Rz. 129

Muster 22: Umfassendes Aufklärungsschreiben an den Mandanten

 

Umfassendes Aufklärungsschreiben an den Mandanten

Frau

_________________________ (Geschädigte)

A-Straße 1

12345 Musterstadt

1.2.2017

Unser Zeichen: _________________________

Sehr geehrte Frau _________________________ (Geschädigte),

in Ihrer Unfallangelegenheit übersenden wir Ihnen in der Anlage eine Abfindungserklärung nebst Beiblatt der X-Versicherungs-AG vom 6.1.2017. Wie Sie der Abfindungserklärung entnehmen können, bietet der Kfz-Haftpflichtversicherer zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus dem Unfallereignis vom 31.3.2013 die Zahlung eines Betrages in Höhe von 180.000,00 EUR an, wobei bereits geleistete Zahlungen in Höhe von 106.000,00 EUR abzusetzen sind. Wir dürfen Sie bitten, die Abfindungserklärung sorgfältig und genau zu lesen.

I.

Im Einzelnen konnten mit dem Haftpflichtversicherer folgende Schadenspositionen als Ausgleich verhandelt werden:

 
1. Schmerzensgeld: 130.000,00 EUR
2. Haushaltsführungsschaden bis 31.3.2017: 10.000,00 EUR
3. Erwerbsschaden bis 31.3.2017: 24.905,82 EUR
4. vermehrte Bedürfnisse: 15.000,00 EUR
Insgesamt aufgerundet 180.000,00 EUR

II.

Wir möchten Sie an dieser Stelle darauf hinweisen, dass der Abschluss eines Abfindungsvergleiches mit nicht unerheblichen Risiken verbunden ist. Mit dem Abfindungsvergleich werden sämtliche Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 31.3.2013 bis zum 31.3.2017 abgefunden. Wir konnten mit dem Krafthaftpflichtversicherer davon zu Ihren Gunsten einige wichtige Ausnahmen verhandeln. Darauf möchten wir im Folgenden eingehen.

Mit der Zahlung von 130.000,00 EUR sind Ihre Schmerzensgeldansprüche für die Vergangenheit und Zukunft ausgeglichen. Davon ausgenommen sind solche Spätschäden, die aus heutiger Sicht medizinisch nicht vorhersehbar sind bzw. solche Verschlechterungen Ihres Gesundheitszustandes, die ebenfalls aus heutiger Sicht medizinisch nicht vorhersehbar sind. Insoweit nehmen wir Bezug auf das Gutachten des Universitätsklinikums Y vom 9.5.2016, Seite 15, aus dem sich ergibt, dass gesundheitliche Folgeschäden nicht vorhersehbar sind. Wenn diese also doch eintreten, dann sind Sie berechtigt, einen erneuten Schmerzensgeldanspruch gegenüber der X-Versicherung geltend zu machen.

Ihr Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens wurde aus dem Nettobetrag ermittelt. Damit sind Sie verpflichtet, diesen Zahlbetrag dem Finanzamt mitzuteilen und darauf Einkommensteuer zu zahlen. Ergänzend zum Regulierungsergebnis hat sich die X-Versicherung verpflichtet, den Einkommenssteuerbetrag, der auf diese Schadensersatzposition entfällt, dann ebenfalls an Sie auszukehren. Hierfür ist dann die Vorlage des Einkommensteuerbescheids erforderlich.

Mit der oben genannten Zahlung sind die Ansprüche auf den Haushaltsführungsschaden ebenfalls bis zum 31.3.2017 reguliert. Die weiteren Ansprüche ab 1.4.2017 werden Gegenstand gesonderter Verhandlungen sein. Hierbei ist dann insbesondere zu berücksichtigten, dass Sie eine eigene Wohnung mit Ihrem Lebensgefährten bewohnen und nicht mehr im Haushalt Ihrer Eltern mitversorgt werden.

Hinsichtlich sämtlicher materieller Schadensersatzansprüche, die nicht Gegenstand dieses Vergleiches sind (also z.B. weiterer Haushaltsführungsschaden, weitere Erwerbsschadensersatzansprüche, weitere Ansprüche auf Ersatz vermehrter Bedürfnisse, wozu insbesondere auch zukünftige Pflegeleistungen – soweit die Leistungen der Pflegekasse nicht ausreichen – zählen), wurde ein Verjährungsvorbehalt verhandelt. Danach hat die X-Versicherung erklärt, Sie mit Datum vom 6.1.2017 so zu stellen, als hätten Sie einen rechtskräftigen Feststellungstitel erwirkt. Das bedeutet, dass diese Ansprüche einer dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegen. Nach Ablauf von 29 Jahren sollten Sie sich also bitte mit der X-Versicherung oder deren Rechtsnachfolger in Verbindung setzen und die Verlängerung dieses Vorbehaltes fordern. Dies gilt ausnahmsweise in Ihrem Fall in Abweichung zur gesetzlichen Regelung in § 197 Abs. 2 BGB auch für die sogenannten wiederkehrenden Leistungen.

Fernerhin haben wir mit der X-Versicherung vereinbart, dass mit diesem Vergleich alle bestehenden und zukünftigen Ansprüche Ihrerseits, die auf Ihren Arbeitgeber, auf Sozialversicherungsträger und Sozialhilfeträger einschließlich der Bundesagentur für Arbeit und auf private Versicherer kraft Gesetzes schon übergegangen sind oder künftig übergehen werden, von der geschlossenen Vereinbarung unberührt bleiben und mit dem Abfindungsbetrag nicht abgegolten werden.

Das bedeutet, dass im Falle eines Regresses von Arbeitgeber, Sozialversicherungsträger, Sozialhilfeträger sowie privatem Versicherer gegen die X-Versicherung diese nicht einwenden darf, dass deren Ansprüche bereits mit der an Sie gezahlten Abfindungssumme ausgeglichen und abgefunden sind.

Alle anderen Schadensersatz- und Schmerzensgeldpositionen unter I., die nicht von diesen Vorbehalten erfasst sind, werden mit der Abfindungszahlung endgültig und unwiderruflich für die Vergangenheit und die Zukunft bzw. in de...

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