1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die in § 83 BetrVG geregelten Rechte sind rein individualrechtlicher Natur. Sie gelten daher auch in Betrieben ohne Betriebsrat und solchen, die gar nicht betriebsratsfähig sind. Personen, auf die das BetrVG gar nicht anwendbar ist, können sich hingegen nicht auf § 83 BetrVG berufen. Für die Praxis ergibt sich hieraus kein Unterschied, da für leitende Angestellte § 26 Abs. 2 SprAuG eine entsprechende Regelung enthält und sich diese Ansprüche ansonsten aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergeben.

 

Rz. 2

Die Vorschrift enthält keine abschließende Regelung der Arbeitnehmerrechte hinsichtlich der eigenen Personalakte. Insbesondere können Tarifverträge entsprechende oder auch darüber hinausgehende Rechte begründen. In einer Betriebsvereinbarung können Einzelheiten der Einsichtnahme geregelt werden, insbesondere hinsichtlich der Aktenführung (z. B. Paginierung, Aufbewahrungsort, Zugangsberechtigung und Entfernung einzelner Bestandteile wie z. B. Abmahnungen). Es ist streitig, ob eine solche Betriebsvereinbarung erzwingbar ist. Keinesfalls darf in einer solchen Betriebsvereinbarung eine Beschränkung des Einsichtsrechts erfolgen.

2 Rechte und Pflichten

2.1 Begriff der Personalakte

 

Rz. 3

Es gilt ein umfassender, materieller Begriff der Personalakte. Jede Sammlung von Unterlagen über einen konkreten Arbeitnehmer fällt hierunter, unabhängig von der Bezeichnung und der Form. Auch elektronische Datenbanken werden daher erfasst. Gleiches gilt für Nebenakten, z. B. vom Werksschutz angelegte Informationssammlungen über einen bestimmten Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass in die Hauptakte ein entsprechender Hinweis aufgenommen wird. Die Führung von Geheimunterlagen ist nicht zulässig. Auch Unterlagen, die außerhalb des Betriebs über einen Arbeitnehmer geführt werden, sind Bestandteile der Personalakte und unterliegen dem Einsichtsrecht. Dies gilt insbesondere für solche Unterlagen, die überbetrieblich auf der Ebene des Unternehmens oder Konzerns geführt werden. Auch Unterlagen, die bei einem Außenstehenden, z. B. einem Rechenzentrum geführt werden, gehören materiell zur Personalakte. Nicht dazu gehören hingegen statistische Zusammenstellungen von Personaldaten einer Mehrzahl von Arbeitnehmern (z. B. Lohn- und Gehaltslisten).

2.2 Inhalt der Personalakte

 

Rz. 4

Typischerweise gehören folgende Dokumente in eine Personalakte:

  • Bewerbungsunterlagen
  • Angaben zur Person des Arbeitnehmers
  • Arbeitsvertrag
  • Zeugnisse
  • Personalfragebögen gem. § 94 BetrVG
  • Schriftverkehr mit dem Arbeitnehmer
  • Abmahnungen
  • Angaben zur beruflichen Entwicklung, zu Leistungen und Fähigkeiten, Arbeitgeberdarlehen, Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, Arbeitsunfällen etc.
 

Rz. 5

Nicht in die Personalakte gehört der Befundbogen des Betriebsarztes. Wegen der Schweigepflicht hat auch der Arbeitgeber kein Einsichtsrecht und der Arbeitnehmer hat nur einen Anspruch auf Mitteilung des Untersuchungsergebnisses. Auch Prozessakten über ein gegen den Arbeitnehmer geführtes Verfahren sind nicht Bestandteil der Personalakte (BAG, Urteil v. 8.4.1992, 5 AZR 101/91).

 

Rz. 6

Davon zu trennen ist die Frage, welche Unterlagen der Arbeitgeber überhaupt in die Personalakte aufnehmen darf. Es dürfen nur solche Unterlagen darin enthalten sein, die der Arbeitgeber rechtmäßig erlangt hat. Ein ohne Einverständnis des Arbeitnehmers angefertigtes graphologisches Gutachten gehört nicht dazu. Der Arbeitgeber muss auch ein sachliches Interesse an der Aufnahme und dem Verbleib der Dokumente haben, die daher eine unmittelbare Beziehung zum Arbeitsverhältnis haben müssen. Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers kann durch Zeitablauf entfallen.[1] Der Arbeitgeber darf die Personalakten auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses aufbewahren (z. B. um bei späteren Einstellungen feststellen zu können, ob der Arbeitnehmer bereits früher einmal beschäftigt war, § 14 Abs. 2 Satz. 2 TzBfG). Er ist hierzu jedoch nicht verpflichtet.

[1] Zum Sonderproblem der Abmahnung s. Rz. 12.

2.3 Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers

 

Rz. 7

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Personalakte sorgfältig zu verwahren, vertraulich zu behandeln und den Kreis der damit befassten Personen möglichst eng zu halten. Neben den Mitarbeitern der Personalabteilung sind auch die der Innenrevision zur Einsichtnahme befugt, ohne dass der Arbeitnehmer zustimmen müsste (BAG, Urteil v. 4.4.1990, 5 AZR 299/89[1]). Einer solchen Zustimmung bedarf es jedoch, wenn die Akte betriebsfremden Personen bekannt gemacht werden soll (BAG, Urteil v. 18.12.1984, 3 AZR 389/83[2]), insbesondere, wenn sich der Arbeitnehmer bei einem anderen Unternehmen beworben hat. Dies gilt auch, wenn die Akte von der Muttergesellschaft oder einem außenstehenden Rechenzentrum geführt werden soll.

Ein permanenter Zugriff des Betriebsratsvorsitzenden auf elektronisch geführte Personalakten verstößt gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer und kann nicht wirksam in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 23.6.2020, 3 TaBV 65/19[3]).

[1] NZA 1999, 933.
[2] NZA 1985, 811.
[3] Siehe weiterhin Niedostadek, Rechtsfragen de...

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