A. Vorbemerkung

 

Rz. 1

Die Versorgungsausgleichsentscheidung wird bezogen auf das Ehezeitende grds. unmittelbar im Zusammenhang mit der Scheidung getroffen. Sie wird mit der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bzw. der Rechtskraft der Scheidung wirksam (§§ 224 Abs. 1, 148 FamFG). Wird schon eine Rente bezogen, wird diese vom folgenden Monat an entsprechend gekürzt. Das kann für den Ausgleichspflichtigen, z.T. aber auch für den Ausgleichsberechtigten erhebliche Härte mit sich bringen, wenn ein Ausgleichspflichtiger eine spürbare Kürzung seiner Rentenansprüche hinnehmen muss, ohne dass sich andererseits wegen nach der Entscheidung eintretender Umstände der Erwerb eines selbstständigen Versicherungsschutzes (schon) angemessen für den Ausgleichsberechtigten auswirkt.

 

Rz. 2

Das BVerfG hatte schon zum Versorgungsausgleichsrecht in seiner ursprünglichen Fassung ausgesprochen, dass die Belastung mit dem Versorgungsausgleich jedenfalls dann eine verfassungswidrige Härte darstellt, wenn der aus dem Versorgungsausgleich Begünstigte aus dem Ausgleich endgültig oder noch keine Vorteile ziehen kann.[1] In einem derartigen Fall werde von dem Ausgleichspflichtigen ein Opfer verlangt, das nicht mehr dem Ausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten diene, sondern allein dem betroffenen Versorgungsträger zugute komme. Daraufhin schuf der Gesetzgeber die §§ 4 bis 9 VAHRG, welche es gestatteten, die Rechtsfolgen der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zeitweise oder endgültig zu beseitigen. Das frühere Recht sah das in zwei Fällen vor: Es gab die Anpassung wegen Unterhaltsleistung (§ 5 VAHRG a.F., sog. Unterhaltsprivileg) und die Anpassung wegen Todes (§ 4 VAHRG a.F.).

 

Rz. 3

Von der Abänderung unterscheiden sich die Fälle der Anpassung dadurch, dass es nicht um die Korrektur von Bewertungen oder der Einbeziehung von Anrechten geht, sondern um die Korrektur von Gerechtigkeitsdefiziten.[2]

 

Rz. 4

Die Voraussetzungen und Folgen der Anpassung haben sich ggü. dem früheren Rechtszustand z.T. erheblich geändert. Das war teilweise erforderlich, um die Anpassungstatbestände mit den Anforderungen der neuen Ausgleichsformen zu harmonisieren. Insoweit ist v.a. auf die Einführung des Anpassungsgrundes der Invalidität und der vorgezogenen Altersgrenze (§ 35 Vers­AusglG) hinzuweisen, der die Nachteile ausgleichen soll, die daraus entstehen, dass der Ausgleichspflichtige seine Anrechte zwar unmittelbar nach der Scheidung verliert, dafür aber u.U. nur Anrechte erwirbt, welche keine Absicherung gegen das Risiko Invalidität bieten oder eine andere (später liegende) Altersgrenze vorsehen, sodass er im Fall der Invalidität oder bei Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze aus seiner eigenen Versorgung nur reduzierte Leistungen erhielte, aus der ihm übertragenen Versorgung aber noch keine erhalten könnte. Völlig umgestaltet wurde auch die Anpassung wegen Todes (§ 37 VersAusglG), weil nun ein einzelrechtsbezogener Ausgleich stattfindet und der Ausgleichspflichtige durch die Anpassung nicht besser gestellt werden darf, als wenn kein Versorgungsausgleich stattgefunden hätte. Zum anderen wurden durch die Reform Korrekturen an den Anpassungstatbeständen vorgenommen, um zu weit gehende (so bei der Anpassung wegen Unterhaltsleistung) oder zu enge Voraussetzungen und Folgen zu korrigieren.

 

Rz. 5

 

Hinweis

Zu beachten ist, dass die Anpassung der Versorgungsausgleichsentscheidung nur in Bezug auf die in § 32 VersAusglG genannten Anrechte aus den Regelsicherungssystemen in Betracht kommt (zu Einzelheiten siehe Rdn 7 ff.). Von der Abänderung ausgeschlossen sind dagegen alle Anrechte aus betrieblichen oder aus privaten Versorgungssystemen. Das kann durchaus Härten mit sich bringen, die denen gleichen, welche das BVerfG ursprünglich bewogen haben, zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeit des Versorgungsausgleichs die Einführung der Anpassung zu verlangen. Die Begrenzung ist deswegen vielfach kritisiert worden.[3] Das BVerfG hat sie jedoch mittlerweile gebilligt.[4] Die Anpassungsmöglichkeit geht weit über das frühere Recht hinaus. Danach waren die §§ 4 bis 9 VAHRG nur bei einem Ausgleich durch Rentensplitting und Quasisplitting, analogem Quasisplitting (§ 10 VAHRG) oder erweitertem Splitting und Quasisplitting anwendbar, nicht aber bei einem Ausgleich durch Realteilung in Bezug auf die übertragenen privaten Anrechte. Insofern wurde die Anpassung bewusst den Versorgungsträgern überlassen.[5] Zu beachten ist aber, dass die Realteilung nach dem früheren Recht nur in viel selteneren Fällen zum Zuge kam: Während heute jedes private oder betriebliche Anrecht grds. durch die interne Teilung im Wertausgleich bei der Scheidung auszugleichen ist (vgl. §§ 10 f. VersAusglG), war das nach dem früheren Recht nur ausnahmsweise dann nötig, wenn nach der Gesamtsaldierung nicht genügend Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung zur Verfügung standen, sodass der Saldo nicht allein über diese Anrechte ausgeglichen werden konnte.

 

Rz. 6

Wegen der ...

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