Rz. 296

 

Hinweis

Die unwiderrufliche Freistellung zur Erfüllung der etwaigen Resturlaubsansprüche des freigestellten Arbeitnehmers war zwischenzeitlich aufgrund einer neueren Handhabung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger (gemeinsame Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit am 5. und 6.7.2005) problematisch geworden. Jene sahen eine solche Freistellung zumindest bei einvernehmlicher Regelung auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG als Ende der Versicherungspflicht an mit der Folge, dass die Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung endet.[310]

 

Rz. 297

Nach Ansicht der Organisationen und Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger fehle es bei einer unwiderruflichen Freistellung und dem damit verbundenen Verzicht des Arbeitgebers auf sein Direktionsrecht an einer das Beschäftigungsverhältnis i.S.v. § 7 SGB IV kennzeichnenden zweiseitigen Beziehung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wenn die Parteien im Einvernehmen unwiderruflich auf die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (etwa durch Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag) verzichten.[311]

 

Rz. 298

Das BSG hat jedoch mit zwei Entscheidungen vom 24.9.2008 das Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses trotz Freistellung festgestellt.[312]

 

Rz. 299

Für die gesetzliche Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gilt daher, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auch dann fortbesteht, wenn die Arbeitsvertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen unwiderruflich auf die vertragliche Arbeitsleistung verzichten.

 

Rz. 300

Davon abweichend wird die gesetzliche Unfallversicherung bewertet. Nach einem neueren Besprechungsergebnis der Spitzenverbände in der Sozialversicherung vom 31.3.2010 gelten für die gesetzliche Unfallversicherung Besonderheiten. Denn diese ist vom Charakter her eine Haftpflichtversicherung. Da bei einer endgültigen unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung die Dispositionsbefugnis des Unternehmers endgültig entfallen ist, liegt insoweit kein zu versicherndes Risiko mehr vor.

 

Rz. 301

Verzichtet ein Arbeitgeber, z.B. im Rahmen eines Aufhebungsvertrags, endgültig und unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses auf die geschuldete Arbeitsleistung, liegt kein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Unfallversicherung – mehr – vor. Das ergibt sich aus dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände in der Sozialversicherung.

 

Rz. 302

Für die Zeiten der unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses sind daher vom Arbeitgeber in den Entgeltmeldungen auch keine Daten zur Unfallversicherung zu melden. Bei Entgeltmeldungen bis zum 31.5.2011 sind insoweit im Datenbaustein Unfallversicherung (DBUV) ein unfallversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 0 EUR und keine Arbeitsstunden anzugeben. Bei Entgeltmeldungen ab dem 1.6.2011 ist im DBUV der UV-Grund "B03" (Versicherungsfreiheit in der UV gem. SGB VII) vorzugeben.

 

Rz. 303

Die Praxis der Rentenversicherungsträger, die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die in der Insolvenz des Arbeitgebers gekündigten und freigestellten Arbeitnehmer in voller Höhe mit Bescheid gegen den Insolvenzverwalter unter Fristsetzung von einem Monat und unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs festzusetzen, ist nach der Auffassung des SG Düsseldorf unbillig, wenn die Bundesagentur für Arbeit den Arbeitnehmern im Wege der sog. Gleichwohlgewährung Arbeitslosenentgelt gezahlt und für diese Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hat. Von dem Forderungsbetrag sind die Zahlungen in Abzug zu bringen, die der Insolvenzverwalter an die Bundesagentur für Arbeit als Ersatz für die von dieser bereits geleisteten Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten hat.[313]

[310] BSG v. 25.4.2002 – B 11 AL 65/01 R, NZA-RR 2003, 105 = SGb 2003, 109 m. krit. Anm. Wank.
[311] Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung v. 5./6.7.2005.

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