1 Abgrenzung zu anderen Vertragstypen

 

Rz. 1

Das Privatrecht stellt eine Mehrzahl von Vertragsarten zur Verfügung, aufgrund derer sich eine Partei verpflichten kann, im Dienst oder im Interesse der anderen Partei tätig zu werden. Der Dienstvertrag gem. §§ 611 ff. bildet den Grund- und Auffangtatbestand der auf eine Dienstleistung gerichteten Vertragstypen; nach § 611 Abs. 2 können Gegenstand des Dienstvertrags Dienste jeder Art sein. Seit dem 1.4.2017 ist in § 611a BGB der Arbeitsvertrag geregelt, der sich als speziellere Regelung (lex specialis) zu der allgemeinen Regelung in § 611 BGB darstellt. Daneben sind als gesetzlich geregelte Vertragstypen der Auftrag nach §§ 662 ff. BGB, der Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB sowie die Erbringung von Dienstleistungen auf gesellschafts- oder vereinsrechtlicher Grundlage zu verzeichnen. Dazu tritt der nicht gesetzlich normierte Dienstverschaffungsvertrag sowie gemischte Vertragstypen, die zumindest Dienstleistungselemente enthalten. In der Praxis am bedeutsamsten sind unter diesen der Vertragshändlervertrag und das Franchising. Sie alle sind voneinander zu unterscheiden und abzugrenzen. Haben die Parteien ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es auch regelmäßig als solches einzuordnen.[1]

1.1 Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB)

 

Rz. 2

Zu unterscheiden sind der Dienstvertrag und die mit ihm verwandten, auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichteten Vertragstypen vom Werkvertrag gem. §§ 631 ff. BGB. Gegenstand eines Werkvertrages kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein. Fehlt es an einem abgrenzbaren, vertraglich festgelegten, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht. Der "Auftraggeber" muss dann nämlich durch weitere Weisungen den Gegenstand der vom "Auftragnehmer" zu erbringenden Leistung und damit Arbeit und Einsatz erst bindend organisieren.[1]

Das Risiko dafür, dass der Erfolg nicht eintritt, trägt der Schuldner. Entsprechend sehen die §§ 633 ff. BGB Gewährleistungsansprüche des Gläubigers gegen den Schuldner im Fall von Rechts- und Sachmängeln vor. Das Dienstvertragsrecht kennt hingegen keine Gewährleistungsrechte. In einem Dienstvertrag wird lediglich die Leistung der Arbeit versprochen und folglich vom Dienstnehmer geschuldet.[2] In aller Regel bezweckt der Gläubiger eines Dienstvertrags mit dessen Abschluss allerdings auch den Eintritt eines bestimmten Erfolgs. Dennoch schuldet der Schuldner nur die Arbeitsleistung und erfüllt seine Verpflichtung demnach allein durch die Verrichtung seiner Arbeit. Das Risiko, dass der erhoffte Erfolg nicht eintritt, liegt auf Seiten des Gläubigers.

[2] BGH, Urteil v. 22.10.1981, VII ZR 310/79, NJW 1982, 438; s. aus der jüngeren Rspr. auch BGH, Urteil v. 17.5.2 018, VII ZR 70/17, NJW-RR 2018, 1319.

1.2 Auftrag (§§ 662 ff. BGB)

 

Rz. 3

Der Auftrag ist nach § 662 BGB dadurch gekennzeichnet, dass der Beauftragte das ihm vom Auftraggeber übertragene Geschäft unentgeltlich übernimmt. Der Dienstvertrag unterscheidet sich daher vom Auftrag durch die Entgeltlichkeit der zu erbringenden Dienstleistung.[1] Zwar legt die Formulierung des § 612 BGB den Schluss nahe, dass der Gesetzgeber auch unentgeltliche Dienstverträge für möglich gehalten hat. Auf dieser Prämisse wäre eine Abgrenzung von Dienstvertrag und Auftrag jedoch nicht möglich; insb. scheidet dann eine Differenzierung nach der Art der erbrachten Dienstleistung aus, da sich der Dienstvertrag nach § 611 Abs. 2 BGB auf Dienste jeder Art beziehen kann.

[1] Richardi/Fischinger in Staudinger, § 611a BGB, Rz. 10; Edenfeld in Erman, § 611 BGB, Rz. 18; Preis in ErfK, § 611a BGB, Rz. 101; a. A. Spinner in MünchKomm, § 611a BGB, Rz. 28 und § 662 BGB, Rz. 10.

1.3 Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB)

 

Rz. 4

Auf einen Dienst- oder Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden grds. die dem Auftragsrecht entstammenden Vorschriften der §§ 663-670 BGB und §§ 672-674 BGB entsprechende Anwendung.[1] Die h. M. sieht im Geschäftsbesorgungsvertrag einen eigenständigen Vertragstyp, unter den eine Vielzahl verschiedener, praktisch äußerst wichtiger Vertragsformen gefasst wird.[2] Vom Auftrag soll sich die Geschäftsbesorgung durch die Entgeltlichkeit der erbrachten Dienstleistung unterscheiden, vom Dienst- oder Werkvertrag durch das in § 675 BGB genannte Tatbestandsmerkmal, dass der Vertrag eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Der Begriff der Geschäftsbesorgung in § 675 BGB sei von demjenigen in § 662 BGB verschieden (sog. Trennungstheorie).[3] Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB sei jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftl. Art, die nicht in einer bloßen Leistung an einen anderen, sondern in der Wahrnehmung seiner Vermögensinteressen bestehe.[4] Die Position der h. M. ist allerdings nicht unbestritten. Nach der sog. Einheitstheorie[5], der auch die frü...

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