Rz. 79

Das Berufungsurteil hielt revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hatte im Ergebnis mit Recht einen auf Schmerzensgeld gerichteten Schadensersatzanspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt eines – durch den Tod des Tieres psychisch vermittelten – sogenannten Schockschadens verneint.

 

Rz. 80

Ein solcher Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1, § 11 S. 2, § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1, § 253 BGB wäre zwar, obwohl die Klägerin einen Gesundheitsschaden nur mittelbar als (psychische) Folge des tödlichen (Verkehrs-)Unfalls ihrer Hündin erlitten haben will, ein eigener Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung eines eigenen Rechtsguts. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt jedoch nicht jede psychisch vermittelte Beeinträchtigung der körperlichen Befindlichkeit, um einen Schadensersatzanspruch eines dadurch nur "mittelbar" Geschädigten im Falle der Tötung oder schweren Verletzung eines Dritten auszulösen. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, die Deliktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken. Deshalb setzt die Zurechnung psychischer Beeinträchtigungen wie Trauer und Schmerz nicht nur eine – hier zugunsten der Klägerin revisionsrechtlich zu unterstellende pathologisch fassbare – Gesundheitsbeschädigung voraus, sondern auch eine besondere personale Beziehung des solcherart "mittelbar" Geschädigten zu einem schwer verletzten oder getöteten Menschen. Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden.

 

Rz. 81

Aus den vorgenannten, die Schadensersatzpflicht bei Schockschäden eng umgrenzenden Grundsätzen ergibt sich bereits, dass eine von der Revision geforderte Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf psychisch vermittelte Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren nicht in Betracht kommt. Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber keinen Anlass für einen besonderen Schmerzensgeldanspruch des Tierhalters gesehen hat; die Verletzung oder Tötung von Tieren sollte den von der Rechtsprechung anerkannten Fällen von Schockschäden mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst dem Betroffenen nahestehenden Menschen nicht gleichgestellt werden (vgl. BT-Drucks 11/7369, S. 7).

 

Rz. 82

Derartige Beeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren, mögen sie auch als schwerwiegend empfunden werden und menschlich noch so verständlich erscheinen, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und vermögen damit Schmerzensgeldansprüche nicht zu begründen.

Die Revision beanstandete schließlich ohne Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge im Zusammenhang mit den geltend gemachten materiellen Schadensersatzansprüchen der Klägerin. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben.

 

Rz. 83

Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hielt das Berufungsurteil stand. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts sind gefahrerhöhende Umstände von beiden Seiten nicht bewiesen worden. Auf dieser Grundlage war es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung unter den besonderen Umständen des Streitfalles unter Berücksichtigung der Tiergefahr des freilaufenden Hundes einerseits und der Betriebsgefahr des Traktors andererseits zu einer hälftigen Schadensteilung gelangt war.

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