Rz. 19

Nach der Berücksichtigung des Versorgungsaspektes ist eine so genannte Stör- und Streitfallanalyse vorzunehmen. Der Berater spielt mit dem oder den Mandanten die nach dem Erbfall oder den Erbfällen eintretenden Situationen durch. Dabei bietet sich auch an, ein Generationengespräch mit den Abkömmlingen zu führen. Zu Lebzeiten des Erblassers kann Streit entstehen, entweder durch die Ungewissheit der erbrechtlichen Regelung oder aber durch die konkrete Kenntnis von einem bereits niedergelegten testamentarischen Willen. In der Regel ist es zu empfehlen, zwischen Eltern und Kindern ein so genanntes Generationengespräch zu führen. Am zweckmäßigsten tun dies die Eltern nach einer vorausgegangenen Rechtsberatung, wenn sie den rechtlichen Problembereich bereits aufbereitet haben. Dann sollten den Kindern die Wünsche und Vorstellungen der Eltern dargelegt werden.

 

Rz. 20

Im Mittelpunkt sollte das Interesse der Eltern nach Sicherheit, Liquidität und Versorgung stehen. In der Regel tun sich die Kinder schwer, sich spontan anzubieten, nötigenfalls durch eigenen Beitrag für Liquidität und Versorgung der Eltern zu sorgen. Die Eltern werden die Frage aufwerfen, welches Kind im Notfall einmal für sie sorgen wird. Dann wird sich erweisen, welches Kind bereit ist, für die Eltern spürbare Opfer zu bringen. Aus einem derart offen und ehrlich geführten Gespräch erwächst bei den Kindern oft erstmals ein Verständnis für die Schwierigkeit einer Gestaltung der Erbregelung aus der Sicht der Eltern. Die Eltern sehen aus der Reaktion der Kinder klarer, wie sie die eigene Vermögensnachfolge "gerecht" gestalten sollen.

 

Rz. 21

Im Einzelnen können die Eltern in einem solchen Gespräch auch erfahren, wie die Kinder wohl auf bestimmte erbrechtliche Regelungen reagieren werden, insbesondere ob die Kinder das ihnen in einer bestimmten Form zugedachte Erbe, beispielsweise mit einem Vermächtnis, einer Teilungsanordnung oder einer Testamentsvollstreckung belastet, annehmen oder ausschlagen werden. Die Eltern können dann besser abschätzen, ob die von ihnen vorgenommenen Erbeinsetzungen und Vermächtniszuwendungen auch tatsächlich so akzeptiert werden. So dient ein Generationengespräch in erster Linie zur maßgeblichen Orientierung, aber auch zur Beruhigung, zu Lebzeiten das Notwendige getan zu haben, um zu einer friedfertigen Regelung zu gelangen.

 

Rz. 22

Schließlich ist zu prüfen, in welcher Weise Streit unter den Erben/Bedachten nach Annahme der Erbschaft oder des Vermächtnisses auftreten kann. Unklarheiten über den Inhalt oder die Auslegung eines Testamentes sollten von vornherein nicht entstehen (vgl. § 3 Rdn 1 ff.). Fürsorglich sollte daran gedacht werden, im Testament einen Schiedsrichter zu bestellen. Das Risiko des Stör- oder Streitfalles kann vielfach auch dadurch minimiert oder ausgeschaltet werden, dass eine Testamentsvollstreckung mit den konkret benötigten Befugnissen angeordnet wird.

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