a) § 14 RVG

 

Rz. 77

Bei Rahmengebühren muss der Rechtsanwalt die Höhe seiner Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG nach billigem Ermessen selbst bestimmen. Man unterscheidet Betragsrahmengebühren und Satzrahmengebühren. Betragsrahmengebühren finden sich zum Beispiel bei den Straf- und Bußgeldsachen, so z.B. die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG in Höhe von 40,00 bis 360,00 EUR, aber auch sozialrechtliche Angelegenheiten, bei denen sich die Gebühren nicht nach Wert richten, da sie gerichtskostenfrei sind und eine Wertfestsetzung daher durch das Gericht nicht erfolgt, § 3 RVG. Ein Beispiel für eine Satzrahmengebühr ist die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG von 0,5 bis 2,5. Satzrahmengebühren sind zugleich auch immer Wertgebühren.

b) Kriterien zur Ausübung des Ermessens

 

Rz. 78

Unter welchen Kriterien eine Rahmengebühr bestimmt wird, regelt § 14 Abs. 1 RVG. Bei Rahmengebühren bestimmt sich die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem

Umfang der Angelegenheit,
Schwierigkeit der Angelegenheit, aber auch
Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie
Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers
 

Rz. 79

Ein besonderes Haftungsrisiko kann bei der Bemessung herangezogen werden und bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, es ist grundsätzlich zu berücksichtigen.

 

Rz. 80

Gibt es in einem Rechtsstreit Streit über die Höhe der Vergütung, hat (nicht kann!) das Gericht ein Kammergutachten einzuholen, auch bei Bagatellstreitigkeiten (bis 600,00 EUR) nach § 495a ZPO!

Die herrschende Meinung geht davon aus, dass das Kammergutachten nur in einem Prozess zwischen Anwalt und Mandant einzuholen ist[26] und nicht auch in einem Prozess Mandant gegen einen etwaigen erstattungspflichtigen Dritten. Grundsätzlich regelt das RVG das Verhältnis Anwalt/Mandant, so dass rechtlich eine Verpflichtung der Kammern nicht gegeben ist, ein derartiges Gutachten zu erstatten. Da die Kammern aber ihre Mitglieder unterstützen wollen, erstatten sie in der Regel auch dann Kammergutachten, wenn der Richter ein solches anordnet und verweigern sich im Interesse ihrer Mitglieder nicht. Einige Kammern berechnen hierfür aber Gebühren, denn nur das Kammergutachten im Vergütungsprozess zwischen dem Rechtsanwalt und seinem früheren Mandanten ist kostenlos zu erstatten, § 14 Abs. 2 S. 2 RVG ist.

[26] Jungbauer in Bischof/Jungbauer u.a., Rn 131; BFH RVGreport 2006, 20; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 711; BVerwG RVGreport 2006, 21; AG Köln AGS 2006, 71; OLG Hamm ZfS 1992, 24; Norbert Schneider, NJW 2004, 193; Römermann in Hartung/Römermann/Schons, § 14 Rn 96; a.A. Schons, NJW 2005, 1024 f.; ders., NJW 2005, 3089, 3091.

c) Nachliquidation

 

Rz. 81

Der RA kann bei Rahmengebühren in der Höhe nur dann nachliquidieren, wenn er sich in der Rechnung eine Nachliquidation hinsichtlich des Gebührensatzes ausdrücklich vorbehalten hat. Im Übrigen ist der RA an sein einmal ausgeübtes Ermessen gebunden, § 312 Abs. 2 BGB, wenn die entsprechende Erklärung (Vergütungsrechnung) dem Auftraggeber zugegangen ist.[27] Ist der Rechtsanwalt von seinem Auftraggeber über die Bemessungskriterien getäuscht worden, ist er ebenfalls nicht mehr an sein ausgeübtes Ermessen gebunden.

 

Rz. 82

Da nach § 14 UStG der Leistungszeitraum auf der Rechnung anzugeben ist, müsste es nach Ansicht der Verfasserin möglich sein, nach weitergehenden Tätigkeiten des Rechtsanwalts, die er nach Rechnungsstellung erbringt, den Gebührensatz anzuheben. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Mandant sich möglicherweise darauf berufen wird, er sei davon ausgegangen, dass weitere Kosten nicht auf ihn zukommen.

 

Rz. 83

 

Praxistipp

Im Hinblick darauf, dass die Rechtsprechung bisher davon ausgeht, dass der Rechtsanwalt an sein einmal ausgeübtes Ermessen gebunden ist, sollte prinzipiell – wenn eine weitergehende Tätigkeit nicht ausgeschlossen werden kann – ein Vorbehalt hinsichtlich der Nachliquidation in die Rechnung aufgenommen werden (z.B. "Nachliquidation hinsichtlich des Gebührensatzes bleibt (bei weitergehender Tätigkeit) ausdrücklich vorbehalten.").

[27] §§ 315 Abs. 2, 130 Abs. 1 S. 1 BGB; BGH AnwBl 1987, 489; KG JurBüro 2004, 484; OLG Koblenz AGS 2000, 88; OLG Düsseldorf JurBüro 1998, 412; LG Köln DAR 1988, 392; Jungbauer in Bischof/Jungbauer, u.a., RVG Kommentar, § 14 Rn 118.

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