Rz. 209

Bei Aufhebung und Zurückverweisung durch das Rechtsmittelgericht gilt zunächst § 21 Abs. 1 RVG. Das Verfahren nach Zurückverweisung ist eine neue Angelegenheit, allerdings mit der Maßgabe, dass die Verfahrensgebühr des vorangegangenen Verfahrens gem. Vorbem. 3 Abs. 6 VV auf die Verfahrensgebühr nach Zurückverweisung anzurechnen ist.

 

Rz. 210

Eine Besonderheit gilt in Verbundverfahren allerdings nach § 21 Abs. 2 RVG im Falle einer Zurückverweisung gem. § 146 FamG, also wenn

neben der Ehesache auch Folgesachen anhängig gemacht worden sind,
das Gericht den Scheidungsantrag abgewiesen hat und
das Rechtsmittelgericht den Scheidungsantrag für begründet hält und daher die Sache zurückverweist.
 

Rz. 211

Obwohl in diesem Fall die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 RVG erfüllt sind, findet diese Regelung nach § 21 Abs. 2 RVG keine Anwendung. Das Verfahren vor und nach Zurückverweisung gilt als eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG. Der Anwalt erhält die Gebühren daher insgesamt nur einmal. Allerdings kann sich der Wert des Verfahrens erhöhen, wenn nach Zurückverweisung noch weitere Folgesachen anhängig gemacht werden.[137]

 

Beispiel 117: Aufhebung und Zurückverweisung nach Zurückweisung des Scheidungsantrags

Das FamG weist den Scheidungsantrag (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR) zurück. Auf die Beschwerde hält das OLG den Scheidungsantrag für begründet und verweist die Sache an das FamG zurück.

Das Verfahren nach Zurückverweisung gilt gem. § 21 Abs. 2 RVG als dieselbe Angelegenheit. Die Gebühren vor dem FamG entstehen nur einmal.

 
I. Verfahren vor dem FamG
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   592,80 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   547,20 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.160,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   220,40 EUR
Gesamt   1.380,40 EUR
II. Beschwerdeverfahren
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   566,40 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   424,80 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.011,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   192,13 EUR
Gesamt   1.203,33 EUR
 

Rz. 212

Liegen zwischen dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens und der Zurückverweisung allerdings mehr als zwei Kalenderjahre, gilt nicht § 21 Abs. 2 RVG, sondern § 15 Abs. 5 S. 2 RVG, so dass dann alle Gebühren erneut entstehen.

 

Beispiel 118: Aufhebung und Zurückverweisung nach Ablauf von mehr als zwei Kalenderjahren

Das FamG hat den Scheidungsantrag im Dezember 2015 zurückgewiesen. Die Beschwerde zum OLG bleibt erfolglos. Hiergegen wird Rechtbeschwerde eingelegt. Der BGH hält den Scheidungsantrag für begründet und verweist im Januar 2018 die Sache an das FamG zurück.

Das Verfahren nach Zurückverweisung gilt gem. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG als neue Angelegenheit. Alle Gebühren entstehen erneut.

 
I. Ausgangsverfahren vor dem FamG
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   592,80 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   547,20 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.160,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   220,40 EUR
Gesamt   1.380,40 EUR
II. Beschwerdeverfahren
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   566,40 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   424,80 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.011,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   192,13 EUR
Gesamt   1.203,33 EUR
III. Rechtsbeschwerdeverfahren
1. 2,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3206, 3208 VV   814,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. 1,5-Terminsgebühr, Nr. 3210 VV   531,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.365,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   259,39 EUR
Gesamt   1.624,59 EUR
IV. Erneutes Verfahren vor dem FamG
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   592,80 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   547,20 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.160,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   220,40 EUR
Gesamt   1.380,40 EUR
 

Rz. 213

Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 RVG gilt nicht, wenn das Rechtsmittelgericht die Sache nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG zurückverweist. In diesem Fall bleibt es bei der allgemeinen Regelung des § 21 Abs. 1 RVG.

 

Beispiel 119: Aufhebung und Zurückverweisung wegen Verfahrensmangel

Das FamG weist den Scheidungsantrag ab (Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR). Das OLG hebt den Beschluss auf und verweist wegen eines schweren Verfahrensfehlers die Sache gem. § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG zurück.

Es gilt nicht § 21 Abs. 2 RVG, sondern § 21 Abs. 1 S. 1 RVG. Das Verfahren hinsichtlich der Ehesache ist eine neue Angelegenheit, so dass hieraus die Gebühren – vorbehaltlich der Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 6 VV – ern...

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