.
[42] Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale (EPFG) v. 20.4.2009 BGBl I 2009, 774 m.W.v. 24.4.2009. Dazu BT-Drucks 16/12099 v. 3.3.2009 in Befolgung der Vorgabe des BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08 und 2 BvL 2/08 – BB 2008, 2768 = BVerfGE 122, 210 = DB 2008, 2803 = DÖV 2009, 169 = DVBl 2009, 111 = NJW 2009, 48.
[43] Zu beachten ist die Berücksichtigung von Hin- und Rückweg. Im Steuerrecht wird nur die einfache Entfernung zugrunde gelegt.
[44] 365 Kalendertage abzüglich 52 Wochenenden (104 Tage) abzüglich nicht auf einen Samstag oder Sonntag fallende Feiertage (zumeist 6 Feiertage) abzüglich Urlaubstage; i.d.R. kann man mit 225 – 230 Jahresarbeitstagen rechnen. Galt für den Verletzten keine 5-Tage-Arbeitswoche, ist die Formel entsprechend zu korrigieren.

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