Zusammenfassung

 
Begriff

Trotz des Vorliegens von dringenden betrieblichen Erfordernissen kann im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) eine betriebsbedingte Kündigung sozial ungerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die im Gesetz festgelegten sozialen Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Die im Rahmen der Sozialauswahl zu beachtenden sozialen Gesichtspunkte sind in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG enthalten.

Arbeitsrecht

1 Relevanz

1.1 Im Anwendungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes

Bei betriebsbedingten Gründen, die den Arbeitgeber zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen berechtigen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer 4 soziale Gesichtspunkte, nämlich Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung zu berücksichtigen.

Diese Verpflichtung zur Sozialauswahl besteht in Betrieben, für die der allgemeine Kündigungsschutz gilt. Ohne ausreichende Berücksichtigung dieser sozialen Gesichtspunkte ist eine betriebsbedingte Kündigung, auch eine Änderungskündigung, sozial nicht gerechtfertigt.[1]

1.2 Im Kleinbetrieb

Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist auch der Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb, in dem der allgemeine Kündigungsschutz nach § 23 Abs. 1 KSchG keine Anwendung findet, bei einer betriebsbedingten Kündigung verpflichtet, die Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers unter Beachtung eines gewissen Maßes an sozialer Rücksichtnahme zu treffen.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass im Kleinbetrieb die Grundsätze des § 1 KSchG über die Sozialauswahl entsprechend anwendbar sind. Die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers im Kleinbetrieb kann vielmehr von den Arbeitsgerichten nur darauf überprüft werden, ob sie gegen Treu und Glauben verstößt. Dies erfolgt unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes sowie unter Berücksichtigung der Interessen des Kleinunternehmers, insbesondere auch im Hinblick auf das Vertrauensverhältnis zu seinen Mitarbeitern und seine geringe Finanzausstattung.

Ein solcher Verstoß ist umso eher anzunehmen, je weniger bei der Auswahlentscheidung eigene Interessen des Arbeitgebers eine Rolle gespielt haben. Hat der Arbeitgeber keine spezifischen eigenen Interessen, einen bestimmten Arbeitnehmer zu kündigen oder andere vergleichbare Arbeitnehmer nicht zu kündigen und entlässt er gleichwohl den Arbeitnehmer mit der bei weitem längsten Betriebszugehörigkeit, dem höchsten Alter und den meisten Unterhaltspflichten, so spricht nach dem Bundesarbeitsgericht viel dafür, dass der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme nicht berücksichtigt hat.

Bestehen andererseits betriebliche, persönliche oder sonstige Interessen des Arbeitgebers, einen bestimmten Arbeitnehmer zu kündigen, so ist der durch § 242 BGB vermittelte Grundrechtsschutz des Arbeitnehmers umso schwächer, je stärker die mit der Kleinbetriebsklausel geschützten Grundrechtspositionen des Arbeitgebers im Einzelfall betroffen sind.

Im Wesentlichen ist ein Arbeitnehmer bei betriebsbedingten Kündigungen im Kleinbetrieb, für den der allgemeine Kündigungsschutz nicht gilt, nur vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen geschützt.[1]

2 Auswahlverfahren

Um die Sozialauswahl durchführen zu können, muss zunächst der in die Sozialauswahl einzubeziehende Personenkreis des Beschäftigungsbetriebs ermittelt werden.

 
Hinweis

Sozialauswahl und Clearingverfahren

Ein konzerninternes Clearingverfahren, wonach sich Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze wegfallen, auf freie Arbeitsplätze im Rahmen eines konzerninternen Stellenmarkts bewerben können, ersetzt bei einer betriebsbedingten Kündigung nicht die Pflicht des Arbeitgebers, eine Sozialauswahl vorzunehmen.[1]

2.1 Vergleichbarkeit

Zu dem auswahlrelevanten Personenkreis zählen alle von einer betrieblichen Maßnahme (z. B. Einführung von neuen Produktionsmethoden) betroffenen vergleichbaren Arbeitnehmer. Die Vergleichbarkeit der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer richtet sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen.[1]

In die soziale Auswahl sind grundsätzlich nur diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die gegenseitig austauschbar sind. Wie das LAG Köln[2] entschied, kommt es dabei allerdings allein darauf an, ob der sozial schutzbedürftigere kündigungsbedrohte Arbeitnehmer in der Lage ist, die Tätigkeit eines anderen Arbeitnehmers, dessen Arbeitsplatz nicht wegfällt, ordnungsgemäß zu verrichten. Nicht relevant ist dagegen, ob dieser die Tätigkeit des wegen Wegfalls seines Arbeitsplatzes bedrohten Kollegen verrichten kann. Auch wenn die Arbeitnehmer aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und Berufserfahrung austauschbar sind, ist Vergleichbarkeit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann gegeben, wenn die Zuweisung des anderen Arbeitsplatzes ohne Änderung des Arbeitsvertrags kr...

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