Rz. 16c

Der Unterhaltsberechtigte kann den Unterhaltsanspruch bis zu seinem fiktiven Ende ohne den Schadensfall geltend machen. Die Dauer des Anspruchs fällt deshalb unterschiedlich aus:

Beim Tod des Unterhaltsverpflichteten als Alleinverdiener:

Bis zum prognostizierten Lebensende des Unterhaltsverpflichteten. Dabei ist allerdings dessen konkreter Gesundheitszustand zu berücksichtigen.[30]
Bei Freiberuflern und Selbstständigen über das Lebensende des Unterhaltsverpflichteten hinaus, wenn der Getötete zur Bildung von Rücklagen unterhaltsrechtlich verpflichtet war, zu denen es infolge des Todes nicht mehr gekommen ist.[31]
Der fiktive Eintritt ins Rentenalter ist maßgeblich für das Ende der Unterhaltspflicht, wenn keine Altersvorsorge geleistet wurde.
Während der Dauer des Unterhaltsanspruchs bedarf es einer Anpassung des Unterhaltsanspruchs bei veränderten Einkommensverhältnissen.

Bei Kindern:

Bis zum Ende der Bedürftigkeit des Kindes gem. § 1602 BGB,
Im Zweifel bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres,

Praxis: Bis zum Zeitpunkt der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung

  • Grundsätzlich für eine Ausbildung
  • Kein Anspruch für Studium oder Fachabitur nach der Lehre
  • Kein Unterhaltsanspruch für eine Weiterbildung nach der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit
  • Ausnahme: Zweiter Bildungsweg, wenn:
  • Ausbildung wird abgebrochen, weil sie nicht den Fähigkeiten des Kindes entspricht[32]
  • Wenn der Ausbildungsgang Abitur-Lehre-Studium gewählt wird
  • Bachelor- und Masterstudium gelten als eine Ausbildung.[33]
 

Rz. 17

Die Ermittlung des Unterhaltsschadens ist ausgesprochen komplex. Der Anspruch setzt sich aus Barunterhalt und Naturalunterhalt zusammen. Für Ersteren wird im Ausgangspunkt auf das Nettoeinkommen abgestellt, für Letzteren auf die Haushaltsführung.

 

Rz. 18

Die Berechnung des Barunterhalts hängt von vielen Parametern ab.[34] Die Berechnung unterscheidet sich bereits danach, ob der Verstorbene Einzelverdiener war oder ob Doppelverdiener berücksichtigt werden müssen. Beim Tod eines Alleinverdieners ist wie folgt vorzugehen:

Ermittlung des Nettoeinkommens: Addition sämtlicher Gehaltsbestandteile, also

Weihnachts- und Urlaubsgeld, Überstundenvergütung, Treueprämien Aufwandsentschädigungen, die regelmäßig nicht komplett verbraucht werden,[35] Einkünfte aus Renten, z.B. Verletztenrente.[36]

Nicht zum Einkommen zählen:

  • Einkünfte aus illegalen/sittenwidrigen Geschäften (z.B. Schwarzarbeit),
  • Kindergeld und Arbeitnehmersparzulage, da es sich hierbei um staatliche Förderung und nicht um Gehalt handelt,[37]
  • Aufwandsentschädigungen, wenn ihnen tatsächliche Aufwendungen gegenüberstehen,[38]
  • Abzüglich Steuern und Sozialabgaben,
  • Bewertung der Mitarbeit im Familienbetrieb,[39]
  • Maßgeblich ist der Beitrag, den der Getötete zum Betriebsgewinn beigesteuert hat. Hierzu muss zunächst der Betriebsgewinn ermittelt werden. Vom Betriebsgewinn werden etwaige Rücklagen abgezogen (=Reingewinn). Der Reingewinn wird auf die Eheleute je nach Arbeitsleistung aufgeteilt,
  • Bewertung der Arbeitsleistungen des Getöteten am eigenen Haus.[40] Kosten für Instandsetzung und Erhaltung können geltend gemacht werden. Anspruch muss wegen § 844 BGB als Rentenanspruch (!) geltend gemacht werden. Kein Anspruch für Ausbau der Immobilie, da dies der Vermögensbildung dient,
  • Pauschaler Abschlag für das Risiko eines Arbeitsplatzverlustes.[41] Abzug kommt nur bei konkret nachgewiesenen Risiken in Betracht. Hierfür ist eine Prüfung der Erwerbsbiografie erforderlich. Ergibt sich hieraus kein Risiko, scheidet ein pauschaler Abschlag aus.

Abzug der fixen Kosten vom ermittelten Nettoeinkommen: Abzug sämtlicher Kosten, die zur Haushaltsführung erforderlich sind und die auch nach dem Schadenseintritt weiterlaufen. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Auflistung im nachfolgenden Mustertext verwiesen. U.a. sind folgende Besonderheiten zu beachten:

Darlehenszinsen für ein Eigenheim sind bis zu den fiktiven Mietkosten berücksichtigungsfähig,
Keine fixen Kosten sind Kosten für die Errichtung eines Eigenheims (Tilgungsleistungen) und Kosten für personengebundene Versicherung (z.B. Risikolebensversicherung),
Aber: Kosten für Kapitallebensversicherung sind als fixe Kosten zu berücksichtigen, wenn sie z.B. bei einem Selbstständigen der Altersabsicherung dienen,[42]
Mehrkosten für den Umzug in eine größere Wohnung können ausnahmsweise zu berücksichtigen sein,[43]
Reduzierung von Kosten ist zu berücksichtigen, z.B. für Umzug in kleinere Wohnung, Verkauf eines Zweitwagens,
Reduzierung von Schuldzinsen durch den Einsatz einer Lebensversicherungsleistung aus Anlass des Todes.[44]
Ermittlung des Unterhaltsanteils des/der Hinterbliebenen am verbleibenden Betrag: Die Düsseldorfer Tabelle findet hier keine Anwendung.[45] Vielmehr wird mit pauschalen Unterhaltsquoten gearbeitet.[46] Verstirbt der Ehemann, erhält die Witwe des Verstorbenen 50 % bei einer Berechnung ohne fixe Kosten und 45 % bei einer Berechnung mit fixen Kosten. Existiert ein Kind, erhalten ...

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