1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Bestimmung konkretisiert den in § 78 Satz 2 BetrVG enthaltenen allgemeinen Grundsatz, dass Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen. Sie wird durch § 38 BetrVG ergänzt, der die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern regelt. Der ehrenamtliche Charakter und die Unentgeltlichkeit der Amtsführung sollen die innere Unabhängigkeit gewährleisten und damit zugleich sicherstellen, dass das Betriebsratsmitglied nicht aus der Gruppe herausgelöst wird, der es angehört. Die Vorgabe der Unentgeltlichkeit der Betriebsratstätigkeit ist strikt einzuhalten. Die Vorschrift ist zwingend, von ihr kann nicht durch Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder durch arbeitsvertragliche Regelung abgewichen werden (BAG, Urteil v. 23.6.2004, 7 AZR 514/03).[1]

[1] NZA 2004, 1278.

2 Ehrenamtliche Tätigkeit (Abs. 1)

 

Rz. 2

Das Amt des Betriebsratsmitglieds wird als privatrechtliches Ehrenamt unentgeltlich geführt. Die Wahrung der Unabhängigkeit des Betriebsratsmitglieds verlangt eine strenge Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BAG, EuGH-Vorlage v. 20.10.1993, 7 AZR 581/92,[1]). Das Betriebsratsmitglied darf aus seiner Mitgliedschaft keinen Vorteil ziehen, den nicht das Gesetz mit ihr verbindet.

 

Rz. 3

Die Unentgeltlichkeit der Amtsführung darf nicht umgangen werden. So ist nicht nur die Zahlung von Sitzungsgeldern unzulässig[2], verboten ist vielmehr auch jedes mittelbare oder versteckte Entgelt. Insbesondere darf auch das Arbeitsentgelt nicht erhöht werden, so dass mehr als bisher oder als Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung erhalten gezahlt wird. Vergleichbar mit dem Betriebsratsmitglied sind Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt des Amtsantritts eine im Wesentlichen gleich qualifizierte Arbeitstätigkeit ausüben.[3] Ein allzu rascher Anstieg der Vergütung nach Übernahme des Betriebsratsamts indiziert die Rechtswidrigkeit: Beförderungsfrequenzen, die in der Belegschaft nicht üblich sind, dürfen auch nicht beim Betriebsrat unterstellt werden. Unzulässig ist somit auch die Zahlung von "Betriebsratszulagen", die aufgrund einer Mehrbelastung durch die Betriebsratstätigkeit ("Co-Management-Funktion") gewährt werden[4] sowie die Vereinbarung einer pauschalen Stundenvergütung zur Abgeltung von Betriebsratstätigkeiten, wenn sie ohne sachlichen Grund wegen der Betriebsratstätigkeit gewährt wird und zu einer Verdiensterhöhung führt (BAG. Urteil v. 8.11.2017, 5 AZR 11/17).[5] Abgesehen von solchen recht klaren Verstößen gilt: Erhält ein Betriebsratsmitglied Sonderleistungen, die anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Stellung nicht gewährt werden, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie wegen der Mitgliedschaft im Betriebsrat erbracht werden. Die versteckte Gewährung eines Entgelts kann auch darin liegen, dass dem Betriebsratsmitglied eine pauschale Aufwandsentschädigung ohne Rücksicht darauf, ob im Einzelfall wirklich Aufwendungen in dieser Höhe entstanden sind, gezahlt wird.[6] Eine Pauschalabgeltung kommt nur in Betracht, wenn bestimmte Aufwendungen nach der Verkehrsanschauung durch die Festlegung einer Pauschale abgegolten werden können, ohne dass darin die Gewährung eines Sondervorteils zu erblicken ist. So dürfte es regelmäßig zulässig sein, bei längeren Reisen im Zusammenhang mit der Amtsführung moderate Pauschalen für Essen o. ä. zu zahlen, jedoch nur, wenn solche Kosten tatsächlich anfallen.

 

Rz. 4

Durch die Amtsführung soll das Betriebsratsmitglied jedoch andererseits keinen Nachteil erleiden. Es darf also auch keine Minderung des Arbeitsentgelts eintreten. Es gilt das sog. Lohnausfallprinzip (BAG, Urteil v. 28.5.2014, 7 AZR 404/12[7]; BAG, Urteil v. 29.4.2015, 7 AZR 123/13[8]). Danach ist dem freigestellten Betriebsratsmitglied eine Vergütung zu gewähren, die es bei tatsächlicher Ausübung der bisherigen Arbeitstätigkeit ohne Freistellung erhalten hätte.[9] Wenn etwa das Betriebsratsmitglied wegen seiner Amtspflichten seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben kann und eine minderentlohnte Arbeit übernehmen muss, so hat der Arbeitgeber die Lohndifferenz zu zahlen. Betriebsbedingte Inanspruchnahme von Freizeit ist in gewissen Grenzen durch entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts auszugleichen. Ein Freizeitausgleich darf aber nur gewährt werden, wenn aus betriebsbedingten Gründen Betriebsratsaufgaben außerhalb der Arbeitszeit erfüllt werden müssen (Abs. 3). Verboten ist deshalb, wegen der Betriebsratstätigkeit einen verlängerten Urlaub zu gewähren. Bei der Berechnung der Höhe eines umsatzabhängigen Jahresbonus ist der Zielerreichungsgrad zugrunde zu legen, den das Betriebsratsmitglied hypothetisch in diesem Jahr ohne die Arbeitsbefreiung zur Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben erreicht hätte (BAG, Urteil v. 29.4.2015, 7 AZR 123/13[10]).

 

Rz. 5

Die Amtstätigkeit des Betriebsrats unterliegt auch im Falle eines bloßen Restmandats i. S. v. § 21 b BetrVG dem Gebot der Unentgeltlichkeit (BAG, Urteil v. 5.5.2010, 7 AZR 728/08[11]). Zwar hat der Betriebsrat keinen Anspruch au...

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