Zusammenfassung

 
Begriff

Vertrauensarbeitszeit wird als ein flexibles Arbeitszeitmodell verstanden, in dessen Rahmen Arbeitnehmer über die Lage ihrer individuellen Arbeitszeit in eigener Verantwortung bestimmen, ohne hierbei starren Zeitvorgaben des Arbeitgebers zu unterliegen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Es besteht keine gesetzliche Grundlage für die Einführung von Vertrauensarbeitszeit. Die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitszeit, u. a. die des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG), sind einzuhalten.

Rechtsprechung: BAG, Beschluss v. 6.5.2003, 1 ABR 13/02; BAG, Urteil v. 23.9.2015, 5 AZR 767/13; EuGH, v. 14.5.2019, C-55/18; BAG, Beschluss v. 13.9.2022, 1 ABR 22/21.

Arbeitsrecht

1 Einordnung

Ist Vertrauensarbeitszeit vereinbart, verzichtet der Arbeitgeber auf die Vorgabe von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und vertraut stattdessen darauf, dass die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben oder -projekte auch ohne Kontrolle in zeitlicher Hinsicht rechtzeitig fertiggestellt werden. Durch die (in den gesetzlichen Grenzen) freie Einteilbarkeit der Arbeitszeit wird somit das Arbeitsergebnis, nicht die Arbeitszeit in den Fokus gerückt.[1]

Vertrauensarbeitszeit ist daher insbesondere für projektbezogenes Arbeiten geeignet. Tätigkeiten, die eine Anwesenheit vor Ort im Betrieb oder eine Erreichbarkeit zu bestimmten Uhrzeiten erfordern, sind häufig mit dem Grundgedanken der Vertrauensarbeitszeit (weitgehend freie Einteilung durch den Arbeitnehmer) schwerer kompatibel. Die Vorgabe von etwaigen Kernarbeitszeiten, innerhalb derer eine Erreichbarkeit gewährleistet sein muss, ist aber auch bei Vertrauensarbeitszeit ohne Weiteres möglich.

Ziel von Vertrauensarbeitszeit ist meist die Förderung der Eigenverantwortlichkeit und Produktivität der Arbeitnehmer sowie die Ermöglichung einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Regelmäßig geht mit der Vereinbarung einer Vertrauensarbeitszeit auch die freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer einher. Ein Anspruch auf Vertrauensarbeitszeit besteht nicht; es handelt sich dabei um eine freiwillige Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

2 Rechtsrahmen

Es existiert keine gesetzliche Grundlage für Vertrauensarbeitszeit. Das Arbeitszeitmodell basiert regelmäßig auf einer individualvertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Nicht selten sind die Rahmenbedingungen des Arbeitszeitmodells auch Gegenstand einer Betriebsvereinbarung.

2.1 Einführung von Vertrauensarbeitszeit

Mangels gesetzlicher Vorgaben zur Ausgestaltung der Vertrauensarbeitszeit sind Arbeitgeber grundsätzlich frei darin, ob und wem sie Vertrauensarbeitszeit als Arbeitszeitmodell anbieten. Eine Zustimmung oder gar Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer ist nicht notwendig, da der Arbeitgeber einseitig auf sein Weisungsrecht hinsichtlich der Arbeitszeit (und ggf. Ort) sowie sein Recht, diese zu kontrollieren verzichtet. Dennoch sollten Rahmenbedingungen für die Vertrauensarbeitszeit festgelegt werden, um Risiken, wie eine Entgrenzung von Arbeitszeiten, Überschreitung von Höchstarbeitszeiten o. Ä., vorzubeugen. Möglich ist dies in Form einer individualvertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mündlich oder schriftlich als Zusatzvereinbarung oder direkt im Arbeitsvertrag. Auch kollektivrechtliche Regelungen im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag sind möglich. Letztere sind aber – jedenfalls in Flächentarifverträgen – bisher eher unüblich.

Der Arbeitgeber muss bei der Einführung von Vertrauensarbeitszeit keineswegs gänzlich auf sein Direktionsrecht[1] betreffend Zeit und Ort verzichten. Es ist daher ohne Weiteres möglich, allgemein oder für bestimmte Tätigkeiten Kernarbeitszeiten vorzugeben, in denen Arbeitnehmer erreichbar oder vor Ort im Betrieb anwesend sein müssen. Abhängig von der Art der Tätigkeit und der (hierarchischen) Stellung eines Arbeitnehmers können sich die Anforderungen an die Erreichbarkeit oder Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb stark unterscheiden. Erforderlich kann eine solche Vorgabe z. B. bei Führungskräften sein, die fachlich und/oder disziplinarisch weiteren Arbeitnehmern übergeordnet sind und für diese greifbar sein müssen. Auch für den Teamzusammenhalt ist ein Anwesenheitstag pro Woche im Betrieb denkbar.

[1] § 106 GewO; s. auch Stichwort Direktionsrecht.

2.2 Arbeitszeitgesetzliche Rahmenbedingungen

Die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitszeit, beispielsweise zu Höchstarbeitszeiten oder Arbeit an Sonn- und Feiertagen, gelten ohne Einschränkung auch im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit. Für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bleibt der Arbeitgeber verantwortlich, auch wenn er die Einteilung der Arbeitszeit dem Arbeitnehmer überlässt. Bei Arbeitszeitverstößen wird daher der Arbeitgeber bußgeld- und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen, obgleich der Arbeitnehmer die gesetzlichen Arbeitszeitvorgaben nicht eingehalten hat.

Einzuhaltende gesetzliche Vorgaben betreffend ergeben sich dabei insbesondere aus den §§ 3, 4, 5 sowie 16 Abs. 2 ArbZG, welche die tägliche Höchstarbeitszeit, Pausen, Ruhezeit...

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