Rz. 30

Als Zustellungsadressat, d.h. als Person, der das zuzustellende Schriftstück bekannt gemacht werden soll, kommen prozessfähige natürliche und juristische Personen in Betracht.

 

Rz. 31

Vom Adressaten zu unterscheiden sind mögliche andere Empfänger des zuzustellenden Schriftstückes. Adressat ist die Person, der das Schriftstück zugestellt werden soll. Empfänger ist die Person, die es tatsächlich entgegennimmt. Ob der Empfang des Schriftstückes durch eine andere Person als den Adressaten persönlich eine wirksame Zustellung darstellt, bestimmt sich danach, ob eine wirksame Ersatzzustellung vorliegt.[21]

 

Rz. 32

Der Rechtsanwalt muss besondere Sorgfalt darauf verwenden, die Person als Adressat zutreffend zu bezeichnen, d.h. die richtige Schreibweise des Namens wählen und die vollständige Bezeichnung der juristischen Person anbringen. Bei einer GmbH & Co. KG ist das Vertretungsverhältnis somit ausführlich darzustellen, im Einzelnen somit die Benennung der Komplementär-GmbH sowie deren Vertretungsverhältnisse.

 

Rz. 33

 

Hinweis

Dies gilt auch dann, wenn der Gegner anwaltlich vertreten ist. Hier überdeckt die Zustellung an den Bevollmächtigten die sich später in der Zwangsvollstreckung ergebenden Probleme, wenn der tatsächliche Adressat der Zustellung als Schuldner nicht hinreichend bestimmt bezeichnet war, etwa ein Angehöriger gleichen Namens existiert.

 

Rz. 34

Auch die Adresse muss zutreffend angegeben sein, damit später zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob eine wirksame Zustellung vorliegt. Auch bei einer Zustellung von Amts wegen gehen Mängel hier regelmäßig zulasten der Partei, da die Zustellung auf deren Angaben zum Adressaten, etwa die Bezeichnung in der Klageschrift, zurückgeht.

 

Rz. 35

 

Hinweis

Eine unrichtige Zustellung setzt keine Rechtsmittelfrist in Gang.

 

Rz. 36

 

Tipp

Eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt[22] oder dem Handels-[23] bzw. Gewerberegister[24] kann hier helfen, Zweifel aufzuklären. Dieser – sichere – Weg sollte insbesondere dann beschritten werden, wenn durch eine fehlerhafte Zustellung erhebliche Rechtsnachteile drohen, etwa die Verjährung eines Anspruchs. Dabei sollte die Klärung schon parallel zu anderen Maßnahmen, etwa einer letzten Mahnung erfolgen, damit spätere Zeitnachteile vermieden werden.

 

Rz. 37

Bei juristischen Personen ergibt sich aus § 170 Abs. 2 und 3 ZPO eine weitere Erleichterung. So genügt bei juristischen Personen auch die Zustellung an den "Leiter", d.h. eine Person, die – ohne zwingend auch gesetzlicher Vertreter zu sein – für die juristische Person handeln darf. Sind mehrere solcher Personen vorhanden, zum Beispiel mehrere alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer, genügt die Zustellung an eine von ihnen, § 171 Abs. 3 ZPO.

 

Rz. 38

Ist die Person, der das Schriftstück bekannt gegeben werden soll, nicht prozessfähig, so ist Adressat der Zustellung der gesetzliche Vertreter der nicht prozessfähigen Person.

 

Rz. 39

 

Hinweis

Dies bedeutet, dass nach § 170 Abs. 1 S. 1 ZPO der gesetzliche Vertreter auch als Adressat in der Zustellung zu bezeichnen ist. Ist die Zustellung an die nicht prozessfähige Person gerichtet, so ist diese nach § 170 Abs. 1 S. 2 ZPO unwirksam! Allerdings beschränkt der BGH dies auf die Fälle, in denen die Prozessunfähigkeit der Partei bekannt ist. Wird an eine als prozessfähig behandelte Partei zugestellt, die jedoch objektiv prozessunfähig ist, bleibt die Zustellung wirksam.[25] In diesen Fällen muss später mit der Nichtigkeitsklage die Unwirksamkeit des Titels geltend gemacht werden.[26] Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt ebenso in Betracht,[27] hilft aber in vielen Fällen nicht, weil die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO als absolute Sperre für die Wiedereinsetzung bereits abgelaufen ist.

 

Rz. 40

Als gesetzliche Vertreter einer prozessunfähigen, weil nicht geschäftsfähigen Partei kommen insbesondere[28] in Betracht:

die Eltern des minderjährigen Kindes (§ 1629 Abs. 1 S. 2 BGB);

 

Hinweis

Eine Zustellung unmittelbar an das minderjährige Kind als Adressat hat jedoch in den Fällen der §§ 112, 113 BGB zu erfolgen, da insoweit eine partielle Geschäftsfähigkeit und damit auch eine korrespondierende Prozessfähigkeit vorliegt.

der Betreuer einer nicht mehr geschäftsfähigen Person;

 

Hinweis

Betreuung bedeutet nicht automatisch Geschäftsunfähigkeit (vgl. § 1903 BGB).[29]

der Nachtragsliquidator einer gelöschten Aktiengesellschaft nach § 264 Abs. 2 S. 2 AktG;
der Nachtragsliquidator einer gelöschten GmbH nach § 66 Abs. 5 GmbHG;
der Geschäftsführer oder – sofern ein Geschäftsführer, nicht vorhanden ist – ein Gesellschafter einer GbR.[30]
 

Rz. 41

 

Tipp

Ist ein gesetzlicher Vertreter nicht vorhanden, so kann im gerichtlichen Verfahren nach § 57 ZPO auf Antrag[31] der klagenden Partei der Vorsitzende des Prozessgerichts einen Prozesspfleger bestellen, wenn sonst Gefahr in Verzug ist und deshalb ein Rechtsverlust droht. Anderenfalls muss sich der Kläger um die Bestellung eines Betreuers, Pflegers oder Nachtragsliquidators nach den besonderen Bestimmungen dieser V...

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