Rz. 223

Nach § 1666 BGB getroffene Maßnahmen können durch das Familiengericht jederzeit von Amts wegen geändert werden, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist, § 1696 Abs. 2 BGB (siehe dazu § 3 Rdn 30 ff.).[846] Denkbar ist eine gänzliche Aufhebung oder eine Modifizierung, wenn oder soweit eine Gefahr für das Kindeswohl nicht mehr besteht.[847] Bei diesem Abänderungsverfahren handelt es sich um ein selbstständiges Verfahren, bei dem die sachliche und örtliche Zuständigkeit neu zu bestimmen ist.[848]

 

Rz. 224

Bei vorangegangenem Entzug der Sorge kann die angeordnete Vormundschaft oder Pflegschaft nur aufrechterhalten werden, wenn zu befürchten ist, dass die Rückübertragung der Sorge auf die Eltern oder einen Elternteil eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes zur Folge hätte. Der Eingriff in das Elternrecht kann nicht deshalb bestehen bleiben, weil dies dem Wohl des Kindes am besten entsprechen würde.[849] Selbst einer nicht optimalen Elternbetreuung ist stets der Vorrang zu geben,[850] weil ein Kind keinen Anspruch auf bestmögliche Eltern, sondern nur darauf hat, dass diese ihr Kind nicht gefährden.[851] Deswegen muss die Rückführungsperspektive grundsätzlich offengehalten und an einer (Wieder-)Befähigung der Eltern gearbeitet werden (siehe dazu auch § 4 Rdn 23).[852] Dies ist eine öffentliche Aufgabe, die das Jugendamt verpflichtet. Bei einer persönlichen Entwicklung auf Seiten der Eltern kann etwa die Anordnung einer Pflegschaft mit dem Wirkungskreis der Überwachung von Betreuungs- und Versorgungsmaßnahmen ausreichend sein.[853] Außerdem ist auf regelmäßige Umgangskontakte der Eltern zu ihrem Kind zu achten, und zwar auch im Falle der Dauerpflege.[854]

 

Rz. 225

Verfahrensrechtliches Pendant zu § 1696 Abs. 2 BGB ist § 166 Abs. 2 und 3 FamFG. Nach § 166 Abs. 2 FamFG hat das Gericht eine länger dauernde kindesschutzrechtliche Maßnahme in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen. § 166 Abs. 3 FamFG verpflichtet das Familiengericht, das von einer solchen Maßnahme abgesehen hat, dazu, diese Entscheidung in einem angemessenen Zeitabstand – in der Regel nach drei Monaten – zu überprüfen (siehe dazu § 3 Rdn 32).

[846] Siehe dazu BGH, Beschl. v. 6.7.2016 – XII ZB 47/15, juris.
[847] BayObLG FamRZ 1997, 956; OLG Celle FamRZ 2003, 549; OLG Brandenburg FamRZ 2011, 1308.
[848] BGH FamRZ 1990, 1101; BayObLG FamRZ 1999, 645.
[849] OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 1233; OLG Karlsruhe FamRZ 1994, 393.
[850] OLG Celle FamRZ 2003, 549; OLG Hamburg FamRZ 2001, 1088.
[851] BVerfG FamRZ 2015, 112; 2010, 713.
[852] EuGHMR FamRZ 2002, 1393; BVerfGE 68, 176; BVerfG FamRZ 2013, 361; OLG Saarbrücken FamRZ 2012, 463; 2010, 1092.
[853] OLG Celle FamRZ 2003, 549.
[854] Siehe hierzu – grundlegend – BVerfGE 68, 176; vgl. auch BVerfGE 75, 201 und 79, 51; OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 1092.

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