Nach § 91 Abs. 4 ZPO ist auch eine sog. Rückfestsetzung möglich, wenn der Kostenschuldner bereits Kosten gezahlt hat, später aber eine abändernde Kostenentscheidung ergeht. Nach § 91 Abs. 4 ZPO zählen zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO nämlich auch solche Kosten, die eine Partei der anderen Partei im Verlauf des Rechtsstreits gezahlt hat.[65]

Hatte der nach der vorläufigen Festsetzung erstattungspflichtige Schuldner die festgesetzten Kosten bereits gezahlt, kann er diese zurückverlangen, soweit sie nach der neuen Kostentscheidung nicht (mehr) geschuldet sind. Bedeutung hat diese Rückfestsetzung insbesondere in folgendem Fall: Aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils ist eine Kostenfestsetzung erfolgt. Das Urteil wird im weiteren Verlauf des Verfahrens (etwa im Nachverfahren oder im Verfahren nach einem Einspruch) oder in höherer Instanz (Berufung oder Revision) einschließlich der Kostenentscheidung abgeändert oder aufgehoben. So ist die frühere Kostenfestsetzung unzutreffend geworden. Gleiches gilt, wenn die Parteien im weiteren Verlauf des Verfahrens einen Vergleich mit einer abweichenden Kostenregelung geschlossen haben. Anlass zur Rückfestsetzung kann auch ein gerichtlicher Gesamtvergleich in einem anderen Verfahren sein, wenn dort auch die Kosten des betreffenden Verfahrens geregelt worden ist.[66]

Eine Rückfestsetzung kommt nur hinsichtlich der Kosten in Betracht, nicht hinsichtlich sonstiger gezahlter Beträge. Zinsen, die auf den später wirkungslos gewordenen ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss gezahlt worden sind, können ebenfalls rückfestgesetzt werden.[67] Die Partei, die Rückfestsetzung beantragt, muss Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO an den Gegner gezahlt haben. Unerheblich ist, welche Kosten sie hätte zahlen müssen.

Eine Rückfestsetzung kommt nur hinsichtlich der tatsächlich gezahlten Kosten in Betracht – unabhängig davon, ob die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt ist oder nicht.[68]

Eine Rückfestsetzung kommt auch gegen einen im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt in Betracht, der seine Gebühren aufgrund eines obsiegenden Urteils erster Instanz im eigenen Namen gemäß § 126 ZPO beigetrieben hat, wenn im höheren Rechtszug eine abweichende Kostenentscheidung ergeht.[69]

Die Rückfestsetzung erfolgt nur auf Antrag nach § 103 Abs. 1 ZPO. Gezahlte Beträge sind nur zu berücksichtigen, wenn sie unstreitig sind. Im Übrigen ist die Partei auf eine Zahlungsklage zu verweisen.

Eine Rückfestsetzung scheitert dagegen nicht, wenn der Gegner dem Rückzahlungsanspruch Einwendungen entgegensetzt, wie z.B. eine Aufrechnung. Dem unstreitigen Rückfestsetzungsanspruch können materiell-rechtliche Einwände grundsätzlich nicht entgegengehalten werden,[70] es sei denn sie sind unstreitig oder offenkundig. Daher setzt eine Aufrechnung gegen die nach § 91 Abs. 4 ZPO mögliche Rückfestsetzung von Kosten eine unstreitige Aufrechnungslage voraus.[71] Soweit einerseits gezahlte Kosten zurückzuzahlen, andererseits aber weitere Kosten des Gegners entstanden sind, können die jeweiligen Ansprüche nach § 106 ZPO ausgeglichen werden.

Das Gericht hat auf Antrag auszusprechen, dass die rückfestgesetzten Kosten nach § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO zu verzinsen sind.[72] Eine Verzinsung kann gemäß § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO erst ab Eingang des Rückfestsetzungsantrags verlangt werden.[73]

Da die Rückfestsetzung der einfachere und billigere Weg zur Erlangung eines Rückzahlungstitels ist, fehlt es für eine gleichgerichtete Zahlungsklage am Rechtsschutzbedürfnis, solange eine Rückfestsetzung nach § 91 Abs. 4 ZPO in Betracht kommt. Eine gleichwohl erhobene Klage ist unzulässig.[74] Aufgrund der Verweisung des § 107 Abs. 3 ZPO auf § 104 Abs. 3 ZPO ist eine Rückfestsetzung möglich. Soweit also der Kostenerstattungsschuldner aufgrund des vorherigen und im Rahmen der Neufestsetzung aufzuhebenden Kostenfestsetzungsbeschlusses zu viel gezahlt hat, kann die Überzahlung gegen den Kostenerstattungsberechtigten festgesetzt werden.[75]

Zu weiteren Einzelheiten siehe § 2 Erstattungs-ABC → Rückfestsetzung nach § 91 Abs. 4 ZPO → Rückfestsetzung nach § 107 Abs. 1 ZPO.

[65] OLG Düsseldorf AGS 2011, 409 = MDR 2011, 189 = JurBüro 2010, 649.
[66] OLG München JurBüro 2005, 598 = OLGR 2005, 817 = NJW-RR 2006, 72.
[67] OLG Zweibrücken JurBüro 2004, 657 = OLGR 2005, 94.
[68] OLG München JurBüro 2005, 598 = OLGR 2005, 817 = NJW-RR 2006, 72.
[69] OLG Hamburg AGS 2012, 79 = JurBüro 2012, 146 = FamRZ 2012, 736 = NJW-Spezial 2012, 92 = RVGreport 2012, 117.
[70] OLG Celle, Beschl. v. 21.9.2015 – 2 W 212/15; OLG München JurBüro 2005, 598 = OLGR 2005, 817 = NJW-RR 2006, 72; OLG Bamberg AGS 2012, 197 = JurBüro 2012, 198 = NJW-Spezial 2012, 156.
[71] OLG Frankfurt AGS 2008, 621 = OLGR 2007, 515 = JurBüro 2007, 366 = MDR 2007, 920 = RVGreport 2007, 394.
[72] OLG Zweibrücken JurBüro 2004, 657 = OLGR 2005, 94.
[73] OLG Koblenz AGS 2012, 198 = JurBüro 2012, 31 = MDR 2012, 51 = NJW-Spezial 2011, 701 = RVGreport 2012, 73.
[74] OLG Düsseldorf AGS 2011, 409 ...

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