1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 20 KSchG enthält Regelungen im Hinblick auf die Kompetenzverteilung, die Zusammensetzung des Entscheidungsträgers sowie das Verfahren und die Kriterien bei Entscheidungen über die Verkürzung oder die Verlängerung der Entlassungssperre bei anzeigepflichtigen Massenentlassungen. Die Zuständigkeitszuweisung an einen bei der Agentur für Arbeit zu bildenden Ausschuss bzw. an ihre Geschäftsführung bei Entlassungen von weniger als 50 Arbeitnehmern dient dabei der Beschleunigung sowie der Steigerung von Effektivität und Effizienz des Verfahrens.[1] Entscheidungen über anzeigepflichtige Entlassungen sollen dezentralisiert und dort getroffen werden, wo Sachnähe und Verwaltungsvereinfachungen die Entscheidungsprozesse verkürzen.[2] Darüber hinaus ist durch eine paritätische Beteiligung der Sozialpartner im Ausschuss eine Förderung der Prinzipien der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung bezweckt.[3] Zugleich soll hierdurch gewährleistet werden, dass durch die Arbeitsverwaltung ausgewogene Entscheidungen nach § 18 Abs. 1 und 2 KSchG getroffen werden.[4] Die Zuständigkeit nach § 20 KSchG umfasst allerdings nur die Entscheidung über die Verlängerung oder Verkürzung der Sperrfrist (§ 18 Abs. 1 und 2 KSchG), nicht jedoch die Genehmigung von Kurzarbeit.

[1] Vgl. Begründung zum Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG), BR-Drucks. 550/96, BGBl. I S. 246.
[2] KR/Weigand/Heinkel, 13. Aufl. 2022, § 20 KSchG Rz. 3; APS/Moll, 7. Aufl. 2024, § 20 KSchG Rz. 3.
[3] Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Kündigungsschutzgesetzes v. 23.1.1951, abgedruckt in RdA 1951, 58, 65 unter Begründung zu §§ 18 KSchG und 19 KSchG.
[4] Umfassend zur Gesetzeshistorie vgl. BeckOGK/Holthusen, § 20 KSchG Rz. 4.

2 Zuständigkeit für die Entscheidungen

 

Rz. 2

Die Entscheidungen nach § 18 Abs. 1 und 2 KSchG werden gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 KSchG durch die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit oder durch einen bei der Agentur für Arbeit gebildeten Ausschuss getroffen. Beide sind laut der Legaldefinition "Entscheidungsträger".

2.1 Geschäftsführung der Agentur für Arbeit

 

Rz. 3

Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit für die Entscheidung zuständig, wenn die Zahl der Entlassungen weniger als 50 beträgt. Dabei wird teilweise unter Hinweis auf den Wortlaut "darf" geschlossen, dass sich der bei der Agentur für Arbeit gebildete Ausschuss auch in diesem Fall vorbehalten kann, eine Entscheidung zu treffen.[1] Aus dem Zweck der Regelung, Entscheidungsprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen, ergibt sich jedoch richtigerweise, dass § 20 Abs. 1 Satz 2 KSchG der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit im dort vorgesehenen Rahmen eine originäre Entscheidungskompetenz zuweist. Es liegt aber im freien Ermessen der Geschäftsführung, die ihr originär obliegende Entscheidungsbefugnis auf den Ausschuss zu delegieren, welchem insoweit eine Auffangzuständigkeit zukommt.[2] Die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit besteht aus einer oder einem Vorsitzenden und bis zu 2 weiteren Mitgliedern (§ 383 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Sie werden vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit nach Anhörung der Verwaltungsausschüsse bestellt (§ 383 Abs. 2 SGB III).

[1] HaKo-KSchG/Pfeiffer, 7. Aufl. 2021, § 20 KSchG Rz. 2; vgl. auch FW KSchG 20.2.
[2] BeckOGK/Holthusen, § 20 KSchG Rz. 8; NK-ArbR/Boemke, 2. Aufl. 2023, § 20 KSchG Rz. 4.

2.2 Der Ausschuss und seine Mitglieder

 

Rz. 4

Beträgt die Anzahl der zu entlassenden Arbeitnehmer 50 oder mehr, obliegt die Entscheidungskompetenz allein dem Ausschuss. Allerdings ist auch in diesem Fall die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit an der Entscheidung nicht unbeteiligt, da der Vorsitzende der Geschäftsführung oder ein von ihm beauftragter Angehöriger der Agentur für Arbeit kraft Gesetzes den Ausschussvorsitz innehat.

 

Rz. 5

Der Ausschuss für anzeigepflichtige Entlassungen ist ein eigenes, unabhängiges Gremium mit eng begrenztem Zuständigkeits- und Aufgabengebiet.[1] Er ist insbesondere kein Selbstverwaltungsorgan der Bundesagentur für Arbeit (vgl. § 371 SGB III) und auch von den allgemeinen Verwaltungsausschüssen der Agentur für Arbeit (vgl. § 374 SGB III) zu unterscheiden. Dem Ausschuss sind ausschließlich Entscheidungen nach § 18 Abs. 1 und 2 KSchG im Verfahren über anzeigepflichtige Entlassungen zugewiesen. Insoweit hat er ein eng begrenztes Zuständigkeits- und Aufgabengebiet. Ausweislich der gesetzlichen Überschrift von § 20 KSchG ("Entscheidungen der Agentur für Arbeit") nimmt der Ausschuss Aufgaben der Agentur für Arbeit wahr. Seine Entscheidungen werden der Agentur für Arbeit zugerechnet, sodass er zumindest materiell-rechtlich als Organ der Agentur für Arbeit bezeichnet werden kann.[2]

[1] FW KSchG 20.5; ErfK/Kiel, 24. Aufl. 2024, § 20 KSchG Rz. 1; KR/Weigand/Heinkel, § 20 KSchG Rz. 10, 12; APS/Moll, § 20 KSchG Rz. 9; LKB/Bayreuther, KSchG, 16. Aufl. 2019, § 20 KSchG Rz. 3; BeckOGK/Holthusen, § 20 KSchG Rz. 10.
[2] Vgl. BSG, Urteil v. 30.10.1959, 7 RAr 19/57, AP KSchG § 18 Nr. 1; FW KSchG 20.1; KR/Weigand/Heinkel, § 20 KSchG Rz. 12; APS/Moll, § 20 KSchG Rz. 9.

2.2.1 Zusammensetzung

 

Rz. 6

Dem Ausschuss gehören 7 Mitglieder an, nämlich der Vorsitzende...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Personal Office Standard. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge