Rz. 349

Für die bis zum 31.8.2009 eingeleiteten Verfahren gelten weiterhin die Vorschriften der ZPO. Nach § 623 Abs. 2 ZPO a.F. kann danach auf Antrag eines Elternteils ein im Scheidungsverbund befindliches Sorgerechtsverfahren abgetrennt werden.[1268] Das insoweit abgetrennte Verfahren wird dann nach § 623 Abs. 2 S. 4 ZPO a.F. als isoliertes Verfahren fortgeführt.[1269] Lediglich wenn die Gefahr des Rechtsmissbrauchs besteht, etwa ausdrücklich ein Antrag auf Sorgerechtsregelung nach der Scheidung gestellt wurde und eine Entscheidung für die Dauer des Getrenntlebens nicht erfolgen kann[1270] oder die Abtrennung allein eine Beschleunigung des Scheidungsverfahrens bewirken soll,[1271] soll dies nicht gelten.[1272] Eine Abtrennung ist außerdem nach § 628 Nr. 3 oder Nr. 4 ZPO a.F. möglich, wenn das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgesetzt ist oder die gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache den Scheidungssauspruch so außergewöhnlich verzögern wird, dass der Aufschub eine unzumutbare Härte darstellen würde.

 

Rz. 350

Für die ab dem 1.9.2009 eingeleiteten Verfahren gilt für die Abtrennung § 140 FamFG. Die Abtrennungsvoraussetzungen für Kindschaftsfolgesachen wurden – über den allgemeinen Abtrennungsgrund des § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG (unzumutbare Verzögerung des Scheidungsausspruchs) hinausgehend – gegenüber dem bisherigen Rechtszustand völlig neu geregelt. Nach § 140 Abs. 2 Nr. 3 FamFG kann das Gericht eine Kindschaftsfolgesache vom Verbund abtrennen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachdienlich hält oder das Verfahren ausgesetzt ist (Antragsmuster im Formularteil, siehe § 13 Rdn 14 und Rdn 29). § 140 Abs. 2 Nr. 3 FamFG ersetzt die zuvor voraussetzungslose Abtrennung auf Antrag eines Ehegatten nach § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO a.F. ebenso wie § 628 S. 1 Nr. 3 ZPO a.F. Die Beschleunigung der Kindschaftsfolgesachen wird in den Vordergrund gerückt. Besteht daher das Bedürfnis für eine schnelle Entscheidung, an der das Gericht wegen mangelnder Entscheidungsreife eines anderen Verfahrensgegenstandes im Verbund gehindert wäre, kommt die Abtrennung in Betracht. Der aus dem bisherigen Recht bereits bekannte Fall der Aussetzung der Kindschaftsfolgesache ist übernommen worden. Die Abtrennung nach § 140 Abs. 3 Nr. 3 FamFG ist ("für sachgerecht hält") eine Ermessensentscheidung, die im Beschwerdeverfahren nur eingeschränkter Überprüfung unterliegt (zu den kostenrechtlichen Folgen der Abtrennung siehe § 10 Rdn 28).[1273]

 

Rz. 351

Nach dem bisherigen Recht endet der Anwaltszwang (siehe dazu Rdn 450 ff.) im Fall der Abtrennung nach § 623 ZPO a.F., nicht aber bei Abtrennung nach § 628 ZPO a.F., weil in diesem Fall die Folgesache ihre Eigenschaft als Folgesache behält. Anders ist es nach dem neuen Recht. Sowohl im Falle der Nichteinbeziehung nach § 137 Abs. 3 FamFG als auch im Falle der Abtrennung nach § 140 FamFG endet der Anwaltszwang des § 114 Abs. 1 FamFG, weil die Kindschaftssache jeweils als selbstständiges Verfahren fortgeführt wird (§ 137 Abs. 5 S. 2 FamFG).[1274] Weil u.a. (im Übrigen siehe Rdn 453) auch für den Antrag auf Abtrennung (nach § 140 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 5 FamFG) der kindschaftsrechtlichen Folgesache aus dem Verbund kein Anwaltszwang besteht (§ 114 Abs. 4 Nr. 4 FamFG), kann ein nicht anwaltlich vertretener Elternteil, wenn sein Abtrennungsantrag Erfolg hat, das Verfahren ohne Rechtsanwalt fortbetreiben.

[1269] OLG Frankfurt FamRZ 2001, 1227; OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 778.
[1270] OLG Schleswig NJWE-FER 2000, 299.
[1274] So auch zur Abtrennung nach § 140 FamFG ausdrücklich BT-Drucks 16/6308, S. 231 l. Sp.o.

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