- Coronapandemie: Arbeitsrechtliche Regelungen zur Entgeltfortzahlung bei Quarantäne
- Pandemie: Entgeltfortzahlung nach dem Infektionsschutzgesetz
- Coronapandemiebedingte Entgeltfortzahlung: Anspruchskonkurrenz

In arbeitsrechtlicher Hinsicht interessieren im Fall einer Cov-19-Erkrankung und einer daraus resultierenden Absonderung oder Quarantäne in erster Linie die gesetzlichen Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Cov-19-Erkrankung
Rechtliche Klarheit besteht zunächst in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer an dem Cov-19-Virus erkrankt ist und sich deshalb in Quarantäne begeben muss. In diesem Fall gelten die üblichen arbeitsrechtlichen Regeln zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 EntgeltfortzahlungsG, d.h. der Arbeitnehmer erhält während der Quarantänezeit infolge der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit seinen regulären Lohn.
Lohnfortzahlung auch bei symptomlosen Krankheitsverlauf?
Ein Sonderproblem entsteht, wenn ein Arbeitnehmer während einer Quarantäne zwar eine Infektion aufgrund eines positiven Testergebnisses nachweist, aber keine Krankheitssymptome zeigt. Bei einem symptomlosen Verlauf stellen Ärzte häufig keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Umstritten war daher die Frage, ob die Lohnfortzahlung auch in diesen Fällen greift. Das LAG Kiel hat hierzu klargestellt, dass Arbeitnehmer, die nachweislich das Cov-19-Virus in sich tragen, als an Cov-19 erkrankt anzusehen sind, auch ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Der reguläre Anspruch auf Lohnfortzahlung werde durch das bloße Fehlen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht infrage gestellt (LAG Kiel, Urteil v. 27.6.2022, 5 Ca 229/22).
Vergütungsanspruch entfällt bei unverschuldeter Quarantäne nicht
Gemäß § 616 BGB besteht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung grundsätzlich auch dann fort, wenn er
- unverschuldet
- über eine nicht erhebliche Zeit
- durch einen in seiner Person liegenden Grund
- an der Dienstleistung verhindert ist.
Dies gilt nach allgemeiner Meinung auch für den Fall einer erforderlichen fünftägigen oder auch bis zu 14 Tage dauernden Absonderung oder Quarantäne. Eine amtlich angeordnete Absonderung nach § 30 IfSG ist nach der Rechtsprechung ein solches unverschuldetes, in der Person des Arbeitnehmers liegendes Leistungshindernis, das den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers bestehen lässt (Niedersächsisches OVG, Beschluss v. 1.7.2021, 13 LA 258/21; ähnlich: BAG, Urteil v. 13.10.2021, 5 AZR 211/21).
Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei verschuldeter Arbeitsverhinderung
Hat der Arbeitnehmer allerdings eine Erkrankung oder Quarantäne durch sein Verhalten, zum Beispiel durch eine nicht notwendige Reise in ein Corona-Risikogebiet, selbst herbeigeführt, so hat er die vorübergehende Verhinderung an der Erbringung der Arbeitsleistung verschuldet. In diesen Fällen besteht gemäß § 616 BGB kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dies gilt nicht, wenn ein Urlaubsgebiet erst nach der Ankunft des Arbeitnehmers zum Risikogebiet erklärt wird und dies zum Zeitpunkt der Abreise nicht absehbar war.
Problem der Anrechnung von Urlaubstagen
Ein Sonderproblem entsteht, wenn der Arbeitnehmer eine Absonderung oder Quarantäne während seiner Urlaubszeit antreten muss. § 59 Abs. 1 IfSG stellt erst mit der seit dem 17.9.2022 in Kraft getretenen Fassung klar, dass die Tage der Absonderung nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. Noch im August hatte das BAG auf Grundlage der bisher fehlenden gesetzlichen Regelung und aufgrund unterschiedlicher arbeitsgerichtlicher Instanzentscheidungen zu dieser Frage dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob eine Anrechnung der Quarantänezeit auf Urlaubstage mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG sowie mit Art. 31 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta vereinbar ist (BAG, Beschluss v. 16.8.2022, 9 AZR 76/22). Die Entscheidung des EuGH zur bundesdeutschen Rechtslage bis zum 16.9.2022 steht noch aus.
- Zurück
- Weiter