Rz. 226

Nach Art. 111 Abs. 5 FGG-ReformG ist auf alle Versorgungsausgleichsverfahren, für die nicht ohnehin schon Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG gilt, neues Recht anzuwenden, wenn über den Versorgungsausgleich nicht bis zum 31.8.2010 im ersten Rechtszug entschieden worden war.

 

Rz. 227

Im Gegensatz zu Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG sieht Art. 111 Abs. 5 FGG-ReformG nicht vor, dass der Versorgungsausgleich nunmehr zu einem selbstständigen Verfahren wird. Der Verbund bleibt in diesen Fällen also erhalten, so dass nur einheitlich abgerechnet werden darf.

 

Rz. 228

Die Vorschrift des Art. 111 Abs. 5 FGG-ReformG ordnet jedoch an, dass das Verfahren über den Versorgungsausgleich, wenn bis zum 31.8.2010 erstinstanzlich noch keine Entscheidung ergangen ist, fortan – also ab dem 1.9.2010 – nach neuem Recht behandelt wird. Das bedeutet nicht nur, dass neues Verfahrensrecht Anwendung findet, sondern auch, dass neues Kostenrecht gilt. Damit nicht genug: Art. 111 Abs. 5 FGG-ReformG ordnet darüber hinaus auch an, dass sich diese Wirkung nicht nur auf die Folgesache Versorgungsausgleich beschränkt, sondern sich auch auf die damit im Verbund stehende Ehesache und auch auf sämtliche Folgesachen erstreckt. Demzufolge ist also das gesamte Verbundverfahren nach neuem Recht und damit nach neuem Kostenrecht zu behandeln.

 

Rz. 229

Für die Gerichtsgebühren bedeutet dies, dass diese nach neuem Recht zu erheben sind, allerdings nach den Gebührenbeträgen i.d.F. bis zum 31.7.2013. Folglich gelten auch die Verfahrenswerte nach neuem Recht. Das gilt dann auch für den Anwalt.

 

Rz. 230

Soweit sich die Verfahrenswerte erhöht haben, ergeben sich für den Anwalt keine Probleme. Soweit sich die Werte verringert haben, dürfte die Sache beim Anwalt im Ergebnis auch unproblematisch sein, da aus § 15 Abs. 4 RVG der Grundsatz folgt, dass einmal verdiente Gebühren nicht nachträglich entfallen können. Gebühren, die nach einem früheren höheren Wert angefallen sind, müssen daher u.E. dem Anwalt erhalten bleiben.

 

Beispiel 127: Nicht entschiedener Versorgungsausgleich, Verfahrenswert erhöht sich

In dem 2008 eingeleiteten Scheidungsverbundverfahren (Wert: Ehesache 18.000,00 EUR) war nur der Versorgungsausgleich anhängig, jeweils eine gesetzliche Anrecht Ost und West und zwei Betriebsrenten. Das dreifache Nettoeinkommen der Eheleute belief sich bei Einreichung der Scheidung auf 18.000,00 EUR. Erst im Dezember 2014 wird verhandelt und über Scheidung und Versorgungsausgleich entschieden.

Nach Art. 111 Abs. 5 FGG-ReformG richtet sich jetzt der Wert für die Folgesache Versorgungsausgleich nach neuem Recht[140] und zieht damit auch die Ehesache und die übrigen Folgesachen, hier also die Folgesache Unterhalt mit sich.

Nach altem Recht wäre hier ein Wert von 2.000,00 EUR anzusetzen gewesen (§ 49 GKG a.F.). Nach neuem Recht gilt jedoch ein Wert von 6 x 10 % x 18.000,00 EUR = 10.800,00 EUR. Hier dürfte sogar an eine Anwendung des § 50 Abs. 3 FamGKG zu denken sein. Infolge der Anwendbarkeit des neuen Rechts entsteht jetzt zusätzlicher Aufwand für den Anwalt. Er musste gegebenenfalls bereits nach altem Recht den Versorgungsausgleich durchrechnen. Jetzt werden neue Auskünfte eingeholt. Es muss neu gerechnet werden. Dies könnte eine Erhöhung des Regelwerts von 10 % der Ehesache je Anrecht rechtfertigen. Hier soll vom Regelwert ausgegangen werden.

Da die Verfahrensgebühr des Anwalts mit jedem Betreiben des Geschäfts erneut ausgelöst wird, richten sich alle Gebühren nach dem höheren Wert.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   985,40 EUR
  (Wert: 28.800,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   909,60 EUR
  (Wert: 28.800,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.915,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   363,85 EUR
Gesamt   2.278,85 EUR
 

Beispiel 128: Nicht entschiedener Versorgungsausgleich, Verfahrenswert verringert sich

Wie vorangegangenes Beispiel 127; im Scheidungsverbundverfahren war auch die Folgesache Ehewohnung anhängig. Der Mietwert der Ehewohnung beläuft sich auf 700,00 EUR.

Nach altem Recht wäre hier ein Wert von 12 x 700,00 EUR = 8.400,00 EUR anzusetzen gewesen. Nach neuem Recht gilt jedoch nur der Regelwert von 4.000,00 EUR.

Für die Verfahrensgebühr ist daher in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 4 RVG von dem höheren Wert der Wohnungssache (8.400,00 EUR) auszugehen, so dass sich ein Wert in Höhe von 18.000,00 EUR + 10.800,00 EUR + 8.400,00 EUR = 37.200,00 EUR ergibt. Für die Terminsgebühr ist dagegen für die Ehewohnungssache nur der geringere Wert von 4.000,00 EUR zu berücksichtigten, so dass sich ein Wert in Höhe von 18.000,00 EUR + 10.800,00 EUR + 4.000,00 EUR = 32.800,00 EUR ergibt.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.172,60 EUR
  (Wert: 37.200,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   996,00 EUR
  (Wert: 32.800,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.188,60 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   415,83 EUR
Gesamt   2.604,43 EUR
[140] Allerdings hier noch nach den Beträg...

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