Rz. 1

Der elektronische Rechtsverkehr betrifft einerseits die sichere, rechtsverbindliche, gegenseitige elektronische Kommunikation zwischen Verfahrensbeteiligten und den Gerichten. Er umfasst andererseits aber auch die gerichtsinterne elektronische Sachbearbeitung und die elektronische Aktenführung bis hin zur elektronischen Archivierung. Zahlreiche Gesetze machen die Bestrebungen des Gesetzgebers zur flächendeckenden Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in Deutschland deutlich.

 

Rz. 2

Durch das Zustellungsrechts-Reformgesetz[1] und das Formvorschriftenanpassungsgesetz[2] wurden schon seit 2001 erste Schritte zu einer Öffnung der Justiz für den elektronischen Rechtsverkehr unternommen. Mit dem Justizkommunikationsgesetz[3] wurden die Bestrebungen fortgesetzt. Zudem wurde hierdurch auch die gesetzliche Grundlage zur Führung elektronischer Verfahrensakten in der Justiz geschaffen.

 

Rz. 3

Nach Art. 91c GG können Bund und Länder bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung benötigten informationstechnischen Systeme zusammenwirken. In Ausgestaltung des Art. 91c GG haben Bund und Länder mit Staatsvertrag die Regeln der Zusammenarbeit näher festgelegt und den IT-Planungsrat mit der wesentlichen Koordination beauftragt.[4] Der E-Justice-Rat[5] tritt für die Justiz in Bund und Ländern neben den IT-Planungsrat. Er koordiniert die übergreifenden Aufgaben bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung notwendigen informationstechnischen Systeme, um die Unabhängigkeit im Bereich der justiziellen IT zu gewährleisten. Die Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz (BLK) ist seit 2012 eine ständige Arbeitsgruppe des E-Justice-Rats.[6]

 

Rz. 4

Ein sehr wichtiges Ziel bei der Entwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs ist die Vermeidung einer Hersteller- oder Produktabhängigkeit. Nach der Leitlinie der BLK (Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz) werden die IT-Standards (z.B. für interoperable Produkte zur elektronischen Signatur, Standards für sichere Übertragungen) in einem ständigen Prozess in den zuständigen Gremien fortentwickelt. Dabei wird darauf hingewiesen, dass es endgültige Festlegungen in absehbarerer Zeit am Markt nicht geben wird. Eine wesentliche Rationalisierungschance durch den elektronischen Rechtsverkehr wird dabei "in der möglichen Datenübernahme aus den Schriftsätzen der Parteien in das gerichtliche Schreibwerk sowie in der vereinfachten Auswertung und Aufbereitung strukturierter Eingaben" gesehen.[7]

 

Rz. 5

Unter https://justiz.de findet man das gemeinsame Registerportal der Länder. Hier kann man unter dem Button "Online-Dienste" zahlreiche Online-Plattformen aufsuchen, um dort kostenfreie und ggf. auch kostenpflichtige Informationen zu erhalten.

Aber auch weitere Portale bieten diverse Online-Dienste an, nur beispielhaft seien (nicht abschließend) aufgezählt:

Über https://www.unternehmensregister.de/ureg/ findet man alle wichtigen veröffentlichungspflichtigen Daten über Unternehmen und hat Zugriff auf das elektronische Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister.
Zentrales Handelsregister (https://www.handelsregister.de/rp_web/welcome.do); auf dieser Seite findet man Handels-, Genossenschafts- oder Partnerschaftsregister sowie zum Teil die Vereinsregister aller Bundesländer nebst Registerbekanntmachungen (Veröffentlichungen).
Zentrales Vorsorgeregister (https://www.vorsorgeregister.de), das Registrierungsstelle für private sowie notarielle Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen aus dem gesamten Bundesgebiet ist.
Zentrales Testamentsregister (https://www.testamentsregister.de), das von der Bundesnotarkammer geführt wird (seit 1.1.2012) und Verwahrangaben zu sämtlichen erbfolgerelevanten Urkunden, die vom Notar errichtet werden oder in gerichtliche Verwahrung gelangen, enthält.
Einwohnermeldeamt-Anfragen über https://www.zemaonline.de (Power-User wie z.B. Anwaltskanzleien) (ZEMA = zentrale einfache Melderegisterauskunft); für die Nutzung als Power-User ist ein Vertrag mit der AKDB (Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern) erforderlich; abgerufen werden können z.B. die Datenbestände aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, NRW und Schleswig-Holstein.
Schuldnerverzeichnisabfragen über https://www.vollstreckungsportal.de.

Daneben gibt es heute schon viele weitere Möglichkeiten zur elektronischen Kommunikation mit Justizbehörden.

 

Rz. 6

Die elektronische Archivierung sollte u.a. dadurch gefördert werden, dass eine neue Beweisvorschrift geschaffen wurde, die dem Scan-Produkt einer öffentlichen Urkunde einen höheren Beweiswert als bisher verleiht, vgl. nur beispielhaft § 371a ZPO. Zum rechtssicheren ersetzenden Scannen siehe auch § 23 Rdn 1 ff. dieses Werks.

 

Rz. 7

Da sich nicht nur die Justizbehörden, sondern auch die Anwaltschaft mit der Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) in der Praxis schwertaten, verabschiedete der Ge...

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