Rz. 1

Die rechtliche bisher ungeklärte Situation in Bezug auf den digitalen Nachlass, lässt den Ruf nach der Gestaltungspraxis lauter werden.[2] Tatsächlich bietet eine rechtzeitige Gestaltung bisher die einzige Möglichkeit, ein Mindestmaß an Rechtssicherheit zu erhalten.[3] Allein deshalb ist jeder Berater schon heute gehalten, den digitalen Nachlass in die Vermögensvorsorge mit einzubeziehen.[4]

Nach dem Stand der bisherigen Diskussion in der Literatur ist es unstreitig möglich, bindende Anordnungen für den Umgang mit dem digitalen Nachlass zu treffen.[5] Dafür kommen die allgemeinen Gestaltungsmittel in Betracht: Vereinbarungen mit den Vertragspartnern, (Vorsorge-)Vollmachten und letztwillige Verfügungen.

 

Rz. 2

Unterschiedlich beantwortet wird in der Literatur allerdings die Frage, was gilt, wenn keine Regelung vorliegt: Während die einen davon ausgehen, dass Bevollmächtigte und Erben an die Daten nur dann herankommen, wenn der Berechtigte dies in entsprechenden Verfügungen vorgesehen hat,[6] geht die Gegenansicht davon aus, dass eine Verfügung erforderlich ist, um die Daten vor Bevollmächtigten und/oder Erben geheim zu halten.[7] Schon dieser Befund zeigt, dass eine vorsorgende Gestaltung unerlässlich ist.

 

Rz. 3

Eine solche kann digitale Inhalte des Nachlasses der Verwaltung durch bestimmte Personen unterstellen oder bestimmten Personen – sei es durch Auflage, Vermächtnis oder Teilungsanordnung – i.R.d. Nachlassauseinandersetzung zuordnen. Durch – transmortale – (Vorsorge-)Vollmachten können bestimmte Personen benannt werden, die sich treuhänderisch für den Vollmachtgeber bzw. postmortal für dessen Erben um die Verwaltung der digitalen Inhalte kümmern. Letzteres kann auch durch Vereinbarungen mit den Anbietern geschehen. Individualvertragliche Vereinbarungen werden hier aufgrund der faktischen Gegebenheiten ausscheiden. Aber einige Provider sehen inzwischen Onlineformulare vor, mittels derer bestimmte Personen (wenn auch eingeschränkt) als Ansprechpartner vorgesehen werden können. Zu nennen wären hier etwa der "Kontoinaktivitätsmanager" von Google[8] oder der "Nachlasskontakt" bei Facebook.[9] All diese Mittel legitimieren Bevollmächtigte bzw. Rechtsnachfolger (oder Vertreter kraft Amtes) für den (späteren) Erblasser.

[2] Deusch, ZEV 2017, 399; Salomon, NotBZ 2016, 324, 330; Raude, RNotZ 2017, 17; dies., RNotZ 2017, 470, 471; Herzog, ErbR 2016, 173; Steiner/Holzer, ZEV 2015, 262, 265; Kutscher, S. 149 ff.
[3] Raude, RNotZ 2017, 17; Herzog, ErbR 2016, 173; Steiner/Holzer, ZEV 2015, 262, 265; Kutscher, S. 149 ff.
[4] So ruft Podzun in GWR 2016, 37 den "twitternden Anwalt" dazu auf, Vorsorgevollmachten für den digitalen Nachlass zu erstellen; auch nach Lange/Holtwiesche, ErbR 2016, 487, 491 "erscheint derzeit die Vollmachtlösung die noch am besten geeignete zu sein".
[5] Gloser, MittBayNot 2016, 101, 102; Hoeren, NJW 2005, 2113; Dopatka, NJW-aktuell 49/2010, 14, 15; Martini, JZ 2012, 1145, 1149, 1154; Taeger/Deusch, Tagungsband DSRI 2013, S. 429, 442; Brisch/Müller-ter Jung, CR 2013, 446, 448.
[6] Martini, JZ 2012, 1145, 1152. Dies führt die Argumentation, es seien auch Absenderrechte zu berücksichtigen, ad absurdum.
[7] Herzog, NJW 2013, 3747; Herzog, in: DAV-Stellungnahme Nr. 34/2013, S. 57; so auch Klas/Möhrke-Sobolewski, NJW 2015, 3473, 3476.
[8] https://support.google.com/accounts/answer/3036546?hl=de.
[9] https://www.facebook.com/help/1568013990080948.

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