Rz. 404

Nach §§ 1356, 1360 BGB regeln die Eheleute Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit im wechselseitigen Einvernehmen.[278] Ihnen obliegt es, die mit der Haushaltsführung verbundenen Pflichten untereinander aufzuteilen. Der Ersatzanspruch des verletzten Ehepartners bestimmt sich in zwei Stufen:[279] Zunächst wird die Begrenzung auf den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personenkreis vorgenommen[280] und ­anschließend die diesem Kreis ohne die Verletzung (hypothetisch) erbrachte Leistung im Haushalt ermittelt.[281]

 

Rz. 405

Die interne Verteilung insbesondere der Haushaltsführung ist schadenersatzrechtlich dann zu korrigieren, wenn ein offensichtliches Missverhältnis vorliegt, das eine Korrektur als "überobligationsmäßig" erlaubt oder wenn der Gestaltungsspielraum nicht mehr mit dem Grundsatz der Angemessenheit in Einklang gebracht werden kann.[282]

 

Rz. 406

Die Verrentung eines Ehegatten kann zu einer Neuverteilung der Aufgaben im Haushalt führen.

 

Rz. 407

Wird ein den Haushalt führender Ehegatte (gleich ob Hausfrau oder Hausmann) verletzt, und kann er dadurch seiner familiären Unterhaltspflicht nicht mehr nachkommen, verliert er damit die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen Verwertung seiner Arbeitskraft. Die daraus entstehenden Nachteile sind dem Verletzten (und nicht dem mittelbar betroffenen Ehegatten) nach §§ 842, 843 BGB zu ersetzen:[283] Soweit die Haushaltsführung, als Beitrag zum Familienunterhalt, der Versorgung von Familienangehörigen dient, handelt es sich um einen Erwerbsschaden (§§ 842, 843 Abs. 1 1. Alt. BGB). Soweit die Eigenversorgung der verletzten Person (der Hausfrau, des Hausmanns) entfällt, resultiert der Anspruch aus § 843 Abs. 1 2. Alt. BGB (vermehrte Bedürfnisse).

 

Rz. 408

Die Aufteilung des Schadens in Mehrbedarf und Erwerbsschaden kann i.d.R. nach Kopfteilen der haushaltsangehörigen Personen vorgenommen werden.[284] Zur Schadenkongruenz siehe Rdn 423 ff.

 

Rz. 409

 

Beispiel 1.10

Eine Familie besteht aus 4 Personen: Mutter M, Vater V sowie die Kinder X und Y. M wird anlässlich eines von A verschuldeten Unfalles verletzt. Der monatliche Haushaltsführungsschaden beträgt 400 EUR.

Ergebnis

Von den Familienangehörigen erhalten 3 Personen (V, X und Y) Dienste der M. Soweit M ihrer Familie keine Dienste im Haushalt erbringen kann, beträgt der auf § 842 BGB gestützte Schadensersatzanspruch ¾ von 400 EUR (also 300 EUR).

Soweit die M sich zuvor selbst versorgen musste und dies jetzt nicht mehr kann, entstehen ihr durch das Schadenereignis vermehrte Bedürfnisse, so dass ihr ¼ von 400 EUR (also 100 EUR) nach § 843 BGB zu ersetzen sind.

 

Rz. 410

Das Verhältnis § 843 BGB zu § 842 BGB ändert sich im Laufe der Zeit (Rdn 419 f.).

[278] Ausführlich Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadenersatzrecht, 4. Aufl. 2015, § 8 Rn 13 ff.
[279] Dazu näher Jahnke, Versorgungsschaden in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach einem Unfall, NZV 2007, 329 (zu V. 2. b); ferner OLG Köln v. 12.12.2014 – 19 U 39/14 – BeckRS 2015, 10250 = NZV 2015, 505 (nur Ls.) = openJur 2015, 3548 = r+s 2015, 422 (nur Ls.) = SP 2016, 154 = VRR 2015, 2.
[280] Siehe: BGH v. 25.9.1973 – VI ZR 49/72 – BG 1974, 268 = MDR 1974, 302 = NJW 1974, 41, 640 = VersR 1974, 162 (zu II. 1. b); OLG Düsseldorf v. 12.6.2006 – I-1 U 241/05 – NJW-RR 2006, 1535 = NJW-Spezial 2006, 450 = NZV 2007, 40 = r+s 2006, 436; OLG Köln v. 12.12.2014 – 19 U 39/14 – BeckRS 2015, 10250 = NZV 2015, 505 (nur Ls.) = openJur 2015, 3548 = r+s 2015, 422 (nur Ls.) = SP 2016, 154 = VRR 2015, 2; OLG Nürnberg v. 10.6.2005 – 5 U 195/05 – DAR 2005, 629 = FamRZ 2005, 2069 (Anm. Löhnig) = HVBG-Info 2005, 939 = JurBüro 2006, 276 = MDR 2006, 93 = NJW-Spezial 2006, 210 (nur Ls.) = NZV 2006, 209 = OLGR 2005, 618 = r+s 2005, 440 = SP 2006, 132. Jahnke, Versorgungsschaden in der nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft nach einem Unfall, NZV 2007, 329 (zu V. 2. b) aa) m.w.N.).
[281] BGH v. 7.5.1974 – VI ZR 10/73 – NJW 1974, 1651 = VersR 1974, 1016; OLG Oldenburg v. 28.7.1992 – 5 U 32/92 – r+s 1993, 101.
[282] BGH v. 22.1.1985 – VI ZR 71/83 – VersR 1985, 365; OLG Bamberg v. 16.11.1982 – 5 U 90/82 – FamRZ 1983, 914 = zfs 1983, 295; OLG Köln v. 17.2.1989 – 20 U 37/87 – VersR 1990, 1285 (nur Ls.) = zfs 1991, 11 (BGH v. 20.3.1990 – VI ZR 127/89 – VersR 1990, 748 hat Revision teilweise nicht angenommen); OLG Zweibrücken v. 31.10.1988 – 1 W 48/88 – NJW-RR 1989, 479 = zfs 1989, 228.
[283] BGH v. 23.6.1998 – VI ZR 327/97 – DAR 1998, 447 = NZV 1998, 456 = SP 1999, 44 = VersR 1998, 1387; BGH v. 10.10.1989 – VI ZR 247/88 – r+s 1989, 399 = VersR 1989, 1273; OLG Karlsruhe v. 6.3.1992 – 9 U 189/91 – DAR 1993, 391.
[284] BGH v. 4.12.1984 – VI ZR 117/83 – MDR 1985, 660 = VersR 1985, 356.

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