Rz. 54

Problematisch ist der Fall der "taktischen" Ausschlagung[105] eines erstberufenen Erben gemäß § 2306 Abs. 1 BGB zum Zwecke der Erlangung des Pflichtteils. Diese hat zur Folge, dass aufgrund der Ersatzerbeneinsetzung der Stamm des Ausschlagenden Erbe wird, wenn auch belastet mit der Pflichtteilslast gemäß § 2320 Abs. 2 BGB. Diese Rechtsfolge dürfte allerdings dem Willen des Erblassers grundsätzlich nicht entsprechen, sodass in der letztwilligen Verfügung eine so genannte Verwirkungsklausel aufzunehmen ist, mit dem Inhalt, dass ein den Pflichtteil verlangender Erbe mit seinem ganzen Stamm von der Erbfolge ausgeschlossen ist.[106]

 

Rz. 55

Die Rechtsprechung hat die tatsächliche Vermutung aufgestellt, dass ein den Pflichtteil verlangender Erbe mit seinem ganzen Stamm von der Erbfolge ausgeschlossen ist, falls ein Abkömmling die Erbschaft ausschlägt und seinen Pflichtteil verlangt. Dies gilt allerdings nur für die vermutete Ersatzerbenberufung gemäß § 2069 BGB, nicht dagegen für den Fall der ausdrücklichen Ersatzerbenberufung (vgl. Rdn 66 ff.). Die Ersatzerbenbestimmung sollte daher die Fälle des Wegfalls durch Ausschlagung und Pflichtteilsgeltendmachung ausdrücklich regeln.

 

Rz. 56

Muster 10.11: Ersatzerbenbestimmung der Abkömmlinge mit Verwirkungsklausel

 

Muster 10.11: Ersatzerbenbestimmung der Abkömmlinge mit Verwirkungsklausel

Für den Fall, dass einer der Erben vor oder nach dem Erbfall wegfällt, bestimme ich dessen Abkömmlinge zu Ersatzerben. Hinterlässt einer der Erben keine Abkömmlinge, so soll unter den übrigen Erben Anwachsung eintreten. Schlägt einer der Erben das ihm Zugewandte gegen den Willen des anderen Miterben aus, macht er seinen Pflichtteilsanspruch geltend, so ist er mit seinem ganzen Stamm von der Erbfolge einschließlich aller sonstigen zu seinen Gunsten angeordneten Verfügungen ausgeschlossen.[107]

[105] Kerscher/Tanck, ZAP 1997, 689.
[106] Für den Fall, dass ein Vorerbe die Erbschaft ausschlägt, vgl. OLG München FamRZ 2012, 106.
[107] Zur Frage, was unter einer Pflichtteilsgeltendmachung zu verstehen ist vgl. § 19 Rdn 122 ff.

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