Rz. 122

Inhalt und Umfang der Rechte und Pflichten des Sondernutzungsberechtigten können sich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung, im Normalfall (dingliches Sondernutzungsrecht) also aus der Teilungserklärung bzw. der entsprechenden Grundbucheintragung, ergeben. Ist dort nichts geregelt, gilt als Grundsatz, dass der Sondernutzungsberechtigte dieselben Rechte wie ein Sondereigentümer hat. Er kann mit der Sondernutzungsfläche also im Prinzip nach seinem Belieben verfahren, muss dabei aber deren in der Teilungserklärung verankerte Zweckbestimmung beachten.

 

Rz. 123

Bauliche Veränderungen sind ohne Beschluss nur zulässig, wenn sie "nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen werden und der Wohnungseigentumsanlage kein anderes Gepräge verleihen", wie z.B. die Errichtung einer Holzterrasse mit Begrenzungssteinen auf einer als "Terrasse" bezeichneten Sondernutzungsfläche.[168] Im Übrigen bedürfen Baumaßnahmen eines Gestattungsbeschlusses der Gemeinschaft; daran ändert das Sondernutzungsrecht an der betreffenden Fläche nichts. Das Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz rechtfertigt nicht die Errichtung eines Carports;[169] das Sondernutzungsrecht an einer Dachfläche nicht deren Ausbau als Dachterrasse;[170] das Sondernutzungsrecht an einem Dachboden nicht dessen Ausbau und Nutzung als Wohnraum;;[171] das Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche nicht die Aufstellung einer (mobilen) Holzterrasse[172] oder eines Geräteschuppens[173] und auch nicht die Anpflanzung oder das Fällen hoher Bäume (str.),[174] die Umgestaltung zur Terrasse durch Belegung der gesamten Fläche mit Platten,[175] die Errichtung einer Stützmauer und das Aufstellen von Pflanztrögen;[176] eine Sondernutzungsfläche mit der Zweckbestimmung "Terrasse und Ziergarten" nicht die Aufstellung eines (großen) Trampolins (str., jedenfalls einzelfallabhängig).[177]

 

Rz. 124

Hecken, Zäune, Mauern usw. zur Abgrenzung von Gartenflächen darf der Sondernutzungsberechtigte nach dem Vorgesagten ohne Beschluss setzen bzw. errichten, wenn sie nach dem Inhalt des Sondernutzungsrechts üblich sind; nach dem alten Recht wurde verlangt, dass die Maßnahmen keinen Nachteil i.S.v. §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG a.F. (jetzt § 20 Abs. 3 WEG (→ § 4 Rdn 100) darstellen. Faustregel für "Grenzanlagen": Nur unauffällige Maßnahmen bis ca. 1,50 m Höhe sind unproblematisch. Bäume und Sträucher dürfen etwas höher wachsen. Höhenbegrenzungen können als Gebrauchsregelung gem. § 19 Abs. 1 WEG beschlossen werden.[178] Außerdem gilt zwischen benachbarten Gartensondernutzungsflächen das jeweilige landesrechtliche Nachbarrecht entsprechend,[179] dessen Sonderregelungen für Abgrenzungen, Grenzabstände von Bäumen, Verjährung von Beseitigungsansprüchen usw. zu beachten sind.

 

Rz. 125

Gegen Störungen des Sondernutzungsrechtes stehen dem Sondernutzungsberechtigten dieselben Abwehransprüche (insbes. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gem. § 1004 BGB) wie einem Sondereigentümer zu, obwohl es sich bei den dem Sondernutzungsrecht unterfallenden Flächen oder Räumen formal betrachtet um Gemeinschaftseigentum handelt. Es besteht nicht etwa nach § 9a Abs. 2 WEG eine Wahrnehmungskompetenz der Gemeinschaft. Maßgeblich ist nämlich der Zuweisungsgehalt des Sondernutzungsrechts,[180] und dieses weist im Normalfall alle Rechte dem Sondernutzungsberechtigten zu.

 

Rz. 126

 

Beispiel zur Störungsabwehr

A und B haben benachbarte Gartensondernutzungsrechte. Nach der Teilungserklärung obliegt den Sondernutzungsberechtigten die Pflege ihrer Sondernutzungsflächen. B errichtet auf der Fläche des A eine kleine Mauer zur Abgrenzung. Außerdem kümmert sich B trotz Aufforderung nicht um den Rückschnitt seiner Bäume, die in den Garten des A hinüberwachsen, wo dieser schließlich die Zweige abschneidet. A verklagt B

a) auf Rückbau der Mauer und b) auf Zahlung von Aufwendungsersatz für den Rückschnitt.

Mit Erfolg!

a) Die Mauer stellt eine beeinträchtigende Störung der dem A zugewiesenen Fläche dar, deren Beseitigung A gem. §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB verlangen kann.[181]

b) A kann gem. §§ 812 Abs. 1 S. 1, 910 BGB Aufwendungsersatz für den Rückschnitt des Überhangs verlangen, weil das Selbsthilferecht der Grundstücksnachbarn auch im Verhältnis von Gartenflächen-Sondernutzungsberechtigten untereinander besteht.[182]

 

Rz. 127

Der Sondernutzungsberechtigte ist nicht "automatisch" zur Erhaltung "seiner" Sondernutzungsfläche berechtigt und verpflichtet. Bei der Begründung von Sondernutzungsrechten sollten diese deshalb stets mit der Übernahme der Erhaltungs- und Kostenlast verbunden werden. Soweit das nicht der Fall ist (Notarfehler), bleibt die Gemeinschaft zuständig.

 

Rz. 128

 

Beispiel: Erhaltung von Sondernutzungsflächen ohne Regelung in der GO

A hat das Sondernutzungsrecht an einer Gartenterrasse. Zur Erhaltung der Sondernutzungsfläche oder zu den damit verbundenen Kosten sagt die Gemeinschaftsordnung nichts. A verlangt von der Gemeinschaft regelmäßiges Rasenmähen. Oder umgekehrt: Die Gemeinschaft beschließt gegen ...

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