Rz. 26

Während des Stillstands des Verfahrens kann auch durch übereinstimmende Erklärungen der Parteien vor dem Gericht erfolgen. Nach § 251 ZPO muss jedoch die Anordnung nach dem Antrag der Parteien zweckmäßig seien. Sofern das Verfahren eilbedürftig ist, scheidet damit das Ruhen des Verfahrens grundsätzlich aus.

Die Anordnung des Stillstandes erfolgt entweder formlos oder aber in Verbindung mit einer Terminsabsetzung nach § 227 ZPO per Beschluss.

Erst durch den Anordnungsbeschluss kommt es zur Unterbrechung prozessualer Fristen. Aus diesem Grunde ist höchste Vorsicht geboten.

Notfristen oder Rechtsmittel sowie Rechtsmittelbegründungsfristen laufen trotz Ruhen des Verfahrens weiter, da diese nicht der Parteidisposition unterliegen. Die Anordnung des Ruhens hat wegen § 251 S. 2 ZPO somit auf den Lauf der in § 233 ZPO bezeichneten Fristen keinen Einfluss.

Ansonsten kommt es zum Aufhören des Laufens einer jeden anderen Frist wie in § 249 Abs. 1 und 2 ZPO geregelt. Man entgeht somit einer Präklusion, weil die richterlichen Fristen nicht weiterlaufen und überwiegend in der Praxis nach Beendigung das Verfahren nach § 273 ZPO weitergeführt wird.[37]

 

Rz. 27

 

Hinweis

Vorsicht ist geboten, wenn trotz Ruhens eine Entscheidung des Gerichts ergeht.[38] Dies sollte umgehend angefochten werden, da sie andernfalls formell rechtskräftig wird.

 

Rz. 28

Des Weiteren ist § 204 Abs. 2 S. 2 BGB zu beachten, wonach die Hemmung der Verjährung sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle.

Kommen im Laufe des Prozesses die Parteien bzw. die Rechtsnachfolger überein, das Verfahren ruhen zu lassen, so ist dieses von beiden Parteien beim Gericht nach § 251 ZPO zu beantragen. Das Ruhen des Verfahrens wird nur vom Gericht angeordnet, wenn tatsächlich Vergleichsverhandlungen durchgeführt werden oder ein sonstiger wichtiger Grund vorliegt. Sofern man erkennt, dass die Vergleichsbereitschaft nur zwecks Vermeidung der Präklusion signalisiert wird, sollte einem Ruhen des Verfahrens nicht zugestimmt werden.[39]

Nach Ansicht der Rechtsprechung[40] kann anstelle eines beiderseitigen Antrags der Parteien auch von Amts wegen bei Vorliegen eines sonstigen wichtigen Grundes oder bei Schweben von Verhandlungen einseitig das Ruhen des Verfahrens angeordnet werden, sofern dies zweckmäßig ist.

 

Rz. 29

Ruht erst einmal das Verfahren, kann es nach einem einseitigen Parteiantrag wieder aufgenommen werden.[41] Wie bei § 250 ZPO ist die Zustellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes erforderlich. Das Gericht nimmt ein ruhendes Verfahren nicht von Amts wegen auf, sofern nicht ein Fehler bei der Anordnung erfolgt ist.[42]

Nach § 251 Abs. 2 ZPO a.F. konnte früher das Verfahren nur mit Zustimmung des Gerichts vor Ablauf von drei Monaten seit Verkündung oder Mitteilung der Ruhensanordnung aufgenommen werden. Durch die ZPO-Reform ist Abs. 2 und diese dreimonatige Sperrfrist entfallen.

Ein wichtiger Aufnahmegrund ist nach der Neuregelung ebenfalls nicht mehr notwendig. Der Aufnahmeantrag muss nicht begründet sein. Dennoch ist zweckmäßig, einen wichtigen Grund darzulegen, wie z.B. das endgültige Scheitern von außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen.

Sieht das Gericht im Antrag auf Aufnahme einen bloßen Rechtsmissbrauch, kann es ohne weiteres auch ohne Anhörung des Gegners einfach den Antrag ablehnen.

 

Rz. 30

Vor der Aufnahmeerklärung ist ansonsten der Gegner zum Antrag zu hören. Seine Zustimmung ist nicht erforderlich. Insofern bleibt ihm lediglich die Möglichkeit zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrages vorzutragen.

Bis zum Beschluss über die Wiederaufnahme ruht weiterhin das Verfahren. Das Gericht hat dann unverzüglich wegen § 216 ZPO einen neuen Termin auf den nächsten freien Sitzungstag zu bestimmen.

Gegen die Ablehnung des Antrages auf Wiederaufnahme findet die sofortige Beschwerde nach § 252 ZPO statt.[43]

Gegen die Ablehnung des Ruhens des Verfahrens ist nach § 252 ZPO die sofortige Beschwerde einzulegen.

Gegen die Anordnung des Ruhens des Verfahrens soll nach einer Ansicht kein Rechtsbehelf möglich sein, da die Anordnung einen übereinstimmenden beiderseitigen Antrag der Parteien voraussetzt und somit keine Beschwer gegeben sei.[44] Dieser Ansicht ist zuzustimmen, mit der Maßgabe, dass jedoch dann eine sofortige Beschwerde zulässig ist, wenn das Gericht einseitig das Ruhen des Verfahrens von Amts wegen bestimmt hat.

Nach anderer Ansicht gilt hier ebenfalls § 252 ZPO.[45]

[37] Oberheim, S. 289.
[38] Zöller/Greger, § 251 Rn 1.
[39] So insbesondere Oberheim, S. 289.
[40] AG Königstein NJW 2003, 1955; ferner: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 251 Rn 5.
[41] OLG Köln NJW 2003, 689.
[42] Dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 251 Rn 10 f.
[43] Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 251 Rn 11; OLG Köln FamRZ 2003, 689.
[44] So Zöller/Greger, § 251 Rn 5.
[45] Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 251 Rn 30 und § 252 Rn 4; Saenger/Wöstmann, § 252 Rn 1.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge