1 Beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit

Eine berufliche Auswärtstätigkeit (oder umgangssprachlich Dienstreise) liegt immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte tätig wird.

Auch Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte, die bei ihrer individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Einsatzstellen oder auf einem Fahrzeug tätig werden, fallen unter die reisekostenrechtlich relevante Auswärtstätigkeit.

Alle dienstlichen Reisetätigkeiten, die im Berufsleben möglich sind, werden mit denselben Fahrt- und Übernachtungskosten sowie Verpflegungspauschalen begünstigt, unabhängig von der jeweiligen auswärtigen Einsatz- und Tätigkeitsstätte.

2 Erste Tätigkeitsstätte

2.1 Kernpunkt des Reisekostenrechts

Die Reisekostendefinition ist untrennbar mit der Prüfung der ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers verbunden. Nur wenn die tatsächliche Arbeitsstätte nicht zugleich auch die erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers darstellt, können Reisekosten gewährt werden.

Die erste Tätigkeitsstätte entscheidet darüber, ob der jeweilige berufliche Einsatz

  • eine unter die Reisekosten fallende berufliche Auswärtstätigkeit darstellt, weil der Arbeitnehmer hierbei nicht an seiner ersten Tätigkeitsstätte tätig wird,
  • oder unter die Regelung der Entfernungspauschale fällt, weil es sich um die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte handelt, für die der Ansatz von Reisekosten ausgeschlossen ist. Der Fahrtkostenersatz durch den Arbeitgeber ist in diesen Fällen lohnsteuerpflichtig.

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Praxis-Beispiel

Baustellentätigkeit eines Elektroinstallateurs

Ein Facharbeiter eines Elektroinstallationsbetriebs ist ausschließlich auf auswärtigen Baustellen eingesetzt, die er täglich von zuhause mit seinem Pkw aufsucht.

Ergebnis: Die Einsätze auf den Baustellen begründen eine berufliche Auswärtstätigkeit, da der Arbeitnehmer insoweit nicht an einer ersten Tätigkeitsstätte tätig ist. Sämtliche Fahrten fallen unter die Reisekostenvorschriften. Für die Gesamtstrecke darf der Kilometersatz von 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer zugrunde gelegt werden.

2.2 Definition der ersten Tätigkeitsstätte

Der Gesetzgeber definiert die erste Tätigkeitsstätte als ortsfeste betriebliche Einrichtung

  • des Arbeitgebers,
  • eines verbundenen Unternehmens i. S. d. § 15 AktG oder
  • eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten,

welcher der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.[1] Der Arbeitnehmer kann pro Dienstverhältnis maximal eine erste Tätigkeitsstätte haben.

Der reisekostenrechtliche Begriff der ersten Tätigkeitsstätte ist damit im Wesentlichen durch 2 Voraussetzungen gekennzeichnet:

  1. das Vorhandensein einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung[2] und
  2. die dauerhafte Zuordnung zu diesem Tätigkeitsort[3].

Arbeitsrechtliche Festlegung entscheidet vorrangig

Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte wird vorrangig durch den Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts bestimmt und dient damit der Vereinheitlichung von arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Reisekostenvergütungen.[4]

2.3 Ortsfeste betriebliche Einrichtung

2.3.1 Grundsatz und Begriff

Nach der vom Gesetzgeber vorgenommenen Definition der ersten Tätigkeitsstätte kommen nur ortsfeste betriebliche Einrichtungen infrage. Der Gesetzgeber folgt insoweit dem vom BFH zum bisherigen Arbeitsstättenbegriff aufgestellten Grundsatz, dass nur ortsfeste Einrichtungen eine ausreichend sichere Abgrenzung gegenüber der beruflichen Auswärtstätigkeit gewährleisten können.[1] Ortsfeste Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden fest verbunden sind bzw. dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden.[2]

 
Praxis-Beispiel

Als erste Tätigkeitsstätte kommen z. B. in Betracht:

  • der Betrieb,
  • ein Zweigbetrieb,
  • Bus- oder Straßenbahndepots,
  • Fahrkartenverkaufsstellen,
  • Postzustellzentren oder
  • Rettungswachen.

Auch ein großflächiges, infrastrukturell erschlossenes Gebiet kann eine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte sein, z. B.

  • eine Werksanlage,
  • ein Betriebsgelände,
  • ein Bahnhof,
  • ein Flughafen oder
  • ein betriebliches Schienennetz einer Werksbahn.[3]

Dabei ist es unerheblich, wenn einzelne Teile davon für sich betrachtet selbstständige betriebliche Einrichtungen darstellen können, z. B. Werkshallen, Büro- oder Verkaufsgebäude. Sofern diese in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers, des verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten stehen, sind diese Betriebsmittel zu einer großräumigen ersten Tätigkeitsstätte zusammenzufassen.[4]

Keine ortsfeste betriebliche Einrichtung = keine erste Tätigkeitsstätte

Ein Hochseeschiff bzw. Marineboot kann danach keine Tätigkeitsstätte sein. Dasselbe gilt für andere Fahrzeuge, wie der Lkw eines Speditionsfahrers, der Reise- oder Linienbus, Züge, Straßenbahn u. a. Schienenfahrzeuge, aber auch Flugzeuge.

Keine ersten Tätigkeitsstätten i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG sind öffentliche (Bus-)Halt...

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