Zusammenfassung

 
Überblick

Eine Entsendung im Rahmen der Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer in einem Mitgliedsstaat für einen Arbeitgeber beschäftigt ist und von diesem für eine begrenzte Dauer in einem anderen Mitgliedsstaat eingesetzt wird, um eine Arbeit auf dessen Rechnung auszuführen.

Der Arbeitgeber muss im ersten Mitgliedsstaat gewöhnlich tätig sein und der entsandte Arbeitnehmer darf keinen anderen entsandten Arbeitnehmer ablösen. Nur wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, können für den Arbeitnehmer die deutschen Rechtsvorschriften weitergelten.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Grundsätzlich regelt § 4 SGB IV für alle Sozialversicherungszweige die versicherungsrechtliche Beurteilung von Beschäftigungsverhältnissen bei einer Entsendung. Für die Beurteilung der Ausstrahlung ist die Gemeinsame Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsendeter Arbeitnehmer heranzuziehen. Die Grundsätze sind jedoch nur anwendbar, wenn es keine vorrangigen Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts gibt (§ 6 SGB IV). Als zwischenstaatliches Recht gelten die Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 sowie die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009. Diese sind an die Stelle der VO (EWG) Nr. 1408/71 sowie VO (EWG) Nr. 574/72 getreten. Beide Verordnungen sind noch gültig. Welche Verordnung konkret anzuwenden ist, richtet sich nach dem gebietlichen und persönlichen Geltungsbereich.

Für das Vereinigte Königreich findet das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (2019/C384I/01) Anwendung. Für Sachverhalte, die nach dem Austrittsabkommen erfasst werden, gelten die Regelungen der Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 und 987/2009 uneingeschränkt weiter. Für Sachverhalte, die nach dem 31.12.2020 beginnen und keinen vorherigen Bezug zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich hatten, gelten vom 1.1.2021 an die Regelungen des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit

Sozialversicherung

1 Entsendung nach EU-Recht

Für einen Arbeitnehmer, der in ein Land entsandt wird, in dem die Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit angewendet werden, gelten vorrangig die jeweiligen Verordnungsregelungen. Hierbei ist zu beachten, dass es bei der Anwendung der Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit Einschränkungen beim gebietlichen, persönlichen und sachlichen Geltungsbereich gibt.

1.1 Gebietlicher Geltungsbereich

Einschränkungen beim gebietlichen Geltungsbereich gibt es für Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Malta, Niederlande, Portugal, Spanien, Zypern und beim Vereinigten Königreich.

1.2 Persönlicher Geltungsbereich

Grundsätzlich erfasst die Verordnung (EG) über soziale Sicherheit alle Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Bei Dänemark, dem Vereinigten Königreich, den EWR-Staaten Island, Norwegen, Liechtenstein und bei der Schweiz ist der persönliche Geltungsbereich eingeschränkt. Bei diesen Staaten muss geprüft werden, ob die Anwendung eines bilateralen Abkommens[1] oder der vorherigen Verordnung (EWG) über soziale Sicherheit möglich ist.

1.3 Sachlicher Geltungsbereich

Der sachliche Geltungsbereich umfasst alle Versicherungszweige der Sozialversicherung.

2 Voraussetzungen für eine Entsendung nach den Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit

Als Voraussetzung für eine Entsendung nach den Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit gilt Folgendes:

  • Eine Person muss in einem Mitgliedsstaat für einen Arbeitgeber beschäftigt sein.
  • Der Arbeitgeber entsendet diese Person in einen anderen Mitgliedsstaat, damit sie für den Arbeitgeber dort eine Beschäftigung für eine begrenzte Zeit ausübt.
  • Der Arbeitgeber selbst muss im ersten Mitgliedsstaat gewöhnlich tätig sein.
  • Die entsandte Person darf keine andere entsandte Person ablösen.[1]
 
Wichtig

Anwendung deutscher Rechtsvorschriften

Damit die deutschen Rechtsvorschriften weiter angewendet werden können, müssen alle Voraussetzungen erfüllt sein. Sollte eine Voraussetzung nicht erfüllt sein, gelten für den Arbeitnehmer die Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird.

2.1 Gewöhnliche Tätigkeit

Damit eine Entsendung nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vorliegen kann, muss der Arbeitgeber in Deutschland "gewöhnlich" tätig sein. Eine reine Verwaltungstätigkeit reicht nicht aus, damit der Arbeitgeber eine gewöhnliche Tätigkeit ausübt. Die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit muss nennenswert sein, d. h. dass der Arbeitgeber in Deutschland mindestens 25 % seines Umsatzes erwirtschaften muss.

Gesamtschau aller Merkmale

Sollte ein Unternehmen weniger als 25 % seines Umsatzes in Deutschland erwirtschaften, müssen in einer Gesamtschau alle Merkmale geprüft werden. Hierbei werden folgende Kriterien berücksichtigt:

  • Der Ort, an dem das entsendende Unternehmen seinen Sitz und seine Verwaltung hat.
  • Die Anzahl der Arbeitnehmer im Entsendestaat und im Beschäftigungsstaat.[1]
  • Die Anzahl der Arbeitnehmer in den Betriebsstätten des Arbeitgebers in anderen Staaten.
  • Der Ort, an dem entsandte Arbeitnehmer eingestellt werden.
  • Der Ort,...

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