Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmereigenschaft des Gesellschafter-Geschäftsführers. Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung. Entscheidung der Einzugsstelle. Bindungswirkung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch bei einem mit einem Drittel am Stammkapital beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer kann Selbständigkeit vorliegen, mit der Folge, daß eine Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht eintritt. Für Selbständigkeit spricht es, wenn neben dem Gesellschafter-Geschäftsführer dessen Kinder noch Mitgesellschafter sind, die aber mangels Sachverstand auf die Führung des Unternehmens keinen wesentlichen Einfluß nehmen (können) und deshalb dem Geschäftsführer auch keine Weisungen erteilen und ihn nicht überwachen. Der Geschäftsführer kann seine Tätigkeit im wesentlichen auch dann frei gestalten und ausführen - mit der Folge der Selbständigkeit -, wenn er nach dem Gesellschaftsvertrag für bestimmte Geschäfte (zB Veräußerung, Erwerb und Belastung von Liegenschaften, Anstellung leitender Angestellter, Errichtung und Aufgabe von Zweigniederlassungen) die Genehmigung der Gesellschafter einholen muß.

2. Fehlt es bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer an der Eingliederung in den Betrieb und liegt deshalb Selbständigkeit vor, besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld - mangels Anwartschaftszeit gemäß §§ 100, 104, 168 AFG - auch dann nicht, wenn zuvor Pflichtbeiträge auch zur Arbeitslosenversicherung an die zuständige Einzugsstelle abgeführt wurden. Der Beitragseinzug als solcher begründet ein Vertrauen in den Versicherungsschutz nicht.

 

Orientierungssatz

1. Die Selbständigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht nur dann gegeben, wenn er gerade über seine kapitalmäßige Beteiligung an der Gesellschaft dort einen entscheidenden Einfluß auszuüben vermag. Für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses genügt nämlich nicht, daß der zu Dienstleistungen Verpflichtete überhaupt an Weisungen irgendwelcher Art gebunden ist; denn auch wer sich als Selbständiger zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung verpflichtet, muß grundsätzlich Weisungen des Dienstberechtigten beachten. Es kommt deshalb darauf an, welcher Art die Weisungsgebundenheit ist. Ist der Geschäftsführer lediglich bei bestimmten wichtigeren Geschäften in seiner Entscheidungsfreiheit beschränkt, ohne einem für die persönliche Abhängigkeit ausschlaggebenden Direktionsrecht der Gesellschaft in bezug auf die Ausführung seiner Arbeiten unterworfen zu sein, liegt eine abhängige Beschäftigung nicht vor. Ausschlaggebend ist daher, ob der Geschäftsführer seine Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten kann (vgl BSG 31.7.1974 12 RK 26/72 = BSGE 38, 53 = SozR 4600 § 56 Nr 1).

2. Wenn es an der anwartschaftsbegründenden beitrags- bzw versicherungspflichtigen Beschäftigung mangelt, begründet weder die fehlerhafte Entrichtung von Beiträgen noch die widerspruchslose Entgegennahme der Beiträge durch die Einzugsstelle den Anspruch auf die Versicherungsleistung aus der Arbeitslosenversicherung (vgl BSG 20.3.1984 7 RAr 70/82 = SozR 4100 § 168 Nr 16).

3. Ob Entscheidungen der Einzugsstelle über die Beitragspflicht und Beitragshöhe die Bundesanstalt für Arbeit im Leistungsverfahren binden können bleibt offen.

 

Normenkette

AFG §§ 100, 104, 182 Abs. 1, § 168 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 22.02.1985; Aktenzeichen L 6 Ar 32/84)

SG Koblenz (Entscheidung vom 16.01.1984; Aktenzeichen S 4 Ar 288/83)

 

Tatbestand

Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg).

Die verwitwete Klägerin und ihre beiden 1964 und 1969 geborenen Kinder errichteten durch notariellen Vertrag vom 10. August 1979 die T. Sitzmöbel- und Tischfabrik Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit einem Stammkapital von 1.200.000,-- DM. Jeder Gesellschafter übernahm eine Einlage von 400.000,-- DM. Die Einlagen erfolgten durch Umwandlung der nicht aus Grundbesitz bestehenden Aktiven und Passiven der Firma J. T., über die die Gesellschafter als Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen Inhaber F. T. verfügten. Nach dem Gesellschaftervertrag genügte für Gesellschafterbeschlüsse die einfache Mehrheit, für Änderungen des Gesellschaftsvertrages, für Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers war eine Mehrheit von 60 vH erforderlich. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer sollte von der Beschränkung des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit sein. Für bestimmte Geschäfte (Erwerb, Veräußerung und Belastung von Liegenschaften, Anstellung leitender Angestellter, Abschluß von Dienstverträgen mit Monatsbruttogehältern von mehr als 7.000,-- DM, Errichtung und Aufgabe von Zweigniederlassungen usw) hatte der Geschäftsführer die Genehmigung der Gesellschaft einzuholen. Die Bestimmung des § 47 Abs 4 des Gesetzes betreffend die GmbH (GmbHG) wurde ausgeschlossen. Gleichzeitig bestellten die Gesellschafter die Klägerin zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin. Das Amtsgericht C. genehmigte für die minderjährigen Kinder der Klägerin den Gesellschaftsvertrag vormundschaftsgerichtlich, bei dessen Abschluß die Kinder durch die Pfleger H. und S. vertreten worden waren. Nach dem von der Klägerin auch für die GmbH abgeschlossenen Geschäftsführervertrag, der auf unbestimmte Zeit geschlossen worden ist, umfaßte ihr Aufgabengebiet insbesondere die gesamte kaufmännische und technische Leitung. Ihre Jahresbezüge betrugen 13,5 Gehälter von 12.000,-- DM und eine ergebnisabhängige Tantieme von 5 % des körperschaftssteuerpflichtigen Einkommens; außerdem erhielt die Klägerin Nebenleistungen (Dienstwagen, Telefon, Spesen und Auslagen).

Nachdem die GmbH in Anschlußkonkurs gefallen war, kündigte der Konkursverwalter der Klägerin fristlos mit Schreiben vom 6. April 1983. Am 11. April 1983 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte Alg. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab, weil die Klägerin innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist in keiner die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden habe; gleichzeitig lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab (Bescheid vom 27. Mai 1983, Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1983). In der gleichen Zeit war die Allgemeine Ortskrankenkasse C.-Z. als Einzugsstelle nach einer anläßlich des Konkursverfahrens vorgenommenen Abschlußbetriebsprüfung zu dem Ergebnis gelangt, daß für die Klägerin ab 1. Juni 1979 zu Unrecht Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) abgeführt worden waren. Die Klage, mit der die Klägerin die Gewährung von Alg beantragt hat, hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen (Urteil vom 16. Januar 1984), die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 22. Februar 1985).

Das LSG teilt die Ansicht der Beklagten, daß die Klägerin nicht in einer die Beitragspflicht zur BA begründenden Beschäftigung gestanden habe, weil sie nicht abhängig beschäftigt, sondern selbständig gewesen sei. Das Gesamtbild der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit spreche für persönliche Unabhängigkeit und ihre Unternehmereigenschaft. Sie sei nicht nur zu einem Drittel Mitgesellschafterin gewesen, sondern habe aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung ihre Geschäftsführerstellung und nach den tatsächlichen Gegebenheiten weitgehende Einwirkungsmöglichkeiten auf die Unternehmensführung und Leitung der Gesellschaft gehabt. Schon der Geschäftsführervertrag lasse erkennen, daß das Interesse der Klägerin an den Geschicken der Gesellschaft durch Eigen-, nicht aber durch Fremdinteresse bestimmt gewesen sei. Zumindest ein mittelbares Unternehmerrisiko habe sich in den ihr zustehenden Vergütungen ausgedrückt. Gegenüber den für die Führung der Gesellschaft nicht qualifizierten Mitgesellschaftern, ihren beiden Kindern, habe die Klägerin einen derartigen Vorrang an Sachverstand gehabt, daß Weisungen der Gesellschaft praktisch nicht in Betracht gekommen seien und ihr Tätigkeitsgebiet folglich weit über die schriftlichen Abmachungen hinausgegangen sei. Dementsprechend sei die Klägerin auch in der Öffentlichkeit als Unternehmerin aufgetreten. Ihre gesamte Tätigkeit habe somit ihrem eigenen familiären wirtschaftlichen Interesse am Gedeihen der GmbH gegolten. Aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten komme dem Umstand keine Bedeutung zu, daß in bezug auf die Vermögenspfleger Bindungen bestanden hätten. Auch wenn bei Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen nicht immer Einigkeit bestanden haben sollte und den Pflegern sowie dem Vormundschaftsgericht Rechenschaft habe gegeben werden müssen, seien die rechtlichen Abstimmungsmodalitäten entscheidend. Hiernach sei zwar für die Beschlußfassung die Mehrheit ausschlaggebend, die Klägerin sei jedoch von den einschränkenden Regelungen des § 47 Abs 4 GmbHG befreit gewesen, wodurch sie selbst bei gegen sie gerichteten Beschlußanträgen weiterhin als Vorsitzende der Versammlung Stimmrecht behalten habe und für andere habe ausüben können. Hierdurch sei eine weitgehende Einflußmöglichkeit der Klägerin gesichert gewesen. Die Rechte und Pflichten der Pfleger bzw des Vormundschaftsgerichts seien rechtlich-formal zwar gegeben gewesen, sie seien aber durch die familienrechtlichen und natürlichen Bindungen der Kinder relativiert worden. Es fehle somit für den Anspruch auf Alg an der Erfüllung der Anwartschaftszeit. Daß ab Juni 1979 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden seien, sei unerheblich; eine Formalversicherung kenne das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht. Umstände, aus denen heraus sich die Klägerin wegen der Entrichtung und der Annahme der Beiträge auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (§ 45 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - SGB 10) berufen könnte, seien nicht ersichtlich. Ob eine Beitragspflicht bestehe, habe beim Einzug von Beiträgen zwar die Einzugsstelle, bei Gewährung von Leistungen indes die Beklagte selbständig zu prüfen. Durch die Entscheidung der Einzugsstelle über die Beitragspflicht trete eine Bindungswirkung gegenüber der BA nicht ein. Deshalb könne weder von einem widersprüchlichen Verhalten der Arbeitsverwaltung noch von einem Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben ausgegangen werden.

Die Klägerin rügt mit der Revision eine Verletzung des § 182 AFG, der §§ 14 und 16 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1) und des Vertrauensschutzes. Sie trägt vor, die Arbeitsverwaltung habe seit Juni 1979 eine Beitragspflicht angenommen, die Klägerin bis 1983 als beitragspflichtige Arbeitnehmerin geführt und sie auch zu Beiträgen herangezogen. Dies sei erfolgt, obwohl der Einzugsstelle alle Umstände, die nunmehr zu einer Verneinung der Beitragspflicht geführt hätten, bekannt gewesen seien. Es hätten wiederholt und regelmäßig Gespräche stattgefunden, denen zufolge auch die Höhe der Beiträge festgelegt und angefordert worden sei. Die Einzugsstelle habe somit gemäß § 182 AFG über die Beitragspflicht und -höhe verbindlich, wenn auch nach Auffassung des LSG unrichtig durch den erforderlichen Verwaltungsakt entschieden. Zufolge dessen stehe der Klägerin nunmehr auch der geltend gemachte Leistungsanspruch zu. Mit der Entscheidung der Einzugsstelle sei auch die Zusage verbunden, daß die Klägerin im Falle der Arbeitslosigkeit Leistungen von der Beklagten erhalten werde. Hierauf habe die Klägerin vertraut. Sie habe weitere Maßnahmen unterlassen, um im Falle ihrer Arbeitslosigkeit ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Einzugsstelle habe sie beraten müssen. Das ergebe sich aus den §§ 14, 16 SGB 1. Eine solche Beratung sei unterblieben. Die fehlerhafte Verhaltensweise der Einzugsstelle müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Es könne nicht angehen, daß derjenige, der sich auf die Entscheidung der Einzugsstelle verlasse, letztendlich nur deswegen keine Leistung erhalte, weil die Entscheidung der Einzugsstelle rechtsfehlerhaft gewesen sei. Im Hinblick auf die einen Schadensersatzanspruch der Beklagten gegenüber der Einzugsstelle vorsehende Vorschrift des § 181 AFG scheine es angebracht, der Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte zuzusprechen, die dann ihrerseits ihre Aufwendungen von der Einzugsstelle verlangen könne.

Die Klägerin beantragt,

die ergangenen Urteile und Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Alg ab 11. April 1983 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich auf die Ausführungen des LSG. Ergänzend trägt sie vor, entgegen den Ausführungen der Revision treffe es nicht zu, daß die BA bei der Klägerin Beitragspflicht angenommen, sie bis 1983 als beitragspflichtige Arbeitnehmerin geführt und sie zu Beiträgen herangezogen habe. Ebenso sei nicht ersichtlich, daß die Einzugsstelle gemäß § 182 AFG verbindlich entschieden habe, daß die Klägerin beitragspflichtig sei. Im Gegenteil habe die Einzugsstelle nach Vornahme einer Betriebsprüfung durch Bescheid vom 20. Mai 1983 das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gerade abgelehnt. Auch eine Zusage, im Falle von Arbeitslosigkeit Leistungen zu gewähren, sei nicht gegeben worden. Es sei mithin nicht erwiesen, daß ein Verhalten der Einzugsstelle oder der Beklagten dazu angetan gewesen sei, bei der Klägerin ein Vertrauen auf das Bestehen von Beitragspflicht zur BA und auf die Gewährung von Leistungen im Falle von Arbeitslosigkeit zu erzeugen. Damit stelle sich nicht die Frage eines Vertrauensschutzes oder des Verstoßes gegen Treu und Glauben.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Anspruch auf Alg hat nur, wer ua die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 100 Abs 1 AFG). Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat (§ 104 Abs 1 Satz 1 AFG). Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre (§ 104 Abs 3 AFG) und geht dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit unmittelbar voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt sind (§ 104 Abs 2 AFG). Die Anwartschaftszeit für den ab 11. April 1983 geltend gemachten Anspruch auf Alg hätte die Klägerin daher nur erfüllt, wenn sie in der Zeit vom 11. April 1980 bis 10. April 1983 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hätte. Die in dieser Rahmenfrist ausgeübte Tätigkeit als alleinige Geschäftsführerin war indes nicht beitragspflichtig iS des § 168 AFG, wie das LSG zu Recht entschieden hat.

Beitragspflichtig sind nach dieser Vorschrift Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (Arbeitnehmer). Arbeitnehmer in diesem Sinne ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Das bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Auch wenn das Weisungsrecht vor allem bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt sein kann, darf es nicht vollständig entfallen. Demgegenüber wird die selbständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko und durch das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen. In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht, die allerdings zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend davon abweichen.

Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch die Frage, ob die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH, dessen Organstellung allein eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft bzw den Gesellschaftern nicht ausschließt (BSGE 13, 196, 200 = SozR Nr 5 zu § 1 AVG aF), eine abhängige und deshalb beitragspflichtige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ist. Ist der Geschäftsführer, wie das hier der Fall ist, am Kapital der Gesellschaft beteiligt, ist der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Denn wer kraft seiner Gesellschafterrechte die für das Arbeitnehmerverhältnis typische Abhängigkeit von einem Arbeitgeber vermeiden kann, kann nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft sein. Für GmbH-Gesellschafter, die über mindestens die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verfügen und damit einen maßgebenden Einfluß auf deren Entscheidungen besitzen, hat die Rechtsprechung grundsätzlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH verneint (BSGE 23, 83, 84 f = SozR Nr 41 zu § 537a RVO; BSG SozR Nr 30 zu § 539 RVO; BSG BB 1975, 282 = USK 74139 = Beiträge 1975, 60 = Rentenversicherung 1975, 151; BSGE 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr 1; BSG USK 82166). An einer Beteiligung solchen Umfangs der Klägerin fehlt es hier allerdings. Sie verfügte nämlich nur über ein Drittel des Stammkapitals. Auch nach der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages war die Klägerin nicht allein aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung in der Lage, ihr nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern; denn für Gesellschafterbeschlüsse sah die Satzung grundsätzlich die einfache Mehrheit vor. Selbst ihre Abberufung oder die Bestellung eines anderen Geschäftsführers, für die die Satzung eine Mehrheit von 60 vH verlangt, hätte die Klägerin nicht verhindern können. Die Beteiligung der Klägerin an der Gesellschaft schloß daher nicht schlechthin die Möglichkeit ihrer abhängigen Beschäftigung bei der Gesellschaft aus.

Indessen ist die Selbständigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht nur dann gegeben, wenn er gerade über seine kapitalmäßige Beteiligung an der Gesellschaft dort einen entscheidenden Einfluß auszuüben vermag. Für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses genügt nämlich nicht, daß der zu Dienstleistungen Verpflichtete überhaupt an Weisungen irgendwelcher Art gebunden ist; denn auch wer sich als Selbständiger zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung verpflichtet, muß grundsätzlich Weisungen des Dienstberechtigten beachten. Es kommt deshalb darauf an, welcher Art die Weisungsgebundenheit ist. Ist der Geschäftsführer lediglich bei bestimmten wichtigeren Geschäften in seiner Entscheidungsfreiheit beschränkt, ohne einem für die persönliche Abhängigkeit ausschlaggebenden Direktionsrecht der Gesellschaft in bezug auf die Ausführung seiner Arbeiten unterworfen zu sein, liegt eine abhängige Beschäftigung nicht vor. Ausschlaggebend ist daher, ob der Geschäftsführer seine Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten kann (BSGE 13, 196, 199 ff = SozR Nr 5 zu § 1 AVG aF; BSGE 38, 53, 58 = SozR 4600 § 56 Nr 1; BSG SozR Nr 22 zu § 3 AVG). Das hat zur Folge, daß nicht nur bei einem Geschäftsführer, der über weniger als 50 vH des Stammkapitals verfügt (BSGE 13, 196 = SozR Nr 5 zu § 1 AVG aF; BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; BSGE 38, 53 = SozR 4600 § 56 Nr 1), sondern selbst bei einem Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung die Verhältnisse ggf so liegen, daß Selbständigkeit angenommen werden muß (BSG SozR 2100 § 7 Nr 7).

Hiernach hat das LSG zu Recht ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin verneint. Aus der Satzung der Gesellschaft geht zwar hervor, daß für bestimmte Rechtshandlungen von besonderer Bedeutung wie dem Erwerb, der Veräußerung und Belastung von Liegenschaften, der Anstellung leitender Angestellter, der Errichtung und Aufgabe von Zweigniederlassungen die Genehmigung der Gesellschafter einzuholen war und der Geschäftsführer zur Einhaltung besonderer Geschäftsanweisungen aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen verpflichtet war. Diese Beschränkungen grenzten indes nur die Sachentscheidungsbefugnis der Klägerin ein, die im übrigen nach dem Dienstvertrag, den sie in Ausübung der satzungsgemäßen Befreiung eines Gesellschafter-Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB auch für die GmbH abgeschlossen hat, keinen Beschränkungen unterlag, soweit es sich um die Gestaltung und Ausführung ihrer Geschäftsführung handelte. Das LSG hat auch nicht festgestellt, daß das tatsächliche Bild, wie die Klägerin die GmbH geführt hat, mit der Rechtslage aufgrund des Gesellschaftervertrages und des Geschäftsführervertrages nicht übereingestimmt hätte, die Klägerin insbesondere in Fragen der Gestaltung und Ausführung ihrer Arbeit durch Weisungen der beiden Mitgesellschafter bzw, solange diese minderjährig waren, durch Weisungen der Vermögenspfleger gebunden worden wäre. Nach den Feststellungen des LSG ist es umgekehrt so gewesen, daß der Klägerin in der Gesellschaft tatsächlich mehr Gewicht zukam, als nach dem Gesellschaftsvertrag und dem Anstellungsvertrag vorgesehen war, weil angesichts der familiären Verhältnisse und des Sachverstands der Klägerin Weisungen der beiden Mitgesellschafter, ihrer Kinder, nicht in Betracht kamen. Daher dürfte die Revision auch davon abgesehen haben, eine Verletzung des § 168 AFG durch das LSG zu rügen.

Andere Umstände ersetzen die fehlende Erfüllung der Anwartschaftszeitvoraussetzung nicht.

Daß für die Klägerin Beiträge zur Beklagten an die Einzugsstelle entrichtet worden sind, ist für den Anspruch der Klägerin auf Alg unerheblich. Nach den §§ 100, 104 AFG hängt die Anwartschaft als Voraussetzung für den Anspruch auf Alg allein von einer ihrer Art nach die Anwartschaft begründenden beitragspflichtigen Beschäftigung ab, nicht dagegen von der Entrichtung von Beiträgen. Eine Formalversicherung, wie sie in der gesetzlichen Krankenversicherung für den Fall vorgesehen ist, daß die Krankenkasse für eine Person nach vorschriftsmäßiger und nicht vorsätzlich unrichtiger Anmeldung drei Monate ununterbrochen und unbeanstandet Beiträge entgegengenommen hat, obwohl die Person weder versicherungspflichtig noch versicherungsberechtigt gewesen ist (§§ 213, 315 RVO), kennt das AFG nicht. Zwar hatte § 115 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 (RGBl I 187) in engem Anschluß an § 213 RVO für die Arbeitslosenversicherung eine Formalversicherung vorgesehen, indessen ist diese Vorschrift schon durch das Gesetz zur Änderung des AVAVG vom 12. Oktober 1929 (RGBl I 153) gestrichen worden. Die Formalversicherung ist seinerzeit nicht als gerechtfertigt angesehen worden, weil der Träger der Arbeitslosenversicherung von der Anmeldung zur Versicherung regelmäßig erst im Versicherungsfalle und damit zu einem Zeitpunkt Kenntnis erhalte, in dem es ihm versagt sei, die Beitragsentrichtung zu beanstanden. Die Streichung der Formalversicherung ist ferner damit begründet worden, daß für die Erleichterung des Beweises der Anwartschaft, die durch die Formalversicherung in erster Linie bezweckt werde, angesichts der kurzen Anwartschaftszeit von 26 Wochen in der Arbeitslosenversicherung kein Bedürfnis bestehe (vgl Begründung der Reichsregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des AVAVG, RT-Drucks zu IV/1311 S 19). Einer fehlerhaften Beitragsentrichtung trägt das Gesetz seit der Streichung des § 115 AVAVG durch eine, inzwischen ohne Antrag von Amts wegen vorzunehmende, Beitragserstattung Rechnung (vgl § 185a AFG in der seit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983, BGBl I 1532, geltenden Fassung, bis dahin § 186 AFG). Das Bundessozialgericht (BSG) hat daher zum AFG (wie früher schon zum AVAVG) in Übereinstimmung mit dem Schrifttum stets die Ansicht vertreten, daß, wenn es an der anwartschaftsbegründenden beitrags- bzw versicherungspflichtigen Beschäftigung mangelt, weder die fehlerhafte Entrichtung von Beiträgen noch die widerspruchslose Entgegennahme der Beiträge durch die Einzugsstelle den Anspruch auf die Versicherungsleistung aus der Arbeitslosenversicherung begründet (BSGE 44, 193, 197 = SozR 4100 § 118 Nr 4; BSGE 49, 22, 28 f = SozR 4100 § 168 Nr 10; BSG USK 80292; BSG SozR 4100 § 102 Nr 6 und § 168 Nr 16; vgl zum früheren Recht BSGE 13, 98, 101 = SozR Nr 1 zu § 75a AVAVG aF). Angesichts der klaren gesetzlichen Regelung und der Regelungsgeschichte besteht kein Anlaß, hiervon abzugehen, zumal da für die Regelung weitere Gründe angeführt werden können. In der Krankenversicherung ist die Formalversicherung schon deshalb sinnvoll, weil die Annahme der Beiträge durch die Krankenkasse in der Regel dazu führen dürfte, daß der Arbeitnehmer im Vertrauen auf die gesetzliche Krankenversicherung davon absieht, für privaten Krankenversicherungsschutz Sorge zu tragen. Für die Arbeitslosenversicherung kann das nicht in gleicher Weise gelten, weil es privaten Versicherungsschutz gegen Arbeits- oder Beschäftigungslosigkeit nicht gibt. Im übrigen ist es für Arbeitnehmer auch von Vorteil, daß das Gesetz es für den Anspruch auf Alg nicht auf die Entrichtung der Beiträge, sondern allein auf das Zurücklegen einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung abstellt. Dies hat nämlich zur Folge, daß im Falle der Arbeitslosigkeit die Nichtentrichtung fällig gewordener Beiträge für den Anspruch auf Alg unschädlich ist. Es ist daher für den hier geltend gemachten Anspruch unmaßgeblich, daß die GmbH Beiträge für die Klägerin abgeführt und die Einzugsstelle diese widerspruchslos entgegengenommen hat.

Ersetzt aber die Beitragsentrichtung die fehlende beitragspflichtige abhängige Beschäftigung nicht, kann auch ein Vertrauen des Betroffenen, aufgrund der Beitragsentrichtung bzw der widerspruchslosen Entgegennahme der Beiträge durch die Einzugsstelle für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert zu sein, nicht geschützt sein. Es ist daher ebenfalls unerheblich, wenn die Klägerin darauf vertraut haben sollte, aufgrund der auch von ihr entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung im Falle der Arbeitslosigkeit Anspruch auf Alg zu haben.

Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, daß die Beklagte Entscheidungen über die Beitragspflicht, zu deren Erlaß die Einzugsstellen seit Inkrafttreten des § 182 AFG ausdrücklich ermächtigt sind, im Leistungsverfahren zugrundezulegen habe, auch wenn die Einzugsstelle die Beitragspflicht zu Unrecht bejaht habe. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des BSG zu den Vorschriften des § 1399 Abs 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 121 Abs 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), denen § 182 Abs 1 AFG nachgebildet ist, der Rentenversicherungsträger leistungsrechtlich an beitragsrechtliche Entscheidungen der Einzugsstelle gebunden sein. Dabei hat nach der Rechtsprechung nicht schon der Umstand, daß die Einzugsstelle eine Funktion für den Versicherungsträger wahrnimmt, die Bindung des Rentenversicherungsträgers zur Folge; vielmehr tritt die Bindung ein, wenn der Rentenversicherungsträger die Entscheidung der Einzugsstelle über die Beitragspflicht nicht bzw nicht mit Erfolg anficht (vgl BSGE 15, 118, 122 f = SozR Nr 2 zu § 1399 RVO; BSGE 25, 34, 35 = SozR Nr 52 zu § 77 SGG; BSGE 39, 223 = SozR 2200 § 172 Nr 2; vgl dazu jedoch Gagel, Komm zum AFG, Stand Januar 1986, § 182 RdNr 9 f). Es kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, ob in gleicher Weise auch Entscheidungen der Einzugsstelle über die Beitragspflicht und Beitragshöhe die BA im Leistungsverfahren binden können (bejahend Gagel/Steinmeyer, aaO, § 104 Rdz 8). Eine Bindung der Beklagten an eine Entscheidung der Einzugsstelle könnte nämlich lediglich darauf gestützt werden, daß ein Verwaltungsakt, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (vgl dazu § 44 Abs 1 SGB 10), gemäß § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache bindend geworden ist. Eine Bindung der Beklagten setzte daher voraus, daß die Einzugsstelle die Beitragspflicht der Klägerin durch Verwaltungsakt festgestellt, dh eine auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtete, den hiervon Betroffenen bekanntzugebende Entscheidung getroffen hätte. Das ist jedoch nach dem Sachverhalt, den der Senat seiner Entscheidung zugrundezulegen hat, nicht der Fall gewesen.

Der Beitragseinzug durch die Einzugsstellen erfolgt regelmäßig durch schlichtes Verwaltungshandeln, ohne daß es zu einer verwaltungsaktmäßigen Entscheidung der Einzugsstelle über die Beitragspflicht oder die Beitragshöhe kommt. Der Arbeitgeber berechnet die Beiträge der bei ihm Beschäftigten grundsätzlich ohne Mitwirkung der Einzugsstelle selbst und führt sie an die Einzugsstelle ab, die sie regelmäßig - zumindest zunächst - ungeprüft entgegennimmt (vgl BSGE 15, 118, 124 = SozR Nr 2 zu § 1399 RVO; BSGE 41, 297, 298 = SozR 2200 § 1399 Nr 4). Zu Entscheidungen über die Beitragspflicht und die Beitragshöhe, zu deren Erlaß die Einzugsstellen seit Einführung des § 182 AFG auch hinsichtlich des Beitrags zur BA ausdrücklich ermächtigt sind, kommt es daher nur ausnahmsweise, nämlich dann, wenn - zB aufgrund einer Betriebsprüfung - Streit oder Zweifel an der Beitragspflicht der Beschäftigung einer Person entsteht und Hinweise und Belehrungen nicht ausreichen, den Streit beizulegen. Entscheidungen über die Beitragspflicht, wie sie § 182 AFG meint, liegen mithin nicht schon dann vor, wenn die Einzugsstelle die Beitragsentrichtung nicht "beanstandet"; das gilt auch dann, wenn Beiträge über Jahre hinweg widerspruchslos entgegengenommen worden sind (vgl Gagel/Steinmeyer, aaO, § 104 Rdz 8; Gagel, aaO, § 182 Rdz 2).

Dafür, daß es im vorliegenden Falle beim Beitragseinzug zu derartigen Besonderheiten gekommen ist, liegt nichts vor. Insbesondere hat das LSG nicht festgestellt, daß die Einzugsstelle, hier die AOK C.-Z., durch einen Verwaltungsakt die Beitragspflicht der Klägerin bejaht hätte, der nach der Rechtsprechung im übrigen der Beklagten auch hätte eröffnet werden müssen, um nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist eine Bindung der Beklagten bewirken zu können (BSGE 25, 34, 35 = SozR Nr 52 zu § 77 SGG; BSGE 39, 223, 225 = SozR 2200 § 172 Nr 2). Ein solcher Vorgang ist in den Vorinstanzen von den Beteiligten nicht vorgetragen worden; auch aus den Akten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem LSG war, ist ein derartiger Vorgang nicht zu entnehmen. Die Revision beruft sich daher auf neues tatsächliches Vorbringen, das das gemäß § 163 SGG grundsätzlich an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebundene Revisionsgericht nicht berücksichtigen darf, wenn sie nunmehr behaupten würde, daß die Einzugsstelle einen entsprechenden die Beitragspflicht der Klägerin feststellenden Verwaltungsakt erlassen hätte. Es kann deshalb offen bleiben, wie insoweit die Revisionsbegründung der Klägerin zu verstehen ist, in der zwar von einer "Entscheidung der Einzugsstelle über die Beitragspflicht der Klägerin" die Rede ist, ein solcher Verwaltungsakt aber weder nach seinem Inhalt noch nach dem Zeitpunkt seines Erlasses, geschweige denn, den Umständen, die zu seinem Erlaß geführt haben, näher konkretisiert worden ist.

Schließlich läßt sich der geltend gemachte Anspruch auf Alg nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Dieses Rechtsinstitut ist von der Rechtsprechung zwar gerade für den Fall entwickelt worden, daß die Sozialverwaltung eine ihr aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft, Beratung und Betreuung des Bürgers verletzt hat, wie das die Klägerin der Einzugsstelle und auch der Beklagten zum Vorwurf macht, obwohl letztere mit der Frage, ob die Klägerin als Geschäftsführerin beitragspflichtig beschäftigt war, erst aufgrund des Alg-Antrages, also nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit, befaßt worden ist. Indessen zielt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nur auf die Herstellung des durch eine Amtshandlung des Sozialleistungsträgers herstellbaren sozialrechtlichen Zustandes, der eingetreten wäre, wenn die Sozialverwaltung die ihr obliegenden Pflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte, nicht aber auf den Ersatz solcher Schäden ab, die dem Bürger anderweit entstehen (vgl BSGE 44, 114, 122 = SozR 2200 § 886 Nr 1). Hat die Klägerin im Vertrauen auf einen Anspruch auf Alg davon abgesehen, anderweit (zB durch Ersparnisse) für den Fall der Arbeitslosigkeit nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit Vorsorge zu treffen, wie die Revision geltend macht, wäre der Klägerin allenfalls ein Schaden außerhalb der Arbeitslosenversicherung entstanden. Ein solcher Schaden könnte bei Vorliegen der Voraussetzungen im Rahmen eines Amtshaftungsanspruches (§ 839 BGB, Art 34 Grundgesetz) zu ersetzen sein. Indessen ist in diesem Verfahren über einen solchen Anspruch nicht zu entscheiden, weil es sich bei dem Amtshaftungsanspruch nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Rechtsbereichen handelt (§ 51 SGG), sondern um einen Anspruch, über den nach § 40 Abs 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung, der auch im Rahmen des § 51 SGG gilt (BSG SozR Nr 46 zu § 51 SGG), die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben. Ein Schaden in der Arbeitslosenversicherung infolge pflichtwidrigen Unterlassens des Hinweises, daß die Klägerin als Geschäftsführerin nicht der Beitragspflicht unterliegt, wäre der Klägerin nur dann entstanden, wenn in Betracht gekommen wäre, daß sie nach Unterrichtung über die fehlende Beitragspflicht eine beitragspflichtige Beschäftigung aufgenommen hätte. Für eine solche Möglichkeit fehlt es indessen an jeglichen Anhaltspunkten; denn hierzu hätte die Klägerin praktisch die nach dem Tode ihres Ehemannes übernommene Leitung der Familien-GmbH aufgeben müssen, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem keiner der beiden anderen Gesellschafter in der Lage war, die Geschäftsführung zu übernehmen. Es ist daher nicht richtig, wenn die Revision meint, die Klägerin erhalte letztendlich nur deswegen kein Alg, weil die Einzugsstelle sie auf die mangelnde Beitragspflicht ihrer Beschäftigung nicht hingewiesen habe. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Vorwürfe der Klägerin gegen die Einzugsstelle und die Beklagte wegen unterlassener Hinweise berechtigt sind und daß nach der Rechtsprechung des Senats im Wege des Herstellungsanspruchs die Erfüllung der gesetzlichen Anwartschaftsvoraussetzung nicht ersetzt werden kann (BSG SozR 4100 § 102 Nr 6).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60356

BB 1987, 406

BB 1987, 406-409 (OT1-3)

RegNr, 16624

Das Beitragsrecht Meuer AFG § 168, 29-10-86, 7 RAr 43/85 (T)

EWiR 1987, 315 (S1-2)

USK, 86145 (OT1)

Die Beiträge 1987, 17-25 (OT1-3)

HV-INFO 1987, 606-609 (ST1-2)

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