Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbliche Lagerung tiefgekühlter Samen- und Eizellen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die von einer aus Ärzten bestehenden Personengesellschaft durchgeführte Lagerung tiefgekühlter Samen- und Eizellen stellt eine gewerbliche Tätigkeit dar.

 

Normenkette

EStG § 18; GewStG § 2; EStG § 15

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob die Tätigkeit der Klin., einer Gesellschaft., die tiefgekühlte Samen und Eizellen lagert, in den Streitjahren 2010 bis 2013 den Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit im Sinne des § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) oder den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG zuzuordnen ist.

Die Gesellschafter der Klin. sind Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Sie betrieben in den Streitjahren 2010 bis 2013 zugleich ein Kinderwunschzentrum.

Nach § 1 Ziffer 1 des Gesellschaftsvertrages der Klin. bestand der Zweck der Klin. darin, mit Dritten Verträge über die fachgerechte tiefgekühlte Lagerung von Samen und Eizellen in entsprechenden Behältern abzuschließen und durchzuführen (so genannte Lagerung). Die im Zusammenhang mit der Kryokonservierung stehenden ärztlichen Leistungen gehörten nicht zum Gesellschaftszweck der Klin.. Der Gesellschaftszweck beschränkte sich vielmehr auf das tiefgekühlte Einlagern der Samen und Eizellen.

Wurde im Rahmen der Kinderwunschbehandlung von den Patienten die Entscheidung über eine Kryokonservierung getroffen, so schlossen die Patienten mit dem Kinderwunschzentrum einen Vertrag über das Einfrieren von Eizellen im Vorkernstadium ab. Zudem schlossen die Patienten mit der Klin. einen Vertrag über die Lagerung der Eizellen/Embryonen ab.

Der Vertrag mit dem Kinderwunschzentrum über das Einfrieren von Eizellen/Embryonen beinhaltete unter anderem die folgenden Regelungen:

§ 1 Vertragsgegenstand

Das Kinderwunschzentrum übernimmt das Einfrieren (= Kryokonservierung) von Eizellen im Vorkernstadium (Pronucleus-Phase; imprägnierte Eizellen) (im Folgenden: Konservierungsgut), die im Rahmen einer Maßnahme der medizinisch unterstützten Befruchtung aus Keimzellen der Auftraggeber entstanden sind. Die Kryokonservierung erfolgt durch einen Arzt oder unter der Aufsicht und nach fachlicher Weisung eines Arztes.

§ 2 Einfrieren des Konservierungsguts

1. Die Auftraggeber stellen dem Kinderwunschzentrum Konservierungsgut zur Verfügung. Die vorausgehende ärztliche Behandlung im Rahmen von Maßnahmen der medizinisch unterstützten Befruchtung ist nicht Gegenstand dieses Vertrages.

2. Das Kinderwunschzentrum bereitet das Konservierungsgut für das Einfrieren vor. Im Anschluss daran führt es den Einfriervorgang durch. Die Gewinnung und medizinische Aufbereitung des Konservierungsguts sind nicht Gegenstand dieses Vertrages.

….

Der Vertrag mit der Klin. über die Lagerung von Eizellen/Embryonen beinhaltete unter anderem die folgenden Regelungen:

§ 1 Vertragsgegenstand

Die Klin. übernimmt die Lagerung von Eizellen im Vorkernstadium (Pronucleus-Phase; imprägnierte Eizellen) (im Folgenden: Konservierungsgut), die im Rahmen einer Maßnahme der medizinisch unterstützten Befruchtung aus Keimzellen der Auftraggeber entstanden sind. Die Lagerung erfolgt durch einen Arzt oder unter Aufsicht und nach fachlicher Weisung eines Arztes. Auf dieses Rechtsverhältnis finden die §§ 688 ff. BGB in der durch diesen Vertrag modifizierten Fassung Anwendung.

§ 2 Lagerung

1. Die Klin. lagert das Konservierungsgut in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Celsius für die Dauer dieses Vertrages. Sie ist berechtigt, mit der Durchführung der Lagerung Dritte zu beauftragen und den Ort oder die technische Art und Weise der Lagerung zu ändern, sofern der Dritte die gesetzlichen Voraussetzungen zur Kryokonservierung erfüllt und den Auftraggebern hierdurch keine zusätzlichen Kosten entstehen.

2. Sollte die Klin. ihre Tätigkeit einstellen, so ist sie zur Weitergabe des Konservierungsgutes …. berechtigt.

Für die Jahre 2010 bis 2012 reichte die Klin. Gewerbesteuererklärungen ein und erklärte im Rahmen ihrer Feststellungserklärungen jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Bekl. folgte der von der Klin. vorgenommenen Einordnung ihrer Einkünfte und veranlagte die Klin. mit nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewerbesteuermessbetragsbescheiden 2010 bis 2012 sowie unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen auf den 31.12.2010 bis 31.12.2012.

Am X.X.XX hob der Bekl. die Nachprüfungsvorbehalte in den Feststellungsbescheiden 2010 und 2011 auf. Die Nachprüfungsvorbehalte in den Gewerbesteuermessbetragsbescheiden 2010 und 2011 hob er am X.X.XX auf.

Die Klin. legte sodann Einspruch gegen die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung in den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2010 und 2011 sowie in den Gewerbesteuermessbetragsbescheiden 2010 und 2011 ein. Darüber hinaus stellte die Kli...

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