Rz. 19

Die Vollmacht kann formfrei (Erst-Recht-Schluss aus § 167 Abs. 2 BGB) und auch konkludent erteilt werden. Eine wirksame Innenbevollmächtigung nach § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB wird man nach §§ 133, 157 BGB regelmäßig schon in der Bekanntgabe der Zugangsdaten an bestimmte Personen sehen müssen.[32] Erfasst ist das digitale Vermögen aber auch von einer allgemeinen Generalvollmacht.[33]

 

Rz. 20

Eine ausdrückliche Bevollmächtigung in Bezug auf digitale Lebensinhalte empfiehlt sich aber.[34] Diese kann als Spezialvollmacht oder im Rahmen einer General- oder Vorsorgevollmacht erfolgen.[35] Zur besseren Akzeptanz im Rechtsverkehr sollten die betroffenen digitalen Inhalte ausdrücklich genannt werden.

 

Rz. 21

Zu Beweiszwecken ist außerdem anzuraten, die Vollmacht zumindest schriftlich zu erteilen. Eine notarielle Beglaubigung hilft Streitigkeiten über die Echtheit der Unterschrift zu vermeiden.[36] Eine notarielle Beurkundung hat den Vorteil, dass Ausfertigungen in unbegrenzter Anzahl auch noch nach dem Eintritt der Geschäftsfähigkeit oder nach dem Tod erstellt werden können; manche Anbieter verlangen die Vorlage der Originale.[37]

Ein Passus i.R.e. Vorsorgevollmacht könnte etwa lauten:

 

Formulierungsbeispiel[38]

Diese Vorsorgevollmacht ermächtigt insbesondere auch zur Regelung, Abwicklung und Nutzung meines gesamten digitalen Vermögens und Lebensbereiches – gleich, ob die Inhalte geschäftlicher, vermögensrechtlicher, privater, höchstpersönlicher oder sonstiger Natur sind.

Dies erfasst insbesondere

alle Hard- und Software (ob auf einem PC, Tablett, Smartphone oder sonst),
E-Mails sowie E-Mail-Accounts und sonstige Accounts,
Homepage, Domains, Apps, Widgets und Ähnliches,
Access Provider Verträge und insgesamt sämtliche Zugänge und Verbindungen zum www, Clouds und sonstigen Netzwerken,
soziale Netzwerke[39] (gleich welchen Inhaltes) und Blogs,
Benutzer- oder Firmenprofile und Bewertungen,
Internetdepots, PayPal und sonstige Onlinezahlungsmittel (etwa Bitcoins, Onlinebanking) sowie Onlineabos wie bspw. bei […].
online verwahrte oder abrufbare Dokumente, Bilder oder Videos gleich welcher Art,
Onlinevertragsbeziehungen einschließlich Onlinekonten,
Onlineguthaben und Nutzungsrechte (z.B. über iTunes, Audible, Kindle oder ähnliches).

Die Vorsorgevollmacht berechtigt insbesondere

zur Nutzung von vorhandenen Passwörtern,
zur Geltendmachung von Auskunftsansprüchen gegenüber den Anbietern digitaler Nutzungen im Hinblick auf Passwörter und sonstiger Zugangsdaten sowie das Recht, diese zurückzusetzen bzw. zu erneuern und zur Entgegennahme der neuen Passwörter und Zugangsdaten,[40]
zur Geltendmachung sämtlicher Haupt- und Nebenrechte, die mir aus dem Vertrag zustehen, insbesondere auf Zugang zu und Herausgabe der Inhalte, die Entscheidung darüber, ob und welche Inhalte gelöscht werden und welche bestehen bleiben bzw. hinzugefügt werden, die Nutzung von Konten und Diensten sowie über die Kündigung inklusive der Abwicklung der Vertragsbeziehungen sowie der Herausgabe der Daten an den Vorsorgebevollmächtigten,
sowie generell zur Abgabe und Entgegennahme aller hiermit zusammenhängenden Willenserklärungen inklusive Neuverträgen und sonstiger Handlungen und Informationen.

Zu diesem Zweck befreie ich sämtliche Anbieter und sonstige Personen weitest möglich vom Telekommunikationsgeheimnis (insbesondere auch nach dem TKG) und sonstiger möglicher Geheimhaltungspflichten (etwa nach dem TMG, Datenschutzrecht oder den Gedanken des allgemeinen Persönlichkeitsrechts) gegenüber dem hier Bevollmächtigten.

 

Rz. 22

Im Innenverhältnis kann die Vollmacht mit Anweisungen zum Umgang mit dem digitalen Vermögen flankiert werden.[41] Das sollte, um eine Einschränkung der Vollmacht im Außenverhältnis zu vermeiden, in einem gesonderten Dokument geschehen. Jedenfalls darf eine Vorsorgevollmacht, weil sie dem Rechtsverkehr vorgelegt werden muss, keinerlei Zugangsdaten oder gar Passwörter enthalten.[42]

[32] Dies verstößt nicht gegen AGB, die eine Weitergabe an Dritte verbieten, siehe Rdn 7.
[33] Salomon, NotBZ 2016, 324, 330.
[34] Salomon, NotBZ 2016, 324, 330.
[35] Gloser, MittBayNot 2016, 101, 102; Raude, RNotZ 2017, 17, 24.
[36] Steiner/Holzer, ZEV 2015, 262, 265.
[37] Gloser, DNotZ 2015, 4, 8; Salomon, NotBZ 2016, 324, 331.
[38] Eine kürzere Fassung findet sich in NK-NachfolgeR/Herzog, Kap. 9 Rn 80.
[39] Zur rechtlichen Qualifikation Kutscher, S. 45; zum Umgang mit Social Media Daten Verstorbener Leeb, K & R 11/2014, S. 699.
[40] Eine Regelung zu Passwörtern aufzunehmen, empfiehlt explizit auch Salomon, NotBZ 2016, 324, 330.
[41] Steiner/Holzer, ZEV 2015, 262, 265 mit Formulierungsvorschlag; Salomon, NotBZ 2016, 324, 330 mit exemplarischen Beispielen.
[42] Raude, RNotZ 2017, 17, 25; Salomon, NotBZ 2016, 324, 328; zum Umgang mit Passwörtern siehe § 9 Rn 10 ff.

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