Rz. 450

Wie erwähnt, ist in allen Fällen eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen, deren Höhe von der Restdauer der verbleibenden Zinsfestschreibung und der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Zins und dem aktuellen Marktzins abhängt. Die Vorfälligkeitsentschädigung unterliegt bei Immobilienkrediten nicht den Regeln des § 502 BGB, wie sich aus § 503 Abs. 1 BGB ergibt.

Die vorzeitige Ablösung eines Immobilienkredites mit Festzinsvereinbarung dient dem Ausgleich des Nachteils, der der finanzierende Bank durch die Nichtabnahme des Darlehens oder seine vorzeitige Ablösung entsteht. Dabei ist die Kreditgeberin in der Berechnung nicht etwa frei, sondern sie hat sich entweder der Aktiv/Aktiv-Methode oder der Aktiv/Passiv-Methode zu bedienen.[317]

[317] Erne in Claussen, § 5 Rn 27e, BGH – XI ZR 197/96, BGH – XI 267/96, heute geregelt durch § 490 Abs. 2 BGB.

a) Aktiv/Passiv-Methode

 

Rz. 451

Die Differenz zwischen Vertragszins und Wiederanlagezins ist festzustellen.
Kürzung der wie oben gebildeten Differenz um die Risikokosten, da Wiederanlagen in festverzinslichen Wertpapieren i.d.R. ein geringeres Risiko aufweisen, als eine Kreditvergabe.
Die planmäßige Tilgung ist bei der Berechnung einzubeziehen, denn der um die regelmäßigen Tilgungen verminderte Restschuldbetrag führt zugleich in jeder Periode Monat oder Quartal) zu einem jeweils niedrigeren Zinsanspruch.
Die wie oben berechneten Zinsverluste sind auf den Tag der vorzeitigen Rückzahlung abzuzinsen.
Ein angemessenes Bearbeitungsentgelt für den erzeugten Verwaltungsaufwand ist zulässig,[318] anderer Ansicht ist allerdings das OLG Frankfurt/M für pauschalierte Bearbeitungsentgelte.[319]
[318] Darstellung nach BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), www.bafin.de, BGH NJW 2005, 751 f.
[319] OLG Frankfurt – 23 U/50/12 vom 18.4.2013.

b) Aktiv/Aktiv-Methode

 

Rz. 452

Feststellung der Differenz zwischen Vertragszins und aktuellem Zinssatz für Immobiliendarlehen mit identischer Restlaufzeit.
Methodik: Gegenüberstellung eines hypothetisch neu ausgereichten Darlehens mit dem bestehenden Darlehen bei identischer (Rest-)Laufzeit (Zinsverschlechterungsschaden). Letzterer fällt entsprechend hoch aus, wenn die Bank die vorzeitig zurückgezahlten Mittel, die sie ja am Kapitalmarkt seinerzeit eingekauft hat, nur noch zu einem deutlich niedrigeren Zinssatz wieder ausleihen kann.
Berechnung des entgangenen Gewinns aus dem vorzeitig beendeten Darlehen durch Feststellung der Differenz zwischen Geldeinkauf durch Emission von Wertpapieren und Geldausleihung an den Darlehensnehmer (Zinsmargenschaden).
Abzug der ersparten Verwaltungsaufwendungen vom Zinsmargenschaden.
Zu einem Bearbeitungsentgelt siehe schon oben, Aktiv/Passiv-Methode (siehe Rn 451).
 

Rz. 453

Wer die Option einer Ablösung durch eine andere Bank wählt, sollte taktisch sinnvoll vorgehen und sich bei bestehenden Festzinsvereinbarungen zunächst das Vorfälligkeitsentgelt von der bisherigen Bank unverbindlich ausrechnen lassen. Im Zweifel besteht nicht nur die Notwendigkeit, die Altverbindlichkeit abzulösen, sondern u.U. auch noch einen Abfindungsbetrag für den anderen Ehegatten zur endgültigen Abgeltung des Zugewinns im Rahmen der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung sowie die Vorfälligkeitsentschädigung der bisherigen Bank mit zu sowie einige Sanierungsarbeiten finanzieren.

Die spätere Beantragung einer Nachfinanzierung nach zunächst nicht vollständig durchdachter Ablösungsfinanzierung macht keinen guten Eindruck bei der neuen Bank und führt im Zweifel zu ungünstigeren Darlehenskonditionen (Nachrangfinanzierung). Die Überlegungen, ob und in wie weit neben der reinen Darlehensablösung noch andere Positionen wie eine Abfindung für den anderen Ehepartner oder Modernisierungsarbeiten neu finanziert werden können, hängt selbstverständlich von der Bonität des übernehmenden Ehegatten und dem Objektwert ab, wie eingangs dargestellt.

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