Rz. 2

§ 23 Abs. 3 RVG betrifft Fälle, in denen ein gerichtliches Verfahren nicht nur nicht stattfindet und nicht gewünscht ist, sondern nicht möglich ist.

 

Beispiel

Der Mandant möchte sich verheiraten und will einen Ehevertrag abschließen, in welchem der nacheheliche Unterhalt, das Güterrecht und der Versorgungsausgleich behandelt werden sollen.

Dabei stellen sich folgende Fragen:

Ist der nacheheliche Unterhalt nach § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. §§ 3551 Abs. 1 FamGKG mit dem Jahresbetrag anzusetzen oder nach § 23 Abs. 3 RVG i.V.m. § 52 GNotKG mit einem Vielfachen dieses Betrages zu bewerten?

Lösung: § 23 Abs. 3 RVG i.V.m. § 52 GNotKG.

Ist der güterrechtliche Teil mit einem irgendwie zu veranschlagenden Zugewinnausgleichsanspruch zu bewerten (§ 23 Abs. 1 RVG, § 42 Abs. 1, 3 FamGKG) oder gilt § 23 Abs. 3 RVG i.V.m. § 100 GNotKG, der das gegenwärtige Vermögen der Vertragsparteien zur Wertermittlung heranzieht?

Lösung: § 23 Abs. 3 RVG i.V.m. § 100 GNotKG.

Wonach schließlich richtet sich der Wert des Versorgungsausgleichs, nachdem im GNotKG eine eigene Wertbestimmung nicht vorgesehen ist?

Lösung: Schätzung nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG.

I. Zweck der Regelung

 

Rz. 3

Der Gesetzgeber will die Gegenstandswerte der gerichtlichen und außergerichtlichen Tätigkeit für Fälle harmonisieren, in denen die außergerichtliche Tätigkeit möglicherweise in eine gerichtliche Tätigkeit übergehen kann. Es sollen für solche Fälle keine unterschiedlichen Regeln gelten.[1] Die in § 23 Abs. 3 RVG angesprochene Rechtspflege betrifft demgemäß Fälle, in denen einseitige oder mehrseitige Rechtsgeschäfte vorgenommen werden, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Gemeint ist die sogenannte vorsorgende Tätigkeit. Es gibt z.B. keinen Rechtsanspruch auf Gütertrennung, auf Ausschluss oder Modifikationen des nachehelichen Unterhalts oder des Versorgungsausgleichs; es gibt auch keinen Rechtsanspruch auf die Errichtung von Testamenten oder Erbverträgen.[2] Nicht hierher gehören Verträge, durch die ein gegenwärtig schon bestehender Konflikt über Rechtsansprüche beseitigt werden soll. Der streitbeilegende Vertrag – insbesondere der Trennungs- und Scheidungsvertrag – wird nach § 23 Abs. 1 RVG bewertet.[3]

 

Rz. 4

Das Gesetz gibt diese Einteilung bereits vor, wenn es einerseits den Ehevertrag in § 1408 Abs. 1, 2 BGB für Güterrecht und Versorgungsausgleich regelt (vorsorgender Ehevertrag, § 23 Abs. 3 RVG) und andererseits die Verträge gem. § 1378 Abs. 3 S. 2 und §§ 6, 7 VersAusglG nennt (Konfliktlösungsverträge, § 23 Abs. 1 RVG). Für den Unterhalt ist nur § 1585c BGB vorhanden, der die Möglichkeit, den nachehelichen Unterhalt zu regeln, sowohl für vorsorgende als auch für konfliktbereinigende Verträge beinhaltet. Vorsorgende Verträge können vor der Heirat, aber auch während bestehender Ehe abgeschlossen werden, sei es im Hinblick darauf, dass ein Ehegatte eine Erbschaft macht, dass ein Schritt in die Selbstständigkeit unternommen werden soll, dass ein Ehevertrag die Voraussetzung für die Aufnahme in eine Gesellschaft ist, oder auch nur, dass Eheleute nach einer Ehekrise sich entschließen, sich die Ehe fortzusetzen, aber für "den Fall des Falles" eine ehevertragliche Regelung wünschen oder sei es nach der Trennung/Scheidung.

[1] Riedel/Sußbauer/Fraunholz, § 23 RVG Rn 11, 12.
[2] Es geht hier um die Errichtung des Vertrages, nicht etwa um spätere Klagen aus dem Vertrag, die selbstverständlich nach § 23 Abs. 1 RVG bewertet werden!
[3] Zutreffend Hartmann, § 23 RVG Rn 14; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, § 23 RVG Rn 12.

II. Umfang der Verweisung

 

Rz. 5

§ 23 Abs. 3 RVG verweist auf eine Reihe ausdrücklich genannter Bestimmungen und auf "die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes". Das GNotKG unterscheidet zwischen allgemeinen Wertvorschriften, besonderen Geschäftswertvorschriften und Bewertungsvorschriften. Die Bewertungsvorschriften sind die §§ 46 bis 54 GNotKG.

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