Zusammenfassung

 
Überblick

Für den Bereich der Lohnsteuer wird erläutert, wie die Haftungsschuld zu ermitteln ist, welche Verfahrensvorschriften anzuwenden und welche Ausnahmen zu beachten sind.

In der Sozialversicherung haftet der Arbeitgeber gegenüber der Einzugsstelle für die ordnungsgemäße Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Für bestimmte Arbeitgeber besteht jedoch eine gesetzliche Haftungsbeschränkung. Diese greift, wenn das zur Verfügung stehende Vermögen zur Deckung der Beitragsforderung nicht ausreicht. Beispielsweise bei der GmbH ist die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt.

Die Haftung ist hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile ausgeprägter, weil hier der Arbeitgeber über fremde Gelder verfügt. Das Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen hat der Gesetzgeber für so schwerwiegend angesehen, dass ein solcher Tatbestand unter Strafandrohung gestellt wurde.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Lohnsteuer: Den Haftungsumfang und die Haftungsausschlüsse regelt § 42d EStG. Einzelheiten zur Inanspruchnahme des Arbeitgebers, der Ermessensausübung und der Haftung Dritter sind in R 42d.1-R 42d.3 LStR sowie in H42d.1-42d.2 LStH geregelt.

Sozialversicherung: Die Haftung des Arbeitgebers für Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich eventueller Säumniszuschläge ergibt sich aus § 28e Abs. 4 SGB IV. Bei Verstoß gegen ein Schutzgesetz kann der Geschäftsführer nur über die Vorschrift des § 823 Abs. 2 BGB in Anspruch genommen werden; dies auch nur hinsichtlich der einbehaltenen und nicht abgeführten Arbeitnehmerbeitragsanteile. Unter den in § 266a Abs. 2 StGB genannten Voraussetzungen aber auch hinsichtlich der vorenthaltenen Arbeitgeberbeitragsanteile.

Lohnsteuer

1 Verschuldensunabhängige Haftung

Der Arbeitgeber haftet gegenüber dem Finanzamt für zu gering einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer, Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag.

Für die lohnsteuerliche Haftung ist ein Verschulden des Arbeitgebers grundsätzlich nicht Voraussetzung; es genügt eine objektive Pflichtverletzung.[1] Er haftet jedoch nur, soweit einer der gesetzlichen Haftungsfälle vorliegt[2] und er seinen Arbeitgeberpflichten nicht nachgekommen ist.

 
Praxis-Beispiel

Ermessensfehlerhafte und daher rechtswidrige Haftungsbescheide

In einem Urteil hat ein Finanzgericht entschieden[3], dass im vorliegenden Fall ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt, weil ein Finanzamt von falschen Tatsachen ausgegangen ist oder ermessensrelevante Punkte nicht festgestellt hat, obwohl dies möglich gewesen wäre.

So hatte es das Finanzamt bei einer Prüfung unterlassen, ermessensrelevante Umstände richtig zu prüfen, z. B. ob die Arbeitnehmer die nicht einbehaltene Lohnsteuer selbst versteuert haben oder nicht. Das Finanzamt hatte wegen nicht versteuerten Arbeitslohns (Lohnsteuerhinterziehung) diverse Haftungsbescheide (gegenüber der GmbH) erlassen, die jedoch rechtswidrig waren.

Die Haftungsschuldnerin (GmbH) hatte es unterlassen, ordnungsgemäße Aufzeichnungen über Löhne zu führen. Das Finanzamt ist in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass die Lohnsteuer von den Arbeitnehmern nicht mehr erfolgreich eingefordert werden könne. Damit könne das Finanzamt seiner Amtsermittlungspflicht nur erheblich reduziert nachgehen, weil es insoweit nichts mehr zu ermitteln gäbe. Und genau darin bestand der Fehler.

Das Finanzgericht hat die richtige Ermessensausübung in Bezug auf das Entschließungsermessens und Auswahlermessens durch das Finanzamt geprüft und die Haftungsbescheide aufgehoben.

Der Prüfer hätte in einem derartigen Fall sorgfältig prüfen müssen, ob einerseits ein Steuerschaden entstanden ist und ob die Verkürzung nicht nur leichtfertig geschehen ist, etwa weil die Arbeitnehmer den Lohn als Scheinselbstständige als Einkünfte aus Gewerbebetrieb o. Ä. versteuert haben. Demnach hätten die für die Arbeitnehmer zuständigen Wohnsitzfinanzämter prüfen müssen, ob die Arbeitnehmer noch in Anspruch hätten genommen werden können, oder ob diese bereits diese Einkünfte (vielleicht nicht als Lohn, aber aus anderer Einkunftsart) versteuert haben.

1.1 Gesamtschuldnerische Haftung bei Lohnzahlung durch Dritte

Soweit ein Dritter die Pflichten des Arbeitgebers zur Lohnzahlung und Einbehaltung der Lohnsteuer im eigenen Namen erfüllt[1], haftet der Arbeitgeber – neben dem Dritten – auch für die vom Dritten geschuldete Lohnsteuer, beide sind Gesamtschuldner. Für den Dritten sind dieselben haftungsrechtlichen Grundsätze anzuwenden, die nachfolgend für den Arbeitgeber beschrieben sind.[2] Deshalb liegt kein Fehlverhalten des Dritten vor, wenn er den Lohnsteuerabzug entsprechend einer Lohnsteueranrufungsauskunft oder in Übereinstimmung mit den Vorgaben der zuständigen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes erhoben hat.[3]

Die Haftung des Dritten beschränkt sich nur auf die Lohnsteuer, die für die Zeit zu erheben ist, für die er sich gegenüber dem Arbeitgeber zur Vornahme des Lohnsteuerabzugs verpflichtet hat. Dieser Zeitraum ...

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