I. Einleitung

 

Rz. 130

Die überwiegende Anzahl der Angelegenheiten in der Personenschadensregulierung endet im außergerichtlichen Vergleich. Die außergerichtlichen Gebühren des Rechtsanwalts nehmen daher eine große Bedeutung ein. Die nachfolgenden Ausführungen sollen auf gebührenrechtliche Probleme hinweisen, die im Rahmen der Regulierung von Personenschäden immer wieder eine Rolle spielen.

 

Praxistipp

Generell kann gesagt werden, dass sich sowohl erfahrene Anwälte als auch Berufsanfänger mit dem Thema der Rechtanwaltsgebühren intensiv beschäftigen sollten, da je nach Gegenstandswert derselbe Fall durchaus 1.000 EUR bis 2.000 EUR mehr Gebühren einbringen kann, wenn die Rechtsprechung im Hinblick auf die einzelnen RVG-Tatbestände bekannt ist. In diesem Zusammenhang sollten auch Fortbildungsveranstaltungen zum Gebührenrecht immer wieder auf der Tagesordnung der Kanzleien stehen – sie werden sich sehr schnell in der Praxis bezahlt machen.

 

Praxistipp

Ferner empfiehlt es sich beim Abschluss eines Mandats – entweder in der Abfindungserklärung selber oder im Begleitschreiben an den Versicherer – die vereinbarten Parameter für das Rechtsanwaltshonorar mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer schriftlich festzuhalten, da so Streit über die Höhe der Vergütung vermieden werden kann. Dies gilt umso mehr, wenn es zum Sachbearbeiterwechsel auf Versichererseite kommt. Der neue Sachbearbeiter kennt die lediglich mündlich verhandelten Vereinbarungen zur Vergütung nicht und der Anwalt muss erneut in die Verhandlung um sein Honorar einsteigen.

II. Außergerichtliche Gebühren

1. Erstattbarkeit der Rechtsanwaltsgebühren

 

Rz. 131

Zunächst ist festzuhalten, dass der Anwalt einen Anspruch auf seine Vergütung in dem Moment erhält, in dem ein Vertrag zwischen ihm und seinem Mandanten geschlossen wird. Hierfür ist kein schriftlicher Vertrag notwendig, sondern es genügt auch ein mündlicher Abschluss. Allerdings wird der Mandant, der seinem Anwalt eine Unfallangelegenheit zur Regulierung überträgt, naturgemäß den Wunsch äußern, nicht selber die Gebühren tragen zu müssen, sondern diese von einem Dritten erstattet zu bekommen. Der Dritte ist in der Regel der Haftpflichtversicherer der Gegenseite. Insofern ist es wichtig zu wissen, dass die Anwaltskosten – auf der Basis des Erledigungswertes – grundsätzlich im Straßenverkehrshaftungsrecht von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zu ersetzen sind, da die Kosten der Rechtsverfolgung zum Schaden gehören. Dieses hat der BGH bereits 1970 (BGH VersR 1970, 41) entschieden. Nicht erforderlich ist es, den Haftpflichtversicherer zuvor in Verzug zu setzen.

 

Praxistipp

Diese Durchbrechung des Grundsatzes, dass die Kosten der Rechtsverfolgung nur ersetzt werden, wenn der Gegner zuvor in Verzug gesetzt wird, ist im Verkehrshaftpflichtrecht ein Vorteil, der nicht oft genug betont werden kann. Dies ist geradezu ein Marketinginstrument der Anwaltschaft. Von daher sollte es für alle Anwälte selbstverständlich sein, auf diese Besonderheit zugunsten des geschädigten Mandanten hinzuweisen.

 

Rz. 132

Es erklärt sich von selbst, dass diese Grundsätze nur dann gelten, wenn der Versicherer die Haftung wenigstens teilweise übernommen hat. Bei Teilregulierungen aufgrund eines Mitverschuldens des eigenen Mandanten übernimmt der Versicherer selbstverständlich nicht die gesamten Rechtsanwaltskosten, sondern nur in Höhe der Haftung seines Versicherungsnehmers.

 

Rz. 133

Der BGH hat bereits 1960 entschieden, dass diese Besonderheit in Verkehrsunfallsachen gerechtfertigt ist und der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit sofort einen Anwalt beauftragen darf (BGH VersR 1960, 1046). Dies ist in der Praxis auch gerechtfertigt, da in der Tat das gesamte Verkehrsunfallschadensrecht extrem kompliziert ist und der Geschädigte ohne anwaltliche Vertretung gegen das geballte Fachwissen der Versicherer keine Chance hat.

2. Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG

 

Rz. 134

Wenn der Mandant dem Rechtsanwalt den Auftrag – entweder schriftlich oder mündlich – erteilt, ihn außergerichtlich in einer zivilrechtlichen Verkehrsangelegenheit zu vertreten, entsteht die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Dabei handelt es sich um eine Rahmengebühr von 0,5 bis 2,5. Der alte § 118 BRAGO sah maximal eine 10/10 Gebühr vor. Allerdings ist die außergerichtliche Besprechungsgebühr, über die jahrelang Streit vor Gerichten herrschte, weggefallen, so dass die jetzige Erhöhung auf 2,5 gerechtfertigt ist und dem Umstand Rechnung trägt, dass eine Gebühr für die (fern-)mündliche Besprechung der Angelegenheit mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer von der Rahmengebühr zugleich miterfasst wird.

 

Rz. 135

Nr. 2300 VV RVG sieht vor, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies bemisst sich anhand der Kriterien des § 14 RVG wie folgt:

Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit,
Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers,
Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber.
 

Rz. 136

Nach § 14 Abs. 1 S. 2 RVG kann bei der Bemessung der Gebühr als weiterer Aspekt ein beson...

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