Rz. 28

Zunächst sollte die Mandantschaft danach befragt werden, ob der minderjährige Anspruchsteller unter Vormundschaft (§§ 1773–1895 BGB) oder unter Ergänzungspflegschaft (§§ 1909–1921 BGB) steht. In der Mehrzahl der Fälle, in denen der Geschädigte minderjährig ist und weder unter Ergänzungspflegschaft noch unter Vormundschaft steht, bedarf es jedoch keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Denn gemäß § 1626 Abs. 1 S. 2 BGB umfasst die elterliche Sorge sowohl die Sorge für die Person des Kindes als auch für das Vermögen des Kindes. Da das Kind von den Eltern gemeinschaftlich vertreten wird (§ 1629 Abs. 1 BGB), bedarf es der Unterschrift beider Elternteile zum Abschluss des Abfindungsvergleichs. Bei nichtehelichen Kindern obliegt das Sorgerecht in der Regel der Mutter (§ 1626a Abs. 3 BGB) und es bedarf lediglich ihrer Unterschrift, es sei denn, es liegt eine der Ausnahmen von § 1626 Abs. 1 oder 2 BGB vor. Hierzu ist die Mandantschaft zu befragen und die entsprechenden Dokumente sind zur Akte zu nehmen.

 

Praxistipp

Es empfiehlt sich, diese Unterlagen bereits zu Mandatsbeginn zu besorgen, in der Akte deutlich zu kennzeichnen und im Laufe der Mandatsbearbeitung fortlaufend zu aktualisieren.

 

Rz. 29

Dies bedeutet, dass in der Regel auch eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht erforderlich ist, wenn ein Abfindungsvergleich für Kinder geschlossen werden soll. Die Eltern sind in ihrer Vertretungsmacht allenfalls dann beschränkt, wenn der Abfindungsvergleich, evtl. aufgrund des Verzichts der Geltendmachung weiterer Ansprüche, im Einzelfall eine "Verfügung über sein Vermögen im Ganzen" nach §§ 1643, 1822 Nr. 1 BGB darstellt. Wenn der Vergleich Zukunftsschadensvorbehalte enthält, besteht diese Gefahr jedoch nicht.

 

Rz. 30

Selbst wenn das geschädigte Kind schwerstverletzt sein sollte und möglicherweise einen Millionenbetrag vom Versicherer bekommen sollte, bedarf es in aller Regel keiner Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. In der Vergangenheit wurden zwar Stimmen laut, dass hier eine Gesetzesänderung erforderlich sei, da es Fälle gab, in denen Eltern die geleisteten Abfindungsbeträge für sich verbraucht oder aber nicht ausreichend sicher für ihr Kind angelegt haben. Die aktuelle Gesetzeslage steht dem allerdings entgegen und die Eltern sind daher, auch wenn dies im Einzelfall zu Ungerechtigkeiten führen kann, nicht verpflichtet, eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einzuholen.

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